Baccara Collection 185
schüttelte den Kopf. Ganz anders als Cathy.
Aber Belinda hatte auch eine weiche Seite. Die trat zutage, wenn sie mit seinen Söhnen zusammen war. Die Liebe zu ihren Neffen war ganz deutlich in ihren turbulenten grauen Augen zu sehen.
Zu schade, dass ihre Ehe vor ein paar Jahren nicht funktioniert hatte. Vielleicht wäre sie etwas umgänglicher geworden, wenn sie selbst Kinder bekommen hätte. Es ist natürlich noch nicht zu spät für sie, eine eigene Familie zu gründen, dachte er. Sie war ja erst dreiunddreißig. Heutzutage warteten viele Frauen mit dem Kinderkriegen, bis sie über dreißig waren.
Aber das musste schon ein Teufelskerl sein, der es mit ihr aufnehmen könnte, dachte Alec. Ganz schön hart und selbstsicher, sonst würde sie ihn mit ihrer scharfen Zunge in Stücke reißen.
„Belinda”, sagte er sanft, „Hey, Tante Binda, wach auf.” Keine Reaktion.
„Slim.” Er legte sanft seine Hand auf ihren Arm. Plötzlich wurde ihm klar, dass er sie zum ersten Mal berührte - und dass dies vielleicht der größte Fehler seines Lebens war.
Sie spürte seine Berührung sogar im Schlaf. Sie war warm und sanft, und die Hand, die sie berührte, war groß und rau. Und sie sandte einen heißen Funken von ihrem Arm bis in ihre Füße.
Belinda wurde langsam wach und genoss den Funken heißer sexueller Erregung. Sie blinzelte, und Alecs Gesicht nahm vor ihren Augen Formen an. In diesem Augenblick, mit seiner Hand auf ihrem Arm und ihrem heißen Blut, das durch die Adern schoss, brach die schreckliche Wahrheit über sie herein. All diese Jahre, die Anspannung, die sie fühlte, das Kribbeln im Bauch, ihre Verletzlichkeit, die in Zorn umschlug - das alles umkreiste sie und presste ihr den Atem aus den Lungen. Sexuelle Anziehungskraft.
Schuld. Scham. Wut. Sie erstickte fast daran.
Belinda Randall fühlt sich zum Mann ihrer Schwester sexuell hingezogen.
Und er wusste es, er musste es einfach bemerken. Weshalb sonst sollte er sie so erschreckt ansehen?
Sie rappelte sich schnell auf und rannte nach oben in ihr Schlafzimmer. Zum zweiten Mal an diesem Tag presste sie den Rücken an die verschlossene Tür und ließ sich zu Boden sinken. Doch dieses Mal fühlte sie keine Erleichterung darüber, dass sie eine weitere Runde im Ring mit Alec überlebt hatte. Dieses Mal fühlte sie nur Panik.
Rückblickend ergab das alles erschreckend viel Sinn.
Unterbewusst hatte sie wohl schon immer ihre Gefühle als das erkannt, was sie waren, und hatte deshalb auf Angriff geschaltet. Ein eingebauter Abwehrmechanismus, um einen klaren, gebührenden Abstand zu dem Mann ihrer Schwester zu halten.
Oh Gott, und Alec hatte ihre Reaktion gesehen! Was sollte sie jetzt bloß tun? Sie konnte es doch nicht zugeben. Er würde ihr ins Gesicht lachen.
Die Vorstellung, dass er sich auch zu ihr hingezogen fühlen könnte, war einfach lächerlich. Nach der hübschen, blonden Cathy, ihrem weichen, wohlproportionierten Körper und dem einzigen Bestreben, ihrem Mann zu gefallen - welcher Mann würde nach einer Frau wie Cathy Belinda begehren? Belinda war weder hübsch noch blond. Ihr Körper war dünn und kantig, nicht kurvig. Von Hüften konnte man kaum sprechen, und ihre Oberweite bestand vor allem aus Rippen. Sie war weder ruhig noch gutmütig und konnte sich etwas Wichtigeres vorstellen, als ob der Boden so sauber geschrubbt war, dass man sich darin spiegeln konnte.
Der bittere Unterton ihrer eigenen Gedanken ließ sie wieder realistisch werden. Okay, sie war schon immer ein bisschen neidisch gewesen - nein, da es niemand hören konnte, grün vor Neid - auf das blendende Aussehen ihrer Schwester, ihre Beliebtheit und ihren Erfolg bei Jungen und später bei Männern, die alle ganz vernarrt in sie waren.
Von klein an stand das Schema schon fest. Belinda war „Mamas und Papas kleines Schätzchen” und Cathy war „Mamas und Papas kleiner Engel” gewesen.
Jeder wusste, dass Engel netter, hübscher und wichtiger als Schätzchen sind. Wenn Freunde oder Verwandte zu Besuch waren, machten sie immer viel Aufhebens darum, wie hübsch Cathy war. Belinda bekam Komplimente für ihre Intelligenz. Sie war sehr stolz darauf gewesen, bis sie bemerkte, dass es als Trost gemeint war. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, und sie fühlte sich von nun an in allen Bereichen ihrer Schwester unterlegen.
Als sie heranwuchsen, wurde es nicht gerade besser, die Wunden immer tiefer. Cathy bekam die Hauptrolle in „Schneewittchen”, Belinda spielte den Wolf bei den
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