Babel 1 - Hexenwut
nicht, du bist selbst ein Raubtier, Hexe!
Babel legte die Fingerspitzen der rechten Hand auf das Türblatt. Die Magie durchdrang das Holz, aber wieder blieb ihr Netz unberührt. Es gab keine Schwingungen, die auf eine andere Hexe hindeuteten.
Vorsichtig drückte Babel die Tür nach innen und trat einen Schritt nach vom. Langsam schob sie sich in den Flur, in dem es stickig roch, weil seit Tagen niemand mehr die Wohnung lüftete. Im Dämmerlicht war kaum etwas zu erkennen, nur die Tür zum Wohnzimmer stand offen, aber das einfallende Sonnenlicht erreichte den Flur nicht.
Babel ging weiter, und plötzlich erfasste sie eine Energiewelle. Ein unangenehmes Beißen im Nacken.
Pass auf!
Sie fuhr herum, aber da wurde sie auch schon gepackt. Ein Arm legte sich um ihren Hals und schnürte ihr die Luft ab. Schmerzhaft drückte der Halsring gegen ihren Kehlkopf.
...ein Mann ...
... ohne Magie ...
Panisch zerrte sie an seinem Arm und trat nach seinem Schienbein. Mit der Faust schlug sie in die Richtung, in der sie den Kopf des Angreifers vermutete, aber statt seiner Nase traf sie die Wange. Der Griff um ihren Hals wurde noch fester. Sie wand sich, um sich zu befreien, und der Schreck pumpte ihr weiter Adrenalin ins Blut, fütterte ihren Zorn, der wie eine gigantische Welle über sie hinwegrollte.
Ihre Magie explodierte.
Der Mann schrie und lockerte den Griff um ihren Hals. Wie Nadeln musste die Magie dem Angreifer in die Haut fahren. Brennende Spitzen bohrten sich in seinen Kopf, bis er aus der Nase blutete. Babel stemmte sich gegen ihn, und gemeinsam prallten sie gegen die Wand, wobei Babel mit der Schulter anschlug. Sie konzentrierte sich auf den Schmerz, der ihre Nervenstränge entlangschoss, und übertrug ihn auf den Angreifer, als wären seine Energien verlängerte Bahnen ihres eigenen Netzes. Sein Stöhnen wurde lauter, und wenige Herzschläge später stieß er sie heftig von sich. Schmerzhaft schlug ihr Kopf gegen die Wand.
Für einige Sekunden blinzelte Babel benommen, der Schmerz nahm ihr den Atem. Als sie endlich wieder aufsah, konnte sie nur noch einen Schemen erkennen, der durch die Tür verschwand.
Vergiss den Kerl! Das war nur ein Einbrecher, der auf eine unbewachte Wohnung spekuliert hat.
Aber der Zorn über den Angriff trieb Babel vorwärts. Wie ein Tier, das seinen Instinkten folgt, rannte sie in den Hausflur, trotz schmerzenden Halses und brennender Lungen. Ein Stockwerk tiefer waren polternde Schritte auf der Treppe zu hören, und Babel sprang die Stufen hinunter. Trotz ihres angeschlagenen Körpers rannte sie weiter, doch noch bevor sie im Erdgeschoss ankam, hörte sie bereits eine Tür klappen.
Unten riss sie die Eingangstür auf, aber auf der Straße war niemand zu sehen. Irritiert warf sie einen Blick über die Schulter und erkannte ihren Fehler. Der Angreifer war durch die Hintertür verschwunden. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass auch der Hinterausgang auf eine Straße führte. Als sie endlich im Freien stand, konnte sie nur noch zusehen, wie ein Mann die Straße entlangrannte und in ein wartendes Auto sprang, dessen Fahrer sofort Gas gab.
Ein paar Meter rannte sie dem grauen VW hinterher, aber er entfernte sich zu schnell. Fassungslos musste sie zusehen, wie das Auto um die Ecke fuhr, außer Reichweite ihrer Magie.
»Scheiße!«, fluchte sie. Mit rasselndem Atem blieb sie stehen und stützte sich auf die Knie. Ihre Rippen schmerzten, ebenso wie Kopf und Hals, und es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder aufrichten konnte. Auf wackligen Beinen ging sie zurück zum Haus und betrat es in dem Augenblick, als Tom zum Vordereingang hereingestürmt kam. In der Hand hielt er einen unterarmlangen Schraubenschlüssel, der aussah, als könne man damit Schädel spalten. Überrascht blieb sie stehen.
Das war der Mann, wie ihn seine Gegner sehen mussten. Alles Sanfte war aus seiner Haltung verschwunden, und auf einmal bekamen auch die Tätowierungen und die ganzen Ringe in seinen Ohren eine andere Bedeutung. Sie sprachen eine Warnung aus. Er war ein Mann, der seinen Körper kannte, der ihn einsetzte -auch als Waffe. Und in diesen Muskeln steckte einiges an Kraft.
»Was ist passiert?« Sein Blick huschte über sie, gefolgt von seiner Hand. Er suchte nach Verletzungen.
»Ich bin okay.«
»Was zum Henker ist passiert?«
»Wo ist Mo?«
»Ich habe ihn nach Hause geschickt.« Besorgt sah er auf ihren Hals. »Babel?«
»Mo hatte recht. Es war jemand in der Wohnung. Er hat mich von hinten
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