Babylon in Hongkong
den Rand und lag flach im Boot, als ich die Riemen packte.
Dann mußte ich pullen. Suko unterstützte mich dabei. Wir faßten jeder einen Riemen und schafften sogar den Gleichklang.
Wieviel Zeit verstrichen war, wußte ich nicht. In der Dunkelheit hinter uns nahm der Himmel eine glutrote Färbung an. Gleichzeitig stand über der Stelle, wo die Dschunke endgültig auseinandergebrochen war, ein Feuerball, als hätte ihn jemand auf eine düstere Leinwand gemalt. Innerhalb des Feuers blitzte es auf, dann fiel alles in sich zusammen, und das schwarze Wasser verschlang die Dschunke wie das Maul eines Riesenfisches die Beute.
Ein gewaltiger Sog entstand, der immer weitere Kreise zog. Suko und ich ruderten wie die Weltmeister, trotzdem konnten wir dem Sog nicht völlig entwischen.
Er packte uns, hob uns an, schleuderte uns herum, eine Welle schlug über uns zusammen, wir mußten schöpfen, rudern, schöpfen und wurden vom Licht eines Scheinwerfers geblendet, der über die Wasserfläche strich und zu einem Boot der Küstenwache gehörte, daß zusammen mit anderen die Bucht anlief.
Suzie hatte Wort gehalten.
Suko lehnte sich zurück, bleich, zitternd. »Und wo ist Shao?« fragte er krächzend.
»Wahrscheinlich dort, wo sie noch hingehört. Im Reich der Sonnenkönigin Amaterasu…«
»Ja, ja«, sagte Suko und vergrub sein Gesicht in beiden Händen. Es machte ihm nichts aus, daß er weinte und ich ihm dabei zusah. Auch Geisterjäger sind keine Maschinen…
***
Am nächsten Abend.
Mit der Hongkonger Polizei hatten wir geredet, ich hatte auch mit London gesprochen und den Erfolg unserer Aktion gemeldet. Sir James erkundigte sich nach Sukos Zustand, da wollte ich nicht viel sagen. Er verstand es und erkundigte sich nur, wann wir wieder in England eintreffen würden. Den genauen Flugplan hatte ich nicht im Kopf, deshalb konnte ich ihm keine Zeit angeben.
Zudem mußte ich mich noch bei jemand für seine tatkräftige Mithilfe bedanken.
Es war Suzie, mit der ich in einem wirklich vorzüglichen Restaurant kantonesisch essen ging.
Suko war im Hotel geblieben, er wollte allein sein, was er allerdings nicht war, wie ich später erfuhr.
Mitten in der Nacht erhielt er Besuch, und der blieb bis zum frühen Mittag. Auch wenn Shao und Suko durch ein widriges Schicksal noch getrennt leben mußten, bei einem Wiedersehen wurde es doppelt so schön. Zudem hoffte ich, daß Suko die Wahrheit über seinen Vater und den damit verbundenen Schock so schnell wie möglich überwinden würde…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 041 »Die Grabräuber«
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