Babel 2 - Dämonenfieber
vermutlich mal weiß gewesen war, inzwischen aber die Farbe eines grauen Herbsthimmels hatte.
»He«, sagte Babel, und Tamy trat zur Seite, damit sie eintreten konnte.
»He.«
Unschlüssig stand Babel im Flur, die Hände in den Jackentaschen. »Wie geht’s dir?«
»Ganz gut.« Sezierend lag ihr Blick auf Babel. »Dir dafür nicht.«
»Ich weiß.«
»Brauchst du irgendwas? Salben, Eis, ein bisschen Verstand?«
»Autsch, das war deutlich.«
Tamy verschränkte die Arme und nahm ihre Türsteherpose ein. Das war kein gutes Zeichen, wie Babel wusste. Unter dem strengen Blick schrumpfte sie noch ein bisschen mehr, als sie es in der letzten halbe Stunde ohnehin schon getan hatte.
»Am Anfang hab ich noch gedacht, dass du vielleicht einfach nur Pech hast«, sagte Tamy. »Aber inzwischen glaube ich fast, du suchst den Ärger. Schau dich doch mal im Spiegel an. Kaum sind deine Schwellungen abgeheilt, kriegst du schon die nächsten.«
»Das ist nicht meine Schuld«, begehrte Babel auf. »Einer muss ja dafür sorgen …«
Tamy winkte ungeduldig ab. »Und genau davon rede ich. Du bist nicht Superman. Und auch nicht Mutter Theresa. Du musst dich nicht um alles kümmern.« Sie atmete tief durch. »Aber wahrscheinlich kannst du gar nichts dafür. Eine gewisse Unvernunft liegt wohl in der Familie.«
»Hör mal, ich bin dir wirklich dankbar, dass du Judith …« Sie brach ab, weil es der Rede ähnelte, die sie vor ein paar Wochen schon einmal gehalten hatte. Babel schuldete Tamy eine Menge, das ließ sich nicht einfach so in Worte fassen.
»Schon gut. Aber mal ehrlich, Babel, tritt in nächster Zeit ein bisschen kürzer. Such ein paar untreue Ehemänner. Von mir aus auch Steuersünder fürs Finanzamt. Aber lass für eine Weile die Finger von tödlichen Hexenverschwörungen, das raubt mir den Spaß.«
Betreten senkte Babel den Blick. Vielleicht sollte sie die Sache mit Clarissa erst später zur Sprache bringen. Am besten am Telefon. Außerhalb von Tamys Reichweite.
»Ich hab mir das nicht ausgesucht«, erwiderte sie vorsichtig. »Man hört nicht plötzlich auf, eine Hexe zu sein. Es wird immer irgendwelche Gefahren geben, das ist wie bei der Feuerwehr.« Babel sah zu der Tür, hinter der sie Judith vermutete, weil sie von dort aus starke Impulse aus dem Energienetz empfing. »Wie geht es ihr?«
»Deine Schwester ist eine seltsame Frau …«
»Wem sagst du das.«
»Körperlich gehts ihr gut, aber …« Tamy zuckte mit den Schultern. »Es hat sie ziemlich mitgenommen, Babel. Was immer da zwischen den beiden vorgefallen ist … so einen Verrat steckt niemand leicht weg.« Sie deutete mit dem Daumen auf die Tür, und Babel ging langsam darauf zu. Sie überlegte, was sie sagen sollte, aber es fiel ihr nichts Rechtes ein, außer: Schokolade hilft. Für Beziehungsfragen war sie nicht unbedingt die beste Wahl.
Als Babel die Tür öffnete, bekam sie einen kleinen Schlag, weil Magie die Luft erfüllte und in die Gegenstände eingedrungen war. Judith saß auf dem Bett und starrte die Wand an. Eine Welle magischer Energie erfasste Babel, die allerdings nur noch die Nachwehen darstellte. Der Zauber, den Judith gewirkt hatte, musste schon ein paar Minuten zurückliegen.
Es war ein starker Zauber gewesen.
»Was ist es?«, fragte Babel und näherte sich ihr vorsichtig. Sie konnte keine Ritualzutaten sehen, weder auf dem Bett noch auf dem Fußboden.
Langsam hob Judith den Kopf und sah sie ernst an. Ihre Augen waren rot und geschwollen, die Nase wund geputzt. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, den Babel bisher an ihr nicht gekannt hatte. Er ähnelte dem, den sie im Spiegel oft sah. Eine gewisse Distanziertheit. Misstrauen.
Das war neu bei Judith.
»Ein Fluch.« Es klang teilnahmslos.
»Wie hast du das gemacht, du hattest doch nichts bei dir.«
Judith legte den Kopf schief und sah sie auf diese merkwürdige, neue Weise an. »Weißt du eigentlich, wie oft ich dich um deine Fähigkeiten beneidet habe?«
»Judith …«
»Nein, ehrlich. Wir wussten immer alle, dass du die Stärkste von uns warst. Als Kind hab ich deswegen oft geheult, und Mutter musste mich trösten.«
Das hatte Babel nicht gewusst.
»Später hab ich mich dann gefragt, warum ausgerechnet diejenige die meiste Kraft gekriegt hat, die am wenigsten damit anfangen kann. Du hast Mutter nie richtig zugehört, wenn sie uns etwas erklärt hat, weil du immer alles intuitiv schaffen konntest.«
»Das stimmt doch nicht, Judith.«
»Doch, sonst wüsstest du, wozu ich in
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