Babson, Marian
anderes.« Er warf ihr einen Dackelblick zu. »Meinst du, es
ist noch zu früh?«
»Wir sind gerade erst eingetroffen.«
»Tatsächlich?
Mir kommt es vor, als wäre das Stunden her.« Seufzend ließ er sich von ihr
zurück zu ihrer Gruppe fuhren.
Karla hatte
sich inzwischen zu ihnen gesellt, sie hielt ein Glas in der Hand und
präsentierte sich mit einem krampfhaften Lächeln. Offenbar brachte sie sich
bereits in Pose für das nächste Foto. Macho begann zu zittern, aber ehe er
wegrennen konnte, packte Lorinda seinen Arm.
»Wir sprachen
gerade darüber«, sagte Gemma und begrüßte Karla mit einem strahlenden Lächeln
auf den Lippen, da sie selbst die nahende Kamera ebenfalls bemerkt hatte, »wie
leicht man seine Serienfiguren satthaben kann, dass einen die Versuchung
überkommt, sie umzubringen. Finden Sie nicht auch?«
»Noch nicht«,
entgegnete Karla. »Allerdings könnte ich es mir vorstellen, wenn ich zu lange
mit ein und derselben Figur zu tun hätte. Aber im Moment...« Sie zuckte mit den
Schultern. »Im Augenblick muss ich mich um diesen Vertrag kümmern, der über
drei Bücher läuft. Aimee Dorrow hat nach ihrem Tod ein unvollendetes Manuskript
hinterlassen, das ich erst mal zu Ende schreiben werde, und dann soll ich aus
den hinterlassenen Notizen die beiden Fortsetzungen entwickeln. Alles dreht
sich um die unendlich langatmigen Ermittlungen ihrer Detektivin Miss Mudd. Und
dann gibt es ja noch unser Sachbuch über das Jahr in England.« Sie wurde etwas
lauter, als ihr Mann sich der Gruppe näherte. »Ich möchte wissen, wann ich Zeit
finden werde, mich wieder um meine eigene Serie über Terri und Toni zu
kümmern.«
»Bitte
lächeln!«, rief Jack. »Zeigt allen, wie gut ihr euch amüsiert.« Dann richtete
er seine Kamera auf sie.
Macho ging
rasch hinter Freddie in Deckung, während die die Augenbrauen hochzog und
Lorinda einen eigenartigen Blick zuwarf, den sie beim besten Willen nicht zu
deuten wusste.
»Zurück zum
Thema«, sagte Freddie und grinste gefährlich. »Ich finde auch, es ist nicht
richtig, seinen Serienhelden sterben zu lassen. Das ist unfair gegenüber den
Lesern. Die Ärmsten nehmen das Ganze so ernst. Seht euch nur Holmes an. Oder
Van der Valk von Freeling. Aber ist euch mal der Trend aufgefallen, die Ehefrau
oder die Freundin des Helden sterben zu lassen?«
Es war
unglaublich boshaft von Freddie, zumal sie bei diesen Worten die Jackleys mit
betont unschuldiger Miene ansah. Jack ließ die Kamera sinken, und nach einem
Moment betretenen Schweigens begann er zu lachen — und das viel zu laut.
»Tja, dafür
haben wir doch einen Experten in unserer Runde.« Er deutete auf Macho. »Keine
seiner weiblichen Hauptfiguren schafft es jemals bis zum letzten Kapitel, um
mit dem Helden vor den Altar zu treten.«
Und falls
doch, mussten sie im ersten Kapitel des nächsten Buchs das Zeitliche segnen,
damit Macho Magee einen Grund hatte, auf Rachefeldzug zu gehen und den Killer
aufzuspüren, um Selbstjustiz zu üben.
Allgemeine
Belustigung lockerte die angespannte Atmosphäre auf. Sogar Macho stimmte in das
Gelächter ein, auch wenn sich seine Miene verfinsterte.
»Oh, wie köstlich
die aussehen! Obwohl ich mich ja eigentlich zurückhalten sollte!«, stieß Gemma
mit einem oft geübten Freudenschrei aus, als eine Kellnerin mit einem Tablett
recht ehrgeizig gestalteter Hors d'oeuvres zu ihnen kam. Typisch Plantagenet
Sutton, dass der einen professionellen Partyservice engagierte. Beim näheren
Hinsehen bemerkte Lorinda, dass es sich um einen Service aus der Nähe von
Brimful Coffers handelte, womit Sutton einerseits lokale Verbundenheit
demonstrierte, andererseits nicht die überzogenen Londoner Preise bezahlen
musste.
»Hey, das
sieht gut genug aus, um es zu probieren!«, meinte Jack Jackley und lachte über
seinen eigenen Witz
am lautesten,
während seine Frau sich nur mit Mühe ein Lächeln abrang.
Alle
betrachteten voller Bewunderung die sorgfältig angeordneten Delikatessen, ehe
sie sich darauf stürzten. Die Sandwiches mit Räucherlachs und Frischkäse waren
schneller verputzt, als man hinsehen konnte, auch die Kanapees mit Huhn und die
Krabben fanden reißenden Absatz.
»Gehen Sie
bloß nicht weg«, sagte Jackley zu der Kellnerin, die sich eben wegdrehen
wollte, und fasste sie am Arm. »Bleiben Sie bei uns, den Rest schaffen wir auch
noch.«
»Jack«,
zischte Karla ihm gequält zu. »Bitte!«
»Was ist? Wir
sind doch hergekommen, um zu essen. Wir nehmen niemandem etwas weg, es
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