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Babel 1 - Hexenwut

Babel 1 - Hexenwut

Titel: Babel 1 - Hexenwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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durchschauen. Anatol hatte also Nachwuchs. Dass bei seinem Ödipus-Komplex keine Beziehung langfristig hielt, war doch kein Wunder.
    Sie beugte sich nach vom und stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. »Hör zu, ich habe keine Zeit für so was. Hast du nun in letzter Zeit jemanden von außerhalb wahrgenommen oder nicht? Außer dem da natürlich.« Mit dem Daumen wies sie über die Schulter auf Nikolai.
    Verärgert bückte Clarissa sie an. »Ich kann dir nichts sagen, Babel. Wahrscheinlich ist es eine interne Sache der Plags.«
    »Das ist es nicht, und das weißt du auch. Dir muss doch klar sein, dass diese Sache brenzlig für uns alle werden kann, wenn da draußen eine Hexe hemmläuft, die über solche Kraft verfugt.«
    »Was interessiert es mich, wenn sie Plags umbringt?«
    »Es sollte dich interessieren, wenn sie Totenenergie absaugen kann, denn genau das ist passiert. Direkt am Tatort. Dir fällt nicht zufällig das eine oder andere ein, was man mit solcher Energie machen könnte?«
    Clarissa wurde blass, aber ihre steife Haltung änderte sich nicht. Babel konnte förmlich sehen, wie sie sich wie eine Muschel verschloss.
    »Woher weißt du das?«
    »Woher schon? Ich war am Tatort. Glaubst du, ich wäre hier, wenn es nicht ernst wäre?«
    »Ich habe dir nichts zu sagen.«
    Fast hätte sich Babel die Haare gerauft. Warum mussten Hexen nur so stur sein? Clarissa brachte es nicht fertig, über den eigenen Schatten zu springen - lieber sah sie das ganze Boot untergehen. Vor Enttäuschung hätte Babel am liebsten etwas zerbrochen. Wütend stand sie auf.
    »Von mir aus, aber dann beschwer dich hinterher nicht, wenn später alles den Bach runtergeht.« Mit steifen Schritten durchquerte sie das Zimmer.
    Als sie die Zimmertür fast erreicht hatte, rief Clarissa noch einmal nach ihr. »Nichts, was in dieser Stadt vor sich geht, geht dich in irgendeiner Weise etwas an, Babel. Du solltest gehen, solange du noch kannst.« Sie erhob sich und trat vor den Schreibtisch. »Sieh dich doch mal an: Du stehst ganz allein. Deine Familie interessiert es nicht, wo du dich herumtreibst, und du vergeudest deine Zeit damit, die Gesellschaft von Albennachkommen und Dämonenkindern zu suchen. Glaubst du wirklich, du hättest eine Chance gegen eine Hexenfamilie, die hier seit vier Generationen lebt?«
    Die Welle schlug unverhofft über Babel zusammen, eine heiße Woge aus Wut und Mordlust, die erst nach einigen Augenblicken abebbte. Hätte sie in diesem Moment einen Ziegelstein in der Hand gehabt, hätte sie ihn wahrscheinlich nach Clarissa geworfen. Da Magie aber schwieriger zu handhaben war als ein Stein, unterdrückte sie den Impuls, Clarissas Blut im wahrsten Sinne des Wortes zum Kochen zu bringen. Außerdem erschien es ihr unpassend, noch vor dem Nachmittag einen Hexenkrieg zu entfesseln.
    Stattdessen leckte sie sich über die Lippen und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Eines Tages würde es Babel ein Vergnügen sein, diese Frau und ihre Bälger aus der Stadt zu jagen. Wenn man schon nicht alle auf einmal erledigen konnte, dann vielleicht einzeln.
    Als sie wieder vor dem Haus stand, holte sie tief Luft. Wer war nur auf den dummen Gedanken gekommen, Clarissa aufzusuchen? Missmutig fischte sie das Telefon aus der Tasche und beendete die Verbindung zu Tamy. Als sie noch einen letzten Blick zurückwarf, sah sie Nikolai in der Tür stehen, der ihr nachdenklich nachsah.
    14
    Tamy setzte sie zu Hause ab. Bevor sie davonfuhr, ließ sie die Scheibe noch einmal herunter und lehnte sich hinaus. Sie schob die Sonnenbrille nach oben und sah Babel eindringlich an. »Du bist da in einige sehr merkwürdige Sachen verwickelt«, sagte sie. »Warum habe ich nur das Gefühl, dass du dabei bist, eine Riesendummheit zu begehen?«
    »Weil du einen guten Riecher hast?«
    Tamy runzelte die Stirn. »Ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst. Ich verstehe vielleicht nicht alles, was hier vorgeht, aber nach dem, was ich heute erlebt habe, glaube ich, dass du jemanden brauchst, der dir den Rücken deckt. Okay?«
    Babel wusste nicht, was sie sagen sollte. Am Ende nickte sie nur und murmelte: »Okay.«
    Nachdem Tamy einen letzten Blick auf die Krähe geworfen hatte, schüttelte sie den Kopf und fuhr davon.
    Unschlüssig stand Babel im Garten, bis sich die Krähe von ihrer Schulter in die Luft erhob. Der Vogel suchte sich wieder einen Platz im Baum, und Babel konzentrierte sich darauf, die Verbindung zu lösen, die ohnehin schwächer wurde. Der plötzliche Verlust

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