Babel 2 - Dämonenfieber
beängstigend.
Plötzlich erschien Tamy im Türrahmen. Sie lehnte sich dagegen, musterte sie beide abwechselnd, und Judith warf ihr dieses strahlende Lächeln zu, das Babel von ihr gewohnt war; und auch wenn es die Augen noch nicht ganz erreichte, so war es doch ein Versprechen, dass Judith wieder ganz die Alte werden würde. Sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Eine Weile würde sie ihre Wunden lecken und dann wieder auf Eroberungstour gehen.
»Und du kommst mit uns«, sagte sie und deutete auf Tamy, die skeptisch die Augenbraue hochzog.
»Wohin?«
»Auf Kneipentour. Mit mir und Babel.«
»Hältst du das für eine gute Idee? Wenn ich mir deine Schwester so ansehe, gehört die ins Bett.«
Judith machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach was.
Sie wird einfach ein bisschen Magie wirken, und schon ist sie wieder wie neu, du wirst sehen.«
Babel warf Tamy hinter Judiths Rücken einen Blick zu, der hoffentlich sagte: Lass dir einfallen, wie wir aus der Nummer wieder rauskommen.
Aber Tamy antwortete nur: »Na schön.«
Offenbar hatte Babels Blick etwas anderes transportiert, als sie gehofft hatte.
»Das wird großartig!«, rief Judith. »Ihr werdet sehen.«
Sie verschwand im Bad, während Tamy ihr einen Moment lang nachsah und dann Babel fragend anschaute, aber die zuckte nur mit den Schultern und stand auf.
»Wenn Judith ausgehen will, dann können wir sie offenbar nicht davon abhalten.«
»Ja, sieht ganz so aus.« Kopfschüttelnd trat Tamy an ihren Schrank, um eine Jeans und ein T-Shirt herauszunehmen. Interessiert stellte Babel fest, dass beides vermutlich zu den besseren Sachen gehörte, die Tamy besaß.
Als die Türsteherin ihren amüsierten Blick bemerkte, wurde sie tatsächlich verlegen. »Wenn ich es schon nicht verhindern kann, dann muss ich ja nicht wie ein Lump aussehen.«
»Mein Gott, entdecke ich da wirklich so etwas wie Eitelkeit an dir? Als Nächstes wirst du mir noch gestehen, dass da irgendwo in den Tiefen deines Kleiderschranks tatsächlich ein Kleid darauf wartet, hervorgezogen zu werden.«
Die Antwort bestand in einem Schnauben, das Babel zum Lachen brachte. Dieses Lachen hielt an, bis Judith zurückkam und Tamy kritisch dabei beobachtete, wie diese sich umzog.
»Du solltest dein Haar offen tragen«, gab sie zum Besten.
»Vergiss es.«
Judith runzelte die Stirn. »Aber du hast wirklich sehr schönes Haar.«
»Hör mal«, Tamy drehte sich zu ihr um und hob den Zeigefinger. »Nur weil ich gesagt habe, dass du heute hier pennen kannst, heißt das nicht, dass du dich auch in mein Leben einmischen sollst. Ich trage mein Haar so, wie ich es will, verstanden?«
»Bitte, wie du meinst. Kein Grund, gleich so hochzugehen.« Beleidigt wandte sich Judith ab, aber schon in der nächsten Sekunde kam sie auf Babel zu und legte ihr den Arm um die Schulter. »Da fällt mir ein, Mutter hat gestern angerufen. Sie will dich besuchen kommen. Ich habe gesagt, du hättest sicher nichts dagegen.«
»Was?«
Judith klopfte ihr auf die Schulter. »Ach, sie will sicher nur sehen, wie es uns geht. Du weißt doch, dass man vor ihr nichts geheim halten kann.«
»Was?«
»Nun schau doch nicht so, es sind doch nur ein paar Tage.«
Entsetzt ließ sich Babel zurück auf das Bett sinken. »Wie kannst du das sagen? Sie wird ja nicht bei dir wohnen!«
»Vielleicht bringt sie ja Vater mit.«
Babel legte den Kopf in die Hände. Ihre Mutter kam nie zu Besuch – nicht ein Mal in den vier Jahren, in denen sie nun schon in dieser Stadt lebte. Warum wollte sie unbedingt jetzt vorbeischneien? Ausgerechnet, während Tom und Sam bei ihr eingezogen waren.
»Na, so schlimm wirds schon nicht werden«, warf Tamy ein, die gerade ein Baseballcap aufsetzte.
Woraufhin Judith und Babel sie anblickten, als hätte sie Chinesisch gesprochen.
»Du kennst unsere Mutter nicht«, sagte Judith trocken. Die Aussicht, dass sich Babel mit ihr rumschlagen musste, schien sie ebenso aufzuheitern wie die Vorfreude auf eine durchfeierte Nacht.
Sie stellte sich neben Tamy und hakte sich bei ihr unter. Diesmal galt ihr Lächeln Babel, die noch immer auf dem Bett saß und versuchte, das drohende Übel zu erfassen. Da hatte sie nun also einen Dämon besiegt, einen Nekromanten und seinen Zombie vernichtet – und nun das. Als hätte sie zu Hause nicht genug Probleme.
Wie sollte sie ihrer Mutter erklären, dass nicht nur ein Plag, sondern auch Sam bei ihr wohnte? Es gab Dinge, die erzählte man seinen Eltern einfach nicht. Als sie damals
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