B155 - Die Mafia schickte ihre Henker
wohnte, war nicht verschlossen. Snoopy lag auf einem uralten Armeefeldbett. In dem Raum stank es wie in einem Kaninchenstall, obwohl das Fenster offenstand.
De Sica blieb angewidert in der Tür stehen und schaute auf Snoopy, dessen Gesicht sich im wechselnden Spiel der Leuchtreklame drüben auf dem Dach abwechselnd rot und grün verfärbte.
Snoopy schaute nicht auf, als de Sica eintrat. Er lag auf dem Rücken, hatte die Hände um seinen Leib geschlungen wie ein Nackter, der sich vor eisiger Kälte schützen will, und zitterte, als säße er im Eisschrank.
»Hallo, Snoopy!« sagte de Sica.
»Geh zum Teufel!« antwortete Snoopy mit einer weinerlichen und dennoch gehässigen Stimme. Er haßte diesen Mann, dem er die Schuld an seinem geistigen, moralischen und körperlichen Verfall gab, und er brauchte ihn. Und diese Abhängigkeit steigerte seinen Haß noch mehr.
De Sica drehte sich schweigend um. Er war noch keine drei Schritte weit gekommen, als Snoopy ihn zurückrief.
»Hast du mir etwas mitgebracht?« fragte er. Seine Stimme war jetzt nur noch weinerlich, ohne jede Spur von Haß. Dafür schwang jetzt eine Spur von Hoffnung darin. Einer Hoffnung, die sich mit Angst und beginnender Hysterie und Panik mischte. Der Angst davor, daß de Sica kein Rauschgift bei sich hatte oder es ihm aus irgendeinem Grund nicht geben wollte.
In seinem zerstörten und zerfressenen Gehirn war noch genug Verstand, um ihm zu sagen, daß de Sica ein Schuft war, der nichts ohne Gegenleistung tat. Und was hatte er diesem mächtigen Gangsterboß schon zu bieten?
Früher hatte er einmal für de Sica gearbeitet, aber das war lange her. Damals war Snoopy noch nicht süchtig gewesen. Damals hatte er noch die Absicht gehabt, es im Leben zu etwas zu bringen. Und für einen Burschen, der wie er aus den Slums von New York stammte, der als einziger Weißer unter lauter Negern in Harlem aufgewachsen war, gab es nicht viele Chancen, nach oben zu kommen. Snoopy hatte nur eine Chance gesehen, und diese Chance hatte ihm de Sica gegeben.
Snoopy hatte diese Chance genützt. Als ihm Jahre später Mike Fabini eine noch bessere Chance geboten hatte, hatte Snoopy auch diese Chance genützt, obwohl er wußte, daß er sich dadurch de Sicas Haß zuziehen würde.
Damals hatte er noch nicht Snoopy geheißen. Den Namen hatte er erst bekommen, als er angefangen hatte, Kokain zu schnupfen. Weshalb er damit angefangen hatte, wußte er nicht mehr. Er erinnerte sich nur noch dunkel, daß de Sica irgend etwas damit zu tun hatte. Er wußte, daß er nicht mehr davon loskommen würde, und er wußte, daß er das Zeug, das er so notwendig brauchte wie die Luft zum Atmen, nur von de Sica bekommen konnte.
Die anderen Händler gaben ihm längst nichts mehr. Er hatte nichts, womit er sie hätte bezahlen können. Bei de Sica war die Sache anders. Es war de Sicas Rache, den Mann langsam zu vernichten, der ihn damals verraten hatte. Es war seine Rache, zu sehen, wie der Mann, der sich damals von ihm losgesagt hatte, nun immer mehr in seine Gewalt und seine Abhängigkeit geriet.
Snoopy wehrte sich längst nicht mehr dagegen. Er war dem Rauschgift verfallen, und um dieses Rauschgift zu bekommen, hatte er seine Seele dem Teufel verschrieben. Dem Teufel, der sich Frank de Sica nannte.
Snoopy hatte sogar Angst vor dem Tag, an dem de Sica an dieser teuflischen Rache keinen Spaß mehr empfinden, an dem er Snoopy kein Rauschgift mehr geben würde.
Vielleicht war dieser Tag nun gekommen. Vielleicht wollte de Sica ihm sagen, daß er ihm nichts mehr geben würde, und sich neben sein Bett stellen, um zuzusehen, wie er langsam wahnsinnig wurde, bevor er starb.
»Du hast mir doch etwas mitgebracht, nicht wahr?« fragte er. De Sica sah das irre Leuchten in Snoopys verwüstetem Gesicht. Dann brüllte Snoopy plötzlich los: »Sag, daß du mir etwas mitgebracht hast! Ich brauche es. Verstehst du? Ich brauche es! Ich werde verrückt, wenn ich es nicht bekomme!«
»Natürlich habe ich dir etwas mitgebracht«, sagte de Sica fast sanft, als spreche er zu einem Kind. »Was willst du denn diesmal? Koks, Heroin, LSD?«
»Irgendwas!« keuchte Snoopy. Er streckte seinen mageren Arm aus.
De Sica wich einen Schritt zurück, bevor Snoopys knochige Finger sich um seinen Arm krallen konnten.
»Du kannst alles haben«, sagte er. »Aber du mußt es dir verdienen.«
»Ich tue, was du willst, de Sica. Das weißt du doch. Ich habe doch noch immer getan, was du wolltest. Ich habe für dich’ gestohlen und
Weitere Kostenlose Bücher