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Krallen an der Fensterscheibe kratzten.
Irgendetwas stimmte nicht. Fluchtartig sprang ich aus meinem Bett und stand inmitten von Rauchschwaden, die sich zielstrebig durch die Türritzen schlängelten und im fahlen Lichtschein des Mondes mein Zimmer in eine Waschküche verwandelten.
„FEUER!“, flüsterte ich panisch und rannte barfuss in das Nebenzimmer zu Kunigunde, um sie aufzuwecken. Ich stürzte zur Tür hinein und schrie entsetzt auf.
Das Fenster von Kunigundes Schlafzimmer war weit aufge rissen, und der Sturm hat die brennenden Kerzen umgestoßen und ein höllisches Feuer entfacht. Die bodenlangen Gardinen brannten bereits lichterloh, und die Flammen hatten auch schon Kunigundes Bett erfasst. Alles brannte. Aber Kunigunde lag aufgebahrt zwischen ihren schwarzen Laken und rührte sich nicht vom Fleck.
„ Kunigunde wach auf … es breeeent!“, brüllte ich und zögerte, ob ich sie aus ihrem Bett ziehen sollte. Aber woher sollte ich die Kraft nehmen. Ich bekam kaum Luft und konnte mich nur müheselig auf meinen Beinen halten. Die Hitze des Feuers, drückte mich förmlich an die Wand, und meine Augen brannten durch den beißenden Rauch. Ich schrie nur. Aus Hilflosigkeit, aus Verzweiflung, weil ich nichts tun konnte und mit ansehen musste, wie Kunigundes langes Haar wie Stroh verbrannte. Ich schrie und jammerte, weil ich mich schuldig fühlte. Ich ganz allein hatte dieses Unheil zu verantworten, denn ich hatte aus Bequemlichkeit den Hebel des Fensters nicht richtig verschlossen. Meine Schreie erstickten letztlich, als die schwarzen Schleier, die an Kunigundes Himmelbett hingen, brennend auf sie herabfielen und sie endgültig unter einem Flammenmeer begruben.
„ Meine Schatulle!“, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Vorsichtig tastete ich mich an der Spiegelwand entlang zu der Kommode, die noch von den Flammen verschont gegenüber von Kunigundes Bett stand. Ich schaffte es, sie an mich zu reißen. Aber als ich wieder zur Tür stürmen wollte, übersah ich den Tigerkopf, stolperte und stürzte zu Boden.
„ Kein Mensch kann mir jetzt mehr helfen“, dachte ich. Jetzt wirst du wie Kunigunde verbrennen. Doch ein entsetzlicher Hustenreiz hinderte mich daran, einfach liegen zu bleiben. Er zwang mich nach Luft zu ringen und mich aufzubäumen. Jedoch brach ich wieder zusammen, weil mein linkes Bein erbärmlich schmerzte. Wimmernd streckte ich meinen Arm nach der Schatulle aus, die durch meinen Sturz einen halben Meter weiter von mir weg lag. Ich hangelte nach ihr wie eine Ertrinkende nach dem rettenden Ast. Ohne mir bewusst zu sein, dass diese sture Anwandlung mein Untergang sein könnte. Ohne zu begreifen, dass jede Sekunde zählt. Mich jedem Moment die Flammen umzingeln und mir den Fluchtweg versperren könnten.
Als ich es endlich geschafft hatte , und ich keuchend die Schatulle an mich presste, wurde es mir schwindelig. Ich fühlte mich benommen und verlor den Orientierungssinn. Der rettende Ausgang schien sich auf einmal zu verdoppeln. Sich wellenförmig zu bewegen, zu verschwimmen und sich einfach im Rauch aufzulösen. Panik, war das einzig Spürbare, was mich wachhielt und mir die letzten Kraftreserven aus mir herauspeitschte. Mir befahl, mich mit beiden Armen an der neben mir stehenden Anrichte hochzuziehen. Ich tat es, aber nur mit einem Arm, mit dem anderen umklammerte ich die Schatulle.
Mir musste ein ganzes Bataillon von Schutzengeln beigestanden haben, denn ich landete fast unbeschadet im Hausflur . Humpelte ins Nebenzimmer, riss das Fenster auf und schrie so laut ich noch konnte in die totenstille Nacht hinein:
„ Hilfe – Feuer – Hilfe!“
Obwohl ich genau wusste, dass mich hier draußen niemand hören konnte. Meine Hilferufe verfingen sich wie der Schrei eines Käuzchens irgendwo in den riesigen Baumkronen und warf en ein klägliches Echo zurück. Mir blieb nicht anderes übrig. Denn Kunigunde besaß kein Telefon. Die Katzen krallten sich am Fensterbrett fest und starrten hinab in den drei Meter tiefen Abgrund. Jedoch konnten sie sich überwinden zu springen. Ich dagegen, nahm meine Taschenlampe und rannte wieder aus dem Zimmer hinaus. Die Treppe hinunter zur Ausgangstür. Aber die war verschlossen und verriegelt. Ich konnte die Tür entriegeln, aber nicht aufschließen, weil mir der Schlüssel fehlte. Ich schrie, trommelte dagegen, bis ich vor Schreck verstummte. Ein klirrender Knall erschütterte das Haus. Gefolgt von einer Explosion. Die Türflügel von Kunigundes Zimmer brachen
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