Babel 17
Schlächter. »Kapitän Tarik, wir gehen jetzt zum Hauptquartier der Allianz. Wir werden mit Hilfe zurückkehren.«
»In Ordnung. Wir sitzen hier ein wenig eng, wissen Sie.«
»Wir starten jetzt, Brass, gehen Sie auf Ihren Posten. Wie lange wird es dauern, bis wir dort sind?«
Brass fuhr mit der Hand unter seine Löwenmähne und kratzte sich am Kopf. »Achtzehn, zwanzig Stunden, würde ich sagen.«
»Gut. Alles auf die Stationen.«
Minuten später begannen die Stasisgeneratoren zu arbeiten, und Rydra lehnte sich zurück. Etwas in ihr entspannte sich endlich. »Ich dachte nicht, daß wir es schaffen würden, als ich diesen Koloß von einem Schiff sah«, sagte sie zum Schlächter. »Und jetzt kommt die Reaktion. Ich bin nervös wie eine Katze, der man die Maus weggenommen hat, und mir ist gar nicht gut – so übel, daß es sich anfühlt wie bei einem Magengeschwür. Wissen Sie, wenn man an allem zweifelt, allen Empfindungen mißtraut, beginnt man zu denken, daß man nicht mehr man selbst sei. In meiner Mannschaft ist ein Spion. Ich sagte es Ihnen, nicht wahr? Vielleicht ist es Brass, und er steuert uns in die nächste Sonne?« Ein hysterischer Oberton kam in ihre Stimme. »Oder es ist einer der Toten. Wie kann ich gegen einen Geist kämpfen? Oder Diavolo, der mir – der uns Gift ins Essen mischt? Was soll ich tun?«
Ein Erinnerungsbild kam ihr plötzlich vor Augen: Einmal waren Fobo, Muels und sie als unbeteiligte Gäste in eine Wirtshausschlägerei geraten. Sie hatte einen Stoß vor die Brust bekommen und war zurückgetaumelt, schockiert und verwirrt, und in diesem Moment hatte jemand den Garderobenspiegel von der Wand gerissen und auf einen anderen geworfen. Sie war dazwischengetaumelt. Ihr eigenes entsetztes Gesicht war kreischend auf sie zu geflogen und an ihren abwehrend hochgerissenen Händen zersplittert. Als sie durch Übelkeit und Babel 17 in des Schlächters Gesicht starrte, geschah es alles noch einmal …
IV. Teil: DER SCHLÄCHTER
1.
»Wir haben die Schlange verlassen, Kapitän. Sind Sie zwei immer noch betrunken?«
Rydras Stimme: »Nein, Brass.«
»Na, um so besser. Dann ist also alles in Ordnung?«
Rydras Stimme: »Der Geist in Ordnung. Der Körper in Ordnung.«
»Ha? He, Schlächter, hatte sie wieder einen von ihren Anfällen?«
Des Schlächters Stimme: »Nein.«
»Sie reden beide verdammt komisch. Soll ich den Steward ’rauf schicken, damit er bei Ihnen nach dem Rechten sieht?«
Des Schlächters Stimme: »Nein.«
»Also, dann nicht. Von jetzt an haben wir freie Fahrt, und ich kann mich ein paar Stunden aufs Ohr legen. Was sagen Sie?«
Des Schlächters Stimme: »Was gibt es zu sagen?«
»Sie könnten es mit ›danke‹ versuchen. Wissen Sie, ich bin seit zwölf Stunden auf Station und fliege wie der Teufel, während andere Leute sich ein bequemes Leben machen.«
Rydras Stimme: »Danke.«
2.
- Schlächter, ich wußte es nicht! Ich konnte es nicht gewußt haben!
Und im Echo verschmolzen ihre Gedanken zu einem Schrei. Dieses Licht …
- Ich dachte mir, daß du eine andere Sprache gehabt haben mußt, und als du mir sagtest, daß du nach deiner Flucht zuerst nicht wußtest, was ›ich‹ bedeutet, überlegte ich lange, konnte mir aber keine Sprache vorstellen, die das Wort ›ich‹ nicht kennt. Aber es gab eine, die offensichtliche, Babel 17 …!
Sie war in einer verwirrenden, umgekehrten Sexualität in ihn eingedrungen, zu einer telepathischen Vereinigung, die ihn blendete und erschreckte.
- Schlächter, wie sieht mein Geist in deinem aus?
- Hell, hell leuchtend, beweglich. Deine Gedanken sind alle Feuer über Formen, die ich nicht einfangen kann, voller Bedeutungen, die ich nur erahnen kann. Ob es hilft? Ich weiß nicht.
- Es wird helfen, Schlächter. Zuerst waren keine Worte in deinem Gehirn. Selbst Babel 17 war wie die Denkgeräusche eines Computers, der sich mit einer rein synaptischen Analyse beschäftigt.
- Ja. Nun beginnst du zu verstehen.
- Wir müssen dich finden, Schlächter, in der Dunkelheit deiner Erinnerung. Wo warst du vor New New York?
Er wandte sich sanft und zärtlich zu ihr.
- Du hast Angst, Rydra? Wie vorher …
- Nein, nicht wie vorher. Du lehrst mich etwas, und es erschüttert mein ganzes Weltbild und mich selbst. Vorher fürchtete ich dich und den Gedanken an all das, was du getan hast, weil ich noch nicht verstanden hatte, daß du nicht anders konntest, nichts anderes wußtest …
- Sieh dich selbst an, Rydra.
In ihm
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