Baccara Exklusiv 53
müssen, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Es war wirklich schön, wie sich die Verlegung ihrer Schicht auswirkte.
Vor drei Jahren allerdings war sie sehr froh gewesen, von der Nachtschicht, die von sieben bis elf Uhr lief, in die normale Tagesschicht zu wechseln. Sie war es leid gewesen, dass ihr ganzes Leben durch ihre Arbeitszeit durcheinandergebracht wurde. Damals hatte sie überhaupt keine Freunde mehr gehabt, weil sie immer dann arbeitete, wenn die anderen schliefen, und schlief, wenn die anderen das Leben genossen. Natürlich hatte sie das damals auch als Entschuldigung dafür genutzt, dass sie so selten mit Männern ausging. Jetzt arbeitete sie zwar tagsüber, ging aber immer noch sehr selten aus.
Weil die meisten Männer Dummköpfe sind, sagte sie sich. Wie zum Beispiel Dr. Jonas Tate.
Was bildet er sich eigentlich ein?, fragte sie sich zum wiederholten Mal seit gestern Nachmittag. Mit den glühenden Blicken, die er ihr zugeworfen hatte, hätte er einen Eisberg zum Schmelzen bringen können. Allein bei der Erinnerung daran wurde ihr erneut ganz heiß. Seine Bemerkungen dagegen hatten sie bestimmt nicht bezaubert, die hatten sie eher wütend gemacht, weil sie so beleidigend waren.
Als es dann sieben Uhr war und Jeanette kam, um sie abzulösen, fühlte sie sich überhaupt nicht müde und sah dem nächsten Tag mit Freude entgegen. Olivia würde arbeiten müssen, aber Sylvie hatte bei ihrem Job als Pianistin in einer Bar tagsüber eine Menge freie Zeit. Vielleicht würde sie mit ihr und Gennie etwas unternehmen. Im März war es zwar noch etwas kühl, aber vielleicht konnten sie alle zusammen einen Einkaufsbummel machen.
Nachdem sie ihre Sachen zusammengesucht und ihren Parka angezogen hatte, ging sie zum Aufzug. Mit einem leisen „Kling“ öffneten sich die Türen – und sie fand sich Lily Forrest gegenüber. Aus irgendeinem unbestimmten Grund hatte sie das Gefühl, vor der Ärztin weglaufen zu müssen. Etwas lag in deren Gesichtsausdruck, das sofort ihre Wachsamkeit weckte.
„Zoey!“, rief Lily. „Sind Sie etwa auf dem Weg nach Hause?“
Sie nickte nur und hielt entschieden die Aufzugtür fest, die sich gerade wieder schließen wollte. „Hi, Lily. Ja, ich gehe nach Hause. Ich habe mit Jeanette die Schicht getauscht, deshalb habe ich jetzt Feierabend. Tut mir leid.“
„Aber nein, kein Grund für eine Entschuldigung“, wehrte Lily ab. „Dass Sie Feierabend haben, ist geradezu perfekt. Ich hätte es selbst nicht besser arrangieren können.“
Sie warf ihr einen vorsichtigen Blick zu, während die Aufzugtür gegen ihren Arm schlug. Lauf weg! Lauf, so lange noch Zeit ist, riet ihr eine innere Stimme.
„Sie wohnen doch in Haddonfield, nicht wahr?“, fragte Lily.
Sie nickte.
„Großartig.“ Lily strahlte sie an. „Ich bitte Sie nicht gern, aber da Sie in diese Richtung fahren, würden Sie mir einen Gefallen tun?“
„Was für einen Gefallen?“
„Würden Sie auf Ihrem Weg nach Hause in Tavistock eine Patientenakte abgeben?“
Erleichtert atmete sie auf und lächelte. „Aber sicher, kein Problem.“
„Die Akte ist gestern aus Versehen hier vergessen worden, und sie ist sehr wichtig für den Vortrag eines Arztes im National Institute of Health in Maryland, der heute stattfindet. Wenn er erst den ganzen Weg herfahren muss, wird er nicht pünktlich dort sein können.“
Lily reichte ihr einen Umschlag und schrieb ihr die Adresse auf einen Zettel. „Ich hoffe, dass es kein allzu großer Umweg für Sie sein wird.“
„Tavistock ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Ich mache jeden Abend meinen Spaziergang dorthin.“
Es ist nämlich eine sehr schöne Gegend, fügte sie in Gedanken hinzu, als sie den Zettel in ihrer Tasche verstaute. Große Villen standen dort, viele davon im viktorianischen Stil erbaut, mit perfekt gepflegtem Rasen und herrlichen Gärten mit alten Bäumen, die bis in den Himmel wuchsen. Sie liebte diese Gegend, in der es so ruhig und friedlich und einfach wunderschön war. Nach allem, was sie bisher in ihrem Leben erlebt hatte, waren das Dinge, nach denen sie sich immer sehnte.
„Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Zoey.“ Lily schob sich an ihr vorbei und lief schnell den Flur hinunter. „Ich mache das wieder gut“, rief sie über die Schulter zurück und verschwand dann um die Ecke.
Zoey winkte ab und trat in den Aufzug. Sie war viel zu gut gelaunt, um sich durch etwas aus der Ruhe bringen zu lassen. Immerhin lag ein langes Wochenende vor ihr, an
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