Babson, Marian
in
Bibliotheken, Schulen und Vereinen.«
»Nicht für
jeden«, warf Macho finster ein und machte Lorinda bewusst, wie taktlos ihre
Äußerung gewesen war. Es war allgemein bekannt, dass keine Schule und kein
Verein den Erfinder von Macho Magee einladen würde.
»Sie meinte eigentlich
nur Bibliotheken«, sprang ihr Freddie wohlmeinend bei, erntete aber auch nur
einen finsteren Blick. Beim einzigen Mal, als Macho zu einer Lesung in einer
Bibliothek eingeladen worden war, war er von einer Gruppe Unruhestifter fast
von der Bühne gejagt worden, die sich unter die anderen Gäste gemischt hatten,
um ihn zu sehen. Lautstark taten sie ihre Enttäuschung über sein
Erscheinungsbild kund. Sie waren nicht besonders angetan, festzustellen, dass
der Erfinder des muskelbepackten Draufgängers in Wahrheit von schmächtiger
Statur war und eher wie ein Universitätsprofessor oder ein Steuerprüfer wirkte.
In gewisser Weise hatte sich Macho das selbst eingebrockt, denn als sein
Verleger auf einem Foto für den Schutzumschlag seines Buchs bestand, da hatte
er bereits geahnt, dass er nicht dem Typ entsprach, den seine Leser von ihm
erwarteten. Also bediente er sich bei Craig Rice, die vor dem gleichen Problem stand,
als sie nicht enthüllen wollte, dass sie in Wahrheit eine Frau war. Er ließ
sich mit hochgeschlagenem Kragen, Schal und tief ins Gesicht gezogenem Hut
fotografieren, lediglich eine Pfeife diente als Orientierung, wo sich in den
tiefen Schatten des düsteren Fotos sein Mund befand. Macho hatte sich der Welt
gezeigt, und es blieb seinen Lesern überlassen, über seine Gesichtszüge,
Körpergröße und Statur zu spekulieren. Nach dem Auftritt der Störer zu
urteilen, waren die offenbar von etwas anderem ausgegangen.
Nach diesem
verheerenden Auftritt war Macho nie wieder bei einer Lesung in Erscheinung
getreten, und die Zusammenarbeit mit Buchhandlungen beschränkte sich darauf, gelegentlich
ein paar Exemplare zu signieren. Seine verschlossene Art hatte seiner
Popularität aber keinen Abbruch getan, und einige der jüngeren und
intellektuelleren Kritiker bezeichneten ihn bereits als den J. D. Salinger der
Krimiwelt.
»Jetzt nicht,
Roscoe.« Macho bekam den Kater zu fassen, gerade als der zum Sprung auf seinen
Schoß ansetzte. »Wir müssen jetzt gehen.« Dann sah er seine Kolleginnen an. »Müssen wir gehen?«
»So ungern ich
das auch sage, aber wir müssen gehen«, antwortete Freddie. »Jetzt komm
und beiß in den sauren Apfel. Wenigstens der Wein wird gut sein. Und das Essen
vielleicht auch.«
»Lieber teile
ich ein Mahl aus bitteren Kräutern mit meinen Freunden«, erklärte Macho
mürrisch, »ehe ich mit meinen Feinden ein Festmahl einnehme, oder wie dieser
Spruch geht.«
»Ach, hör
auf«, protestierte Lorinda. »So schlimm wird es nicht werden. Die meisten Gäste
sind Freunde von uns.«
Macho setzte
Roscoe auf dem Teppich ab und wischte ein paar rote Haare von seinem Hosenbein,
dann brachte er die beiden noch verbliebenen Stücke Hühnchenleber in die Küche.
»Wir sind bald
wieder da«, sagte er auf dem Rückweg aus der Küche zu Roscoe und stellte ihm
einen Teller mit den Resten hin. »Vielleicht sogar sehr bald.«
Plantagenet
Sutton begrüßte seine Gäste persönlich an der Haustür des Coffers Court und
erweckte damit den Eindruck, Herr über das ganze Gebäude zu sein, nicht nur
einer Wohnung. Er hielt seine Party in der marmornen Empfangshalle ab, die zu
diesem Anlass mit Blumen dekoriert worden war.
Die Gäste aus
London waren sichtlich beeindruckt, während die Einwohner von Brimful Coffers
sich nur spöttische Blicke zuwarfen.
»Herzlich
willkommen, es freut mich, dass Sie alle kommen konnten«, begrüßte er sie
enthusiastisch, schüttelte Machos Hand und küsste Lorinda und Freddie auf die
Wangen. »Oh, ist das für mich? Aber das wäre doch nicht nötig gewesen.«
Lorinda
bemerkte einen ganzen Berg eingepackter Geschenke auf einem kleinen Tisch
gleich neben ihm. Nötig war es vielleicht nicht gewesen, aber ratsam.
»Wie gut Sie
aussehen«, gurrte Freddie unsicher und überreichte ihm ihr Präsent.
»Ach,
Freddie.« Er hielt das Geschenk in der Hand, bemerkte dessen Gewicht und machte
eine nachdenkliche Miene. »Sie bringen doch in Kürze etwas Neues heraus, nicht
wahr?«
»Nächsten
Monat«, erwiderte sie.
»Ah, ja. Ich
dachte doch, dass ich etwas in der Art gelesen habe. Nun, ich hoffe, Sie
verbringen hier einen angenehmen Abend.« Er wandte sich dem nächsten Gast zu.
»Ah, Lorinda. Hm,
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