Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
B00DJ0I366 EBOK

B00DJ0I366 EBOK

Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
Vom Netzwerk:
verzauberten Verwirrtheit auf einen geschäftsmäßigen Tonfall? Plötzlich bricht alles über sie herein. Tränen schießen ihr in die Augen. Sie hat den Auftrag für ihr Label versemmelt. Sie kann sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, dass sie für diese Marke nicht mehr arbeiten wird. Blanca liegt im Krankenhaus. Sie ist nicht unsterblich. Ihr Vater hat eine Affäre. Und ihre Mutter hatte eine Schwester, die sie verschwieg, die die ganze Familie verschwieg, und das ist ein Verrat, den Sam nicht zu vergeben bereit ist.
    Ihr Handy klingelt.
    »Hallo?«, antwortet sie, froh, dass etwas Reales, etwas, das nicht lediglich Gedanke oder Gefühl ist, sie ablenkt.
    »Hier spricht Schwester Michaela, Klinikum Coburg. Ihre Großmutter hat mich gebeten, Sie anzurufen. Sie brauchen keine Angst zu haben, es geht ihr gut, sie möchte nur mit Ihnen sprechen. Jetzt gleich. Es ist ihr sehr wichtig.«
    Sams Herz, das bereits zum Sprint angesetzt hat, beruhigt sich.
    »Es geht ihr wirklich gut?«
    »Sie ist absolut stabil und kann bald nach Hause. Aber irgendetwas bereitet ihr Kopfzerbrechen. Es wäre wirklich gut, wenn Sie kämen.«
    Sam sieht auf die Uhr. Fast elf.
    »Ich komme.«
    Sie legt auf, und Roman fragt: »Was dagegen, wenn ich Sie fahre?«

22
    Blancas Augen glänzen, als Sam den Raum betritt.
    »Blanca!« Sam kauert sich neben das Bett und streichelt ihre Hand.
    »Kleines!« Blanca lächelt. »Schön, dass du kommen konntest.«
    »Kein Problem.« Sams Gefühlslage ist ein taumeliges rutschiges Deck, auf dem sie keinen Halt findet. Sie ist froh, nicht mehr als ein Glas Wein getrunken zu haben. Roman hat sie hergefahren und angeboten, auf sie zu warten, und sie hat nicht abgelehnt. »Wie geht es dir?«
    »Sie wollen mich bald entlassen. Alles ist ausgestanden. Zunächst.« Blancas Atem geht schwer, irgendwie belegt. »Ich kann sprechen, ich kann meinen Arm bewegen, nicht so gut wie sonst, aber immerhin. Ich kann gehen. Die Physiotherapeutin hat mich heute Nachmittag aus dem Bett geschmissen und gezwungen, ein paar Schritte zu laufen. Es ist mühsam, aber es funktioniert.«
    »Gut«, flüstert Sam, schluckt die Tränen hinunter. Der Augenblick wird kommen, wo sich die Familie Gedanken machen muss, was mit Blanca in ihrem Haus geschieht. Wenn sie allein nicht mehr kann. Wenn sie Pflege braucht.
    Die Familie!
    Ihre beschissene, verlogene Familie!
    Sam beißt sich auf die Lippen. An Blanca will sie ihren Ärger nicht auslassen, keinesfalls, an jedem anderen, aber nicht an ihr.
    »Hat Nikolaj dich besucht?«
    »Lass ihn in Ruhe. Er ist frisch verliebt.«
    »Also nicht!« Heiße Enttäuschung flammt auf. Sie hat ihn darum gebeten.
    »Lass ihn, Sam! Man muss nicht immer Unmögliches verlangen.«
    Doch, denkt Sam. Man muss, damit wenigstens ein klein bisschen Gutes geschieht. Victoria und Robert verlangen stets das Unmögliche, das Besondere, das Außerordentliche. Robert musste um jeden Preis seine Firma retten. Victoria lässt einzig und allein ihre besten Werke gelten. Alle anderen zerstört sie. Die Ausstellung, denkt Sam, o Gott, die Ausstellung!
    »Ich weiß, du bist daran gewöhnt worden, immer für die Familie einzustehen«, sagt Blanca. »Du hast es bereitwillig getan. Igor dagegen tut es überhaupt nicht. Und Nikolaj, unser Jungspund, nimmt irgendwie eine Zwischenposition ein.«
    Sam zieht sich einen Stuhl heran. Sie muss sich setzen. Damit ihr Vater die Firma aus den roten Zahlen hievte, war sie mit Ralf zusammen. Plötzlich sortieren sich Ursache und Wirkung in ihrem Kopf wie von selbst. Sie war in Ralf verliebt, wagte jedoch nicht, die Beziehung zu beenden, weil. Weil. Weil. Weil die Familie sie mit Ralf brauchte, dem Bankersohn, und weil familiäre Verbindungen bei den May-Försters gelten wie Naturgesetze.
    »Wie geht es dir, Sam?«
    »Ich weiß nicht.« Sie hat den Auftrag versaut, Robert hat eine Affäre, unerklärliche Dinge sind in der Vergangenheit geschehen. Unten an der Straße wartet ein Mann im Auto auf sie. Immerhin etwas.
    »Vielleicht möchtest du eine Geschichte hören«, fährt Blanca fort.
    »Ja.« So wie früher vor dem Einschlafen, wenn Blanca an Sams Bett saß und Geschichten gelesen hat. Puh, der Bär. Teddy und Pummel. Pippi Langstrumpf.
    »Dein Großvater und ich hatten zwei Töchter. Grace und Victoria. Grace war die Ältere.« Tränen steigen in Blancas Augen. Sie rinnen über ihre Schläfen in ihr weißes Haar, das borstig und ungewaschen um ihren Kopf steht. »Isaac liebte Grace

Weitere Kostenlose Bücher