Baby-Bingo
drei. Meine Jüngste ist zwei Jahre alt – eine Nachzüglerin.«
Frau Doktor Steinberger sieht mich interessiert an und setzt sich hinter ihren weißen Schreibtisch, auf dem ein Bund frischer Lilien steht. Sie ist mir sofort sympathisch. Eine Frau, mit der ich mir vorstellen könnte, auch privat befreundet zu sein. Wie alt sie wohl ist? Drei Kinder hat sie, darunter eine Nachzüglerin im Alter von zwei Jahren. Ich rechne. Anfang 40 ist sie bestimmt.
Während mir Frau Doktor Steinberger ein paar Fragen zu meiner medizinischen Vorgeschichte stellt und sich dazu Notizen macht, merke ich, wie wieder Hoffnung in mir aufkeimt. Hier scheine ich endlich mal an jemanden geraten zu sein, der ehrliches Interesse an seinen Patientinnen hat und sich wirklich Zeit nimmt.
»Meine älteste Patientin war 46, als sie ihr erstes Kind bekam. Ein süßes Mädchen«, erzählt Frau Doktor Steinberger. »In meine Praxis kommen viele Frauen, die sich erst spät für ein Kind entscheiden. Es ist ja heutzutage auch gar nicht so einfach, den richtigen Mann zu finden. Aber den haben Sie ja scheinbar.« Sie sieht mich lächelnd an.
»Ja, leider habe ich den aber auch erst ziemlich spät kennengelernt. Sonst hätte ich vermutlich schon längst Kinder.«
Gar nicht so einfach, die Sache mit dem richtigen Mann. Wie viele meiner Freundinnen sehnen sich nach einem Kind und würden dafür sofort ihren interessanten Job für eine Weile an den Nagel hängen. Wie Katharina, eine Schulfreundin von mir. Sechs Jahre war sie mit Max zusammen. Für Katharina war es immer klar, dass sie eine große Familie mit drei Kindern haben wollte. Ich weiß noch, wie sie mir glücklich erzählte, dass sie und Max sich schon beim zweiten Date auf die Namen ihrer ungeborenen Kinder geeinigt hätten. Beim ersten Sex hatte Max ihr ins Ohr geflüstert: »Lass uns eine kleine Katharina machen.« Was schwierig war, weil sie zu dem Zeitpunkt die Pille nahm.
Als sie die dann absetzen wollte, fand Max immer neue Gründe, warum gerade nicht der richtige Zeitpunkt wäre, eine Familie zu gründen: »Wir wollten doch diesen Winter unbedingt nach Ischgl zum Skifahren. Wenn du gerade dann schwanger bist, können wir das vergessen.« Oder: »Bei mir im Büro läuft’s gerade nicht so gut. Ehrlich gesagt, wäre das jetzt ein ziemlich ungünstiger Zeitpunkt, ein Kind zu bekommen. Wer weiß, ob ich nächsten Monat noch meinen Job habe. Lass uns da erst mal Sicherheit schaffen.«
So vergingen die Jahre, und das Kinderthema wurde immer wieder verschoben. Wie die Hochzeit übrigens auch. Bis Max sich in eine fünf Jahre jüngere Kollegin verliebte. Und auf einmal ging alles ganz schnell. Max verließ Katharina und zog zu seiner neuen Freundin. Die wurde schwanger, und er heiratete sie. Seitdem ist Katharina allein, um sechs Jahre älter und eine Erfahrung reicher.
Es ist nicht ganz einfach, mit 38 Jahren noch einen dieser raren Männer zu finden, die das ganze Familienpro gramm nicht schon einmal hinter sich gebracht haben und heilfroh sind, wenn sie trotz Alimentezahlungen an die Exfrau gerade noch einigermaßen über die Runden kommen.
Und dann tickt auch noch die biologische Uhr. Während man als Frau bis Anfang 30 alle Zeit der Welt hatte, muss man danach mit der Tür ins Haus fallen. Kein großes Gerede um den heißen Babybrei herum – dafür fehlen uns nun schlichtweg die Zeit und Geduld. Top oder Flop. Wer schon am Anfang durchblicken lässt, dass er sich noch nicht reif für Kinder fühlt, wird radikal aussortiert. Jeder Tag zählt, um doch noch den potenziellen Vater seiner Kinder kennenzulernen.
Dass viele Männer sich da überfallen fühlen und lieber zu entspannten 28-Jährigen mit viel Zeit zum Kinderkriegen flüchten, müssen wir erwachsenen Frauen eben riskieren. Wobei wir zum Glück nicht mehr nur auf gleichaltrige oder ältere Männer angewiesen sind. Der Trend geht eindeutig zum jüngeren Mann, wie Marie beweist.
»Wenn es Ihnen recht ist, würde ich Sie jetzt gerne untersuchen, und dann besprechen wir alles Weitere.«
Frau Doktor Steinberger führt mich in den Nebenraum.
Während ich auf dem Behandlungsstuhl liege und sie mich untersucht, dreht sie den Monitor so, dass ich alles genau mit beobachten kann.
»Also, hier sehen wir die Gebärmutter. Die Schleimhaut hat sich schon gut aufgebaut. Ich denke, dass Sie in ein paar Tagen Ihren Eisprung haben werden. Das sieht alles sehr gut aus.«
Frau Doktor Steinberger sieht mich lächelnd an, und ich merke, wie sich
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