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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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denn, dieser Michele Farin hat ihn so mit Beschlag belegt, dass er gar nicht merkt, wie lange Sam mittlerweile weg ist.
    Sie setzt sich auf die sonnenwarmen Treppenstufen, während die Touristen, Nippes- und Taschenverkäufer versuchen, ihr auszuweichen. Mit zitternden Fingern nimmt sie ihr Handy aus der Tasche. Ein verpasster Anruf wird angezeigt. Automatisch wählt sie die Nummer der Mailbox.
    Victorias Stimme kommt blechern aus dem Gerät:
    Sam, es ist etwas Schreckliches passiert. Bitte melde dich! John Carrick ist tot.

50
    Noch auf der Fahrt zum Airport telefoniert Sam mit Blanca. Ihre Großmutter verspricht, sofort zu Victoria zu fahren. »Ich bin schon unterwegs. Bleib ganz ruhig.«
    »Nimm dir ein Taxi, okay?«
    »Sure, my dear.«
    Sam wählt Nikolajs Nummer. Als er sich endlich meldet, klingt er reserviert und müde. Sam ahnt, dass er nicht bereit ist, sich an diesem Abend noch aus dem Haus zu bequemen. Er ist jetzt, im nicht mehr ganz taufrischen Erwachsenenalter, anscheinend gerade dabei, seine verpasste Pubertät mit Eigenbrötlertum und Abnabelungskämpfen nachzuholen.
    Sam weiß nicht, wie sie Victoria unter die Augen treten soll nach allem, was sie in ihrem Kopf zu Schichten einer verqueren, teuflischen Geschichte aufgetürmt hat. Den Flug durchlebt sie wie in Trance. Kaum sind sie in München gelandet, prügelt Roman seinen alten Wagen rücksichtslos durch die Nacht, übertritt dabei so gut wie alle Geschwindigkeitsbeschränkungen. Sam redet kaum ein Wort mit ihm. Plötzlich ist er neben ihr wie ein Fremder, nicht wie der Mann, mit dem sie Arm in Arm in einem Vaporetto den Canal Grande entlanggefahren ist, in einem schicken, selbst entworfenen Kleid und mit grünen Peep Toes an den Füßen.
    Es ist Mitternacht, als sie in Coburg ankommen. Leichter Nieselregen drückt die Stimmung, doch es ist noch angenehm warm. Sam bittet Roman, sofort zum Glockenberg zu fahren. Sie halten vor dem Haus ihrer Eltern.
    »Soll ich mit reinkommen?«, fragt Roman zaghaft.
    »Roman, ich muss mich tausendmal bei dir bedanken. Für die Reise, für deinen Einsatz. Aber ich …«
    Er hebt die Hand. Sein Gesicht ist ernst. »Du hast Angst, dass deine Familie mich ablehnt.«
    »Es wäre besser, wenn zuallererst Blanca dich kennenlernen würde. Dann wäre alles leichter.«
    Roman lächelt schief. Sie ahnt, was er sagen will. Dass sie sich benimmt wie ein Teenager, der zum ersten Mal einen pickeligen Jungen mit nach Hause bringt. Doch er schweigt, während seine Finger auf das Lenkrad trommeln.
    »Es tut mir leid«, flüstert Sam.
    Er lacht auf. »Schande über Schande, Sam, du bist nicht für alles verantwortlich. Ich warte hier. Wenn du mich brauchst, ruf mich.«
    »Es ist spät. Du solltest …«
    »Ich weiß, was ich tue.«
    Sam steigt aus. Ihr Vater steht in der Tür. Er scheint um Jahre gealtert.
    »Endlich! Blanca sagte, du hättest die Abendmaschine genommen.«
    »Wir. Ich und Roman.«
    »Ja.« Verwirrt blickt Robert seine Tochter an. »Klar. Sie ist völlig durch den Wind. Deine Mutter, meine ich.«
    »Kein Wunder. Mittlerweile nimmt das ja überhand.«
    »Was meinst du?« Robert schließt die Tür hinter Sam.
    »Dass in Mutters Beisein Menschen umkommen. Findest du nicht?«
    Roberts Gesicht wird totenblass. Sam hat Mitleid mit ihm. Sieht sein zerrauftes Haar. »Du kannst doch nicht … Unterstellst du etwa …«
    »Ich unterstelle nichts, Dad.« Sam wirft einen prüfenden Blick in den Spiegel. Sie hätte sich umziehen sollen. Das auffällige Kleid kommt ihr jetzt völlig daneben vor. »Aber es sticht ins Auge, oder?«
    »Sam!« Victoria stürzt in die Diele. »Endlich bist du da!«
    Sie umarmt Sam. Sam zuckt zurück. Umarmungen ihrer Mutter sind eine Äußerlichkeit, ein schlichtes Ritual. Jetzt umklammert Victoria Sams Hals, als hätte sie Angst, Sam würde in der nächsten Minute wieder in ein Flugzeug steigen und davonfliegen.
    »Was ist passiert, Mutter?«, flüstert Sam. Ihre Stimme droht zu versagen. Urplötzlich schießt die Erschöpfung in ihre Glieder.
    »Kommt erst mal rein!«, sagt Blanca. Sie steht in der Wohnzimmertür. Victoria lässt Sam los.
    »Blanca!« Sam lehnt sich an ihre Großmutter.
    »Ich habe eine Kartoffelsuppe gekocht. Magst du?«, fragt Blanca, wobei sie Sam behutsam von sich wegschiebt.
    Kurz darauf sitzen sie zu viert um den Wohnzimmertisch. Sam löffelt mechanisch ihre Suppe, während ihr alle anderen Familienmitglieder zusehen. Niemand macht eine Bemerkung über ihr Kleid.
    »Was ist

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