Baccara Exklusiv 53
dem sie nichts vorhatte und niemand sie stören würde. Sie würde volle zweiundsiebzig Stunden ganz für sich haben, ohne auch nur einen Gedanken an Jonas Tate zu verschwenden. Mit einem zufriedenen Seufzer drückte sie auf den Knopf, und der Aufzug fuhr los.
Jonas Tate starrte auf das schlafende Baby in dem Kinderzimmer, dachte an eine rothaarige Schwester und fragte sich, warum er sich gestern so eigenartig benommen hatte. In einem Raum voller Leute war er auf Zoey Holland losgegangen, hatte sie förmlich mit den Augen verschlungen, während etwa ein Dutzend seiner Mitarbeiter zugesehen hatten.
Was hatte ihn nur zu diesem Verhalten getrieben? Wie konnte er eine solche Frau überhaupt attraktiv finden? Zoey Holland war eine überhebliche, störrische Besserwisserin. Eine Frau, die eher einen Gefangenenaufstand anzetteln konnte, als für Neugeborene zu sorgen. Es gab also absolut keinen Grund dafür, warum sie ihm dermaßen unter die Haut ging. Doch warum hatte ihn dann Julianas Weinen vor etwa einer Stunde aus dem erotischsten Traum geweckt, den er je gehabt hatte? Einem Traum, der sich ausschließlich um Schwester Zoey gedreht hatte.
Ich bekomme einfach nicht genug Schlaf, sagte er sich. Eine andere Erklärung für sein unmögliches Benehmen hatte er nicht und auch nicht für die verwirrenden Fantasien, die ihn in der letzten Zeit ständig überfielen. Totale Erschöpfung hatte eben eigenartige Auswirkungen auf die Menschen, und es sah nicht so aus, als könne er heute Nacht seinen verlorenen Schlaf nachholen.
Heute Nacht? Himmel, es war ja schon wieder Morgen. Und wieder einmal fühlte er sich erschöpfter als zu dem Zeitpunkt, an dem er gestern Abend ins Bett gefallen war. Benommen und schwindlig stand er da, mit einer halbvollen Flasche Babynahrung in der Hand. Dabei schlief Juliana friedlich. Doch er fürchtete sich, einen Schritt von ihrer Wiege weg zu machen, weil die Kleine dann vielleicht aufwachen und wieder zu schreien beginnen würde.
Im ganzen Haus war es wunderbar still. Er konnte sich kaum erinnern, wann es hier zum letzten Mal so still gewesen war. Als er in die große viktorianische Villa in Tavistock gezogen war, hatte er sie wegen ihrer luftigen Zimmer und den hohen Fenstern geliebt, wegen der riesigen Bäume im Garten und der Ruhe dieser Gegend. Das Haus, die Umgebung, einfach alles war perfekt gewesen. Doch dann, am Neujahrstag, hatte Mrs. Edna Caldecott von der Kinderfürsorge vor seiner Tür gestanden, mit einem Bündel schlechter Nachrichten und einem Baby auf dem Arm.
Als hätten seine Erinnerungen ihn eingeholt, läutete es auch jetzt an der Tür. Prompt zuckte das Baby zusammen. Einen Augenblick lang hoffte er, dass Juliana gleich weiterschlafen würde, und wagte vorsichtig einen Schritt von der Wiege weg. Doch schon öffnete sie die Augen, ihr Kinn bebte, und er wusste, gleich würde die Schreierei wieder losgehen. Als hätte sie auf ein Stichwort gewartet, öffnete Juliana ihren kleinen Mund und brüllte los.
Jonas streckte die Arme nach ihr aus, doch dann zögerte er. Selbst nach über zwei Monaten war es ihm immer noch ungewohnt, das Baby auf den Arm zu nehmen. Nur wenn es nicht zu vermeiden war, tat er das. Meistens überließ er es den zahllosen Babysittern, die Juliana tagsüber versorgten.
Ein halbes Dutzend hatte er seit Januar schon gehabt und hatte alle wieder entlassen, weil er ihnen nicht vertraute. Die eine war zu streng gewesen, die andere zu nachgiebig, und er wollte auf keinen Fall, dass Juliana zu sehr verwöhnt wurde.
Wieder läutete es an der Tür, und Juliana schrie noch lauter.
„Schon gut, schon gut“, murmelte er, holte sie aus der Wiege und hob sie an seine Schulter.
Vorsichtig ging Jonas die Treppe hinab. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wer bereits so früh am Morgen etwas von ihm wollte. Deshalb machte er sich auch keine Gedanken darüber, dass er außer seiner seidenen Schlafanzughose nichts trug. Mit jedem Schritt die Treppe hinunter nahm Julianas Schreien zu. Als er endlich an der Tür ankam, war ihr Gesichtchen rot angelaufen, und sie brüllte fürchterlich.
Und genau so fühlte er sich, als er entdeckte, dass Zoey Holland vor seiner Tür stand.
„Was tun Sie denn hier?“, riefen sie beide gleichzeitig.
„Ich wohne hier“, erklärte er.
„Lily Forrest hat mich geschickt“, erklärte Zoey im gleichen Atemzug, und noch ehe er etwas darauf sagen konnte, fuhr sie ihn an: „Was, um Himmels willen, machen Sie mit dem armen
Weitere Kostenlose Bücher