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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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weit von ihr entfernt, denn sie konnte die Verbindung zu ihm nicht spüren.
    Ihre Sinne stellten sich auf die Umgebung ein, aber außer dem Energienetz des Ortes war da nichts. Misstrauisch versuchte sie, das Dunkel zu durchdringen, aber ihre Magie erfasste nichts anderes als sonst.
    Eigenartig.
    Sie schüttelte den Kopf und schloss die Haustür hinter sich. Dann ging sie nach oben, um sich anzuziehen.

9
    Die Fahrt mit dem Motorrad hatte Babel den Kopf frei gemacht und das Band um ihren Brustkorb gelöst. Die Nächte rochen schon nach Sommer, obwohl den Tagen noch die Wärme fehlte. Der Wind sauste an ihr vorbei, sie spürte ihn an ihren Händen. Die Lichter der Laternen wurden zu leuchtenden Bändern, in deren Mitte Babel hindurchfuhr. Die Straßen waren viel leerer als am Tag, hin und wieder begegnete ihr ein Taxifahrer, der mit herabgelassener Scheibe Radio hörte oder rauchte. Die Nacht hatte sich wie ein Mantel um die Stadt gelegt und verbarg alles Unansehnliche in ihren Schatten.
    Das Smash befand sich im Gebäude eines alten Getränkelagers am anderen Ende der Stadt. Innerhalb von zwei Jahren war der Club zu einem Geheimtipp geworden, der auch unter der Woche sehr gut besucht war. Von außen sah man dem Betonklotz nicht an, was in seinen Mauern geschah, nur der vollgestellte Parkplatz ließ erahnen, dass hier nachts die Post abging.
    Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, und der Zugang war nur durch eine doppelflüglige Feuerschutztür möglich, vor der Tamy mit verschränkten Armen stand, das Funkgerät am Gürtel. Sie trug Springerstiefel und ein Muskelshirt, das ihren gut trainierten Bizeps betonte. Die Haare hatte sie wie immer zum Pferdeschwanz gebunden und eine Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen. Doch selbst ohne den Ausdruck darin zu sehen, spürte Babel, dass sie verärgert war. Ihre Haltung wirkte angespannt.
    Neben Tamy standen zwei junge Burschen, höchstens zwanzig, die mit den ruckartigen Bewegungen Betrunkener auf sie einredeten. Offenbar wurden sie abgewiesen, denn oberstes Gebot im Club war: Getrunken wurde von innen nach außen, nicht umgekehrt. Das brachte Geld und vermied Ärger. Die Jungs schienen den Fehler vieler Männer zu machen: Sie nahmen Tamy nicht ernst, obwohl jeder Idiot sehen konnte, dass sie nicht nur aussah, als könne sie zuschlagen, sondern es auch tat.
    Babel parkte die Maschine, nahm den Helm ab und schlenderte hinüber. Schon als sie zehn Meter entfernt war, hörte sie die wütende Stimme des Größeren.
    »Lass uns jetzt gefälligst rein, Alte. Wir bezahlen.«
    Er wusste es noch nicht, aber damit war er auf dem besten Weg, sich selbst zu disqualifizieren. Wenn Tamy eines nicht leiden konnte, dann Leute, die glaubten, mit Geld alles regeln zu können.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Hör mal, du Scheißlesbe …«
    Oh, damit war er zielsicher auf ihrer schwarzen Liste gelandet.
    »Du legst es drauf an, mich wütend zu machen, oder?«, presste sie zwischen den Zähnen hervor und ließ den Nacken knacken.
    Spätestens jetzt hätte sich Babel an seiner Stelle umgedreht und gesehen, dass sie Land gewann.
    Tat er aber nicht. Stattdessen brüllte er: »Von dir lass ich mir nicht sagen, was ich zu machen hab!«, und ballte die Fäuste wie ein Kleinkind.
    »Ist nicht mein Problem, Kleiner. Hier kommst du jedenfalls nicht rein.«
    Tamy überragte ihn um einen halben Kopf, aber auch das hielt ihn nicht davon ab, den wohl dümmsten Fehler in einer Reihe dummer Fehler zu begehen. Er griff nach ihrer Schulter.
    Noch bevor er dort angekommen war, hatte Tamy ihn schon an der Hand gepackt und sie nach hinten gedreht. Während sie das Gelenk weiter verbog, brüllte der Typ wie am Spieß. Das alles ging so schnell, dass Babel es kaum gesehen hatte. Als sein Kumpel ihm zu Hilfe kommen wollte, stieß Tamy ihn mit der Handkante gegen die Brust, und so betrunken, wie er bereits war, taumelte er zurück, stolperte über seine eigenen Füße und setzte sich ziemlich unsanft auf den Hintern.
    Der Kerl, den Tamy an der Hand hatte, war inzwischen in die Knie gegangen und wimmerte. Sie ging neben ihm in die Hocke und zischte: »Okay, jetzt hör gut zu, Arschloch, denn das sind die Spielregeln: Du verschwindest. Jetzt. Ich will kein Wort mehr hören. Sehe ich dich noch mal hier, brech ich dir die Nase und schieb dir den Knochen bis in dein erbsengroßes Hirn hoch. Klar so weit?«
    Der Typ jammerte weiter.
    »Ob das klar ist?« Sie drehte den Arm noch ein Stück höher, und er nickte hastig.

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