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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Moment geht das Licht wieder an. Für Sekunden schließt Sam geblendet die Augen.
    »Ich habe Grace und ihre Schwester in Griechenland kennengelernt. 1982. Wir reisten eine Weile gemeinsam. Ich war aus Italien mit der Fähre rübergekommen, hatte also einen Wagen zur Verfügung. Ich bin kunstbesessen, und für mich war es unglaublich interessant, mit zwei echten Malerinnen unterwegs zu sein. Ich schoss Hunderte Fotos. Diese hier sind nicht alle. Nur die einschlägigen.«
    Blanca setzt frisches Teewasser auf, während John das Foto, das Sam so gut kennt, das alles ins Rollen gebracht hat, auf den Tisch legt. Sam würde gerne wissen, wie viele Abzüge es davon gibt. Sie scheinen unendlich.
    »Hier sehen Sie mich. Es ist das einzige Foto der Reise, auf dem ich selbst abgebildet bin, weil normalerweise ich den Fotografen spielte.« Er lacht. »Die Ähnlichkeit ist bezaubernd, Sam!« Er tippt auf Grace.
    Sam nickt nur. Sie gleitet ins Bodenlose.
    »Wie gesagt, ich war in Grace verliebt«, fährt John fort. »In gewisser Weise bin ich es immer noch. Wäre dieses tragische Unglück nicht geschehen, hätten wir uns zum Abschluss der Reise in Athen getroffen. Das vereinbarten wir, bevor wir uns nach etlichen gemeinsamen Tagen auf dem Peloponnes trennten. Ich fuhr nach Delphi weiter. Zum verabredeten Zeitpunkt saß ich in Athen in einer Taverne auf der Plaka und wartete. Ich wusste ja nicht, dass Grace nie mehr kommen würde, ahnte nichts von dem Unfall. Später habe ich mir ausgerechnet, dass an jenem Tag, an dem ich stundenlang Mokka trank und schließlich enttäuscht die Restaurantrechnung bezahlte, Victoria seit mindestens 48 Stunden zu Hause war. Ohne Grace.«
    Sam lauscht auf das vertraute Brodeln des Teewassers, wie um sich an etwas festzuklammern, das sie kennt und das Sicherheit und Normalität bedeutet.
    »Warum sind Sie hierher gekommen?«, flüstert sie.
    »Ich las Romans Geschichte. Dass Sie von Ihrer … Ihrer Tante nichts wussten. Dass … nun, dass Sie etwas darüber wissen wollen, wie diese Tante zu Tode kam.« Er spricht ausschließlich zu Sam.
    Es ist verdammt noch mal falsch, dass Blanca hier ist, denkt sie. Verdammt noch mal falsch. Aber dann sagt sie sich, dass Blanca Johns Anwesenheit und seine Version der Geschichte genauso aushalten muss, wie Sam die Lügen ertragen musste. Obwohl es keine wirklichen Lügen waren, sondern bloß kaltes Verschweigen.
    Blanca gießt den Tee auf und stellt die Kanne auf den Tisch.
    »Sam wusste nichts davon. Wir wollten sie schützen.«
    »Ma’am, es steht mir nicht zu, über Ihr Tun zu urteilen. Doch aus dem Blogeintrag, den ich las, ging hervor, dass sie sich danach sehnt, herauszufinden, was wirklich passiert ist.«
    »Nun, das weiß sie mittlerweile. Grace ist eine Klippe hinabgestürzt. Ihre Leiche wurde nie gefunden.« Blanca räuspert sich. »Die Polizei nahm an, dass sie bei dem Sturz in über 30 Meter Tiefe ums Leben kam und anschließend aufs Meer hinausgespült wurde.«
    »Ja, das Meer«, nickt John. »Manchmal gibt es zurück, was es sich nahm, manchmal nicht. Wirklich, Sie haben mein Mitgefühl, Sie beide.«
    Der Mann wird Sam allmählich unheimlich. Wenn er nichts weiter beizutragen hat, was will er hier?
    »Ich möchte die Geschichte erzählen, die nach dem tragischen Unfall geschehen ist«, fährt der Amerikaner fort.
    »Die kennen wir.« Blanca sieht ihn an, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Nein«, erwidert John Carrick. »Ich denke, die kennen Sie nicht.«

34
    Victoria ist benommen. Sie hat Kopfschmerzen, aber die bedeuten nur, dass sie lebt. Ihr Wagen liegt in einem Acker auf der Seite. Sie muss sich mehrfach überschlagen haben. Wie in der Trommel einer Waschmaschine wurde sie umhergewirbelt, hilflos durchgeschüttelt.
    Eine Weile bleibt Victoria auf der Seite liegen. Sie hängt im Sicherheitsgurt fest, ihr Kopf ist gegen etwas Hartes geprallt, und nichts in ihrem Auto sieht so aus, wie sie es kannte.
    Es dauert eine gute Weile, bis sie den Gurt zu lösen imstande ist. Sofort rutscht ihr Körper in einen Scherbenhaufen. Die zerborstene Scheibe liegt unter ihr im Matsch. Sie blickt nach rechts. Sie muss durch das andere Fenster krabbeln. Auch das ist zerbrochen. Sie bewegt sich vorsichtig, und tausend kleine Glasscherben klirren.
    Himmel, denkt Victoria. Sie wird fast euphorisch. Sie hatte einen Autounfall und sie hat überlebt. Entschlossen greift sie nach dem Seitenholm über sich und zieht sich hoch. Das Dach ist eingedrückt. Zuerst mal aus dem

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