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B00DJ0I366 EBOK

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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Straßenseite. Er gibt Lichthupe und fährt auf Sam zu.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragt Roman, während Sam sich auf den Beifahrersitz fallen lässt.
    »Sie ist okay. Kann bald nach Hause.«
    »Das klingt doch sehr gut.« Romans Eifer ist kaum zu bremsen.
    Sam sieht ihn von der Seite an. Er blickt konzentriert auf die Straße, die langen, geschmeidigen Finger locker am Steuer. Diese Hände haben ihre Wangen umschlossen. Sam fühlt noch ihre Wärme.
    Sie lehnt sich zurück. Sie muss sich um die Ausstellung kümmern, muss Nikolaj in den Hintern treten wegen der Videoinstallation. Beinahe eine Woche ist vergangen, in der sie nichts Produktives gemacht hat. Außerdem muss sie zur Bank und sehen, wie viel Geld sie auf dem Konto hat und wie lange sie ohne einen Auftrag durchhält.
    »Mein Vater hat eine Affäre«, sagt sie in die Stille hinein. Nur die Autoreifen erzeugen ein feines SWISCH auf dem nassen Asphalt.
    Roman wirft ihr einen kurzen Blick zu. Sie fahren durch die Alexandrinenstraße. Die alten Villen, jede anders, jede besonders, liegen rechts am Hang. Dunkel, geheimnisvoll. Weiter oben am Glockenberg haben Sams Eltern ihr Haus.
    »Ich habe keine Ahnung, wer die Frau ist und wie lange das schon geht.«
    Roman biegt links ab. Zwei Betrunkene helfen sich gegenseitig über die Straße. Roman bremst scharf. Mit einem kurzen Ruck zieht Sams Gurt an.
    »Überall Verrückte.« Roman legt den ersten Gang ein.
    Die beiden Männer haben die Ehrenburg erreicht und halten sich an den ehrwürdigen Mauern fest.
    Sam verabschiedet sich. Der Blick aus Romans Augen, als sie in der Pfarrgasse aussteigt, hält sie fest, will sie nicht loslassen.
    »Ich melde mich«, sagt Roman.
    Sie nickt, winkt, schlägt die Tür zu. Es klingt zu laut, zu aufdringlich in dem ausgestorbenen Winkel zwischen Morizkirche und Wohnhäusern.
    Ich habe nicht mal seine Handynummer, denkt sie, als sie ihre Wohnung betritt.
    Der Duft des Flieders, den sie in der Biotonne versenkt hat, hängt immer noch im Raum.

    *

    Am nächsten Morgen steht Sam früh auf. Sie hat von Roman geträumt, von seinen Händen. Hat seine Finger gesehen, die sich um einen Becher Tee legten, doch der Becher verschwand und mit ihm die Hände, und es blieb nur das Grün seiner Augen mit dem immer irgendwie ratlosen Blick.
    Der ratlose Roman, denkt Sam lächelnd. Sie duscht, zieht sich an, stopft die Schmutzwäsche von 14 Tagen in die Maschine und drückt ein paar Knöpfe.
    Sie muss an einen neuen Auftrag rankommen, aber nicht jetzt. Jetzt geht es um die Ausstellung. Sie ruft Nikolaj an. Verschlafen nimmt er ab.
    »Morgen, Brüderchen!«
    »He, Sam, Morgen!«
    »Habe ich dich geweckt?«
    »Ich habe heute erst um zehn Patienten.«
    »Wie weit bist du mit der Videoinstallation?«
    »Gute Frage.«
    Er hat den Hintern nicht hochgekriegt, denkt Sam.
    »Wie lange soll das so laufen? Ich habe die Ausstellung am Hals, allein, wie mir scheint, und außerdem liegt Blanca im Krankenhaus, und du hast sie kein einziges Mal besucht!«
    »Ich …«
    »Hör bloß auf, dich zu verteidigen.« Sie schweigen eine Weile. Jeder hört die Atemzüge des anderen. »Wir haben einen Termin mit der Managerin, denk dran. Bis dahin müssen wir genau wissen, welche Bilder wo hängen, welche Räume wir wie nutzen wollen und so weiter. Ich bin gern bereit, die Bildunterschriften zu formulieren, aber es sind tausend andere Sachen zu tun.«
    »Ich weiß, ich …«
    »Und überhaupt, es gibt Neuigkeiten, du wirst abschnallen, wenn du das hörst.« Sams Atem geht jetzt heftig. Sie keucht beinahe, es bereitet ihr ein wildes Vergnügen, Nikolaj in die Enge zu treiben.
    »Was … wovon redest du?«
    »Wir hatten eine Tante, Nikolaj.«
    »Wie bitte?«
    »Mutter hatte eine Schwester.«
    Stille in der Leitung.
    »Du machst Witze«, sagt Nikolaj endlich.
    »Ich will mit dir reden! Ich will überhaupt mit irgendjemandem reden, verdammt!« Ich knalle durch, denkt sie. Ich schnappe über, und Nikolaj darf es ausbaden.
    »Ich komme vorbei.«
    Klick.
    Aufgelegt.

    *

    Als sie eine Stunde später die wichtigsten Eckdaten erzählt hat, die Grace betreffen, fühlt sie sich besser. Das Gefühl hilfloser Wut hat sich gelegt. Sie sitzen in ihrer mikroskopischen Küche, jeder einen Becher mit Tee in der Faust. Auf dem Tisch sind die Vergrößerungen aus Jerrys Fotolabor ausgebreitet.
    »Hammerhart«, kommentiert Nikolaj schließlich.
    »Kann man so sehen.«
    »Ich habe nie auch nur eine Silbe über eine Tante gehört.«
    »Ich auch

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