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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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lachte leise. »Willst du, dass ich deinem Plag über den Weg laufe?«
    Sie verspannte sich. Keine zwanzig Meter von ihr entfernt wartete Tom auf sie, aber Sam hatte mit seinem Auftritt gewartet, bis die Plags auf den Flur getreten und aus Babels Sichtfeld verschwunden waren. Als könnte er es riechen.
    »Geht’s dir gut?«, fragte er und klang ausnahmsweise mal nicht spöttisch.
    Sie spürte seinen Ellbogen an ihrem und den Wunsch, sich gegen ihn sinken zu lassen. »Ich lebe noch.« Sie wandte ihm das Gesicht zu und betrachtete sein Profil, aber viel konnte sie wegen der Dunkelheit nicht erkennen. »Bist du deswegen hier?«
    »Ich hatte so ein eigenartiges Gefühl …« Angespannt stieß er Rauch durch die Nase aus.
    Eigentlich hätte sie wissen müssen, dass er an diesem Abend auftauchte, denn seltsamerweise besaß er einen sechsten Sinn dafür, wenn sie sich in Gefahr befand. Während die Verbindung zu ihm bei ihr lediglich reagierte, wenn er in ihre Nähe kam, ging es bei ihm noch um einiges tiefer. Sie hatte nie herausgefunden, woran genau das lag – es war eines dieser Mysterien, die die Magie manchmal mit sich brachte.
    Es war so typisch für sie beide, wie sie aus dem Dunkel heraus beobachteten, und erinnerte Babel in erschreckender Weise an früher. Wenn sie bei Sam war, schien dieses Dunkel gleichzeitig wie ein schützender Mantel und wie ein Moor, in dem sie immer mehr versank.
    Mit der freien Hand strich er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr, und über ihnen zog ein Schwarm Vögel vorüber, der sich schwarz gegen den Nachthimmel abhob. Ein paar Herzschläge lang gab sie sich dieser Nähe zu ihm hin, dann stand sie auf und lehnte sich gegen den Stamm des Apfelbaums, an die dem Haus abgewandte Seite. Von dort aus sah sie auf Sam herab. Ihr Misstrauen ihm gegenüber saß tief, und ihrer Beziehung mangelte es in vielerlei Hinsicht an Vertrauen, wenn auch nicht an Verständnis.
    »Ich hasse es, wenn du mich ansiehst, als wäre ich das personifizierte Böse«, murmelte er.
    »Der Gedanke ist ja nicht vollkommen abwegig, oder?« Bevor sie es verhindern konnte, war ihr der Satz entschlüpft, und am Anspannen seiner Schultern konnte sie erkennen, dass es ein Fehler gewesen war.
    »Willst du jetzt darüber reden?«, fragte er zurück, sein Blick war herausfordernd.
    Wollte sie darüber reden, dass er jemanden töten konnte? Über die ganze Geschichte mit Hilmar?
    Nein, eigentlich nicht. Sie sprachen nie darüber, hatten es kein einziges Mal getan. Nur ab und zu entschlüpften ihr solche Sätze, weil diese dunkle Stunde zwischen ihnen stand und ein zusätzliches Band schuf, das sie aneinander fesselte.
    Sie schüttelte den Kopf, und Sam drückte die Zigarette im feuchten Boden aus, bevor er aufstand. Vor ihr blieb er stehen und musterte sie intensiv.
    Sie standen sich gegenüber, keine Handbreit entfernt, und Babels Atem beschleunigte sich. Sein Blick brannte sich in ihren, und auf einmal verschwand alles, was sich wie eine Klammer um ihren Brustkorb gelegt hatte: der Schreck, die Angst vor dem Kommenden, die Zweifel an ihren Fähigkeiten.
    Du Dummkopf! Lernst du denn nichts?
    Nur einen kurzen Moment …
    »Komm zurück zu mir«, flüsterte er, während ihre Hand über seinem Herzen lag.
    Aber ich war ja nie fort …
    Ihre Magie dehnte sich aus, umfing sie beide und tauchte die Ecke des Gartens, in der sie standen, in undurchdringliche Dunkelheit, die selbst Geräusche verschluckte.
    »Sag mir, dass du das nicht willst, Babel.«
    »Ich will es nicht.«
    Er drückte sich an sie. »Du lügst.«
    »Warum fragst du dann erst?«
    Selbst in der Dunkelheit leuchteten seine Augen, und auf einmal schien es nichts anderes mehr zu geben als den Blick darin.
    Millimeter um Millimeter beugte er sich tiefer, und sie ließ es wie erstarrt geschehen. Als er sie endlich küsste, war es wie eine Heimkehr.
    Nichts hat sich geändert. Er schmeckt noch wie früher, er küsst noch wie früher.
    Sie ließ sich gern von ihm verschlingen, wie die Sonne vom Wolf, bevor sie wiedergeboren wurde. Auf der Zunge konnte sie die Süße der verbotenen Frucht schmecken. Das Dämonische. Die Stimme in ihrem Kopf verstummte, und alles fiel von ihr ab, bis sie nicht mehr unterscheiden konnte zwischen ihm und ihr. Es spielte auch keine Rolle mehr.
    Wie von selbst griff sie nach ihm, presste ihn enger an sich, um mit ihren Körpern das zu schaffen, was ihre Energien längst getan hatten. Die Magie schlug Funken, die Luft um sie herum erwärmte

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