Baccara Exklusiv 53
habe ich die beiden gar nicht richtig gekannt. Julianas Vater war zwar mein Bruder, aber ich hatte ihn über dreißig Jahre nicht mehr gesehen.“
Dann müssen sie schon als Kinder getrennt worden sein, überlegte sie, wollte jedoch nicht mit neugierigen Fragen in ihn dringen.
„Es ist eine lange Geschichte“, sagte er, als hätte er ihre Scheu gespürt, und blickte erschöpft auf seine kleine Nichte. „Warum ziehen Sie nicht Ihren Mantel aus, und ich mache uns eine Tasse Kaffee und erzähle Ihnen, was geschehen ist.“
Jonas tat noch mehr, als nur eine Tasse Kaffee zu kochen. Er machte sich sorgfältig für seine Arbeit fertig, während Zoey sich um Juliana kümmerte. Zum ersten Mal seit Monaten ließ er sich Zeit beim Duschen und rasierte sich, ohne sich ein einziges Mal zu schneiden. Er bügelte sogar sein Hemd, ehe er es anzog. All das hatte er nur dem Umstand zu verdanken, dass zufällig Zoey heute Morgen bei ihm aufgetaucht war.
Er stieß mit ihr zusammen, als er nun aus seinem Zimmer kam und sie gerade aus Julianas trat. Spontan fasste er sie um die Schultern, und sie legte die Hände auf seine Brust, um ihre Balance wiederzufinden. Still blieben sie so stehen und hielten sich mit den Blicken gefangen. Jeder schien darauf zu warten, dass der andere den ersten Schritt tat. Doch dann zuckten sie beide beinahe gleichzeitig zurück und murmelten eine Entschuldigung.
Jonas bedeutete Zoey mit einer ausladenden Handbewegung, vor ihm die Treppe hinunterzugehen, und sie schloss leise die Tür des Kinderzimmers.
Erst als sie dann in der Küche waren, sprach er. Doch nur mit leiser Stimme, weil er fürchtete, dass sonst Juliana wieder wach werden würde.
„Sie hat noch etwas gegessen, während Sie sich angezogen haben“, erklärte Zoey, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Ich glaube, sie wird jetzt eine Weile schlafen.“
Er nickte, wenn er auch nicht ganz überzeugt war von ihren Worten. „Kaffee?“, fragte er.
„Gern.“
Er stellte zwei Becher mit dampfendem Kaffee auf den Tisch. „Sind Sie hungrig? Ich könnte Rühreier mit Speck machen.“
„Nein danke, ich werde später zu Hause etwas essen.“
Er schwieg, nippte an seinem Kaffee und starrte Zoey an. Wie gelang es ihr nur, so wunderschön auszusehen, wo sie doch gerade erst die Nachtschicht hinter sich gebracht hatte?
„Sie wollten mir etwas über Julianas Eltern erzählen“, erinnerte sie ihn. „Aber wenn Sie lieber nicht darüber sprechen möchten …“
„Nein, nein“, versicherte er schnell. „Das ist es nicht.“
„Was ist es dann?“
„Ich habe momentan Schwierigkeiten, mich mitzuteilen. Bitte entschuldigen Sie das. Aber seit Juliana hier ist, habe ich nicht sehr viel Schlaf bekommen.“
„Und seit wann ist sie hier?“
„Seit Neujahr“, erklärte er. „Mein Bruder Alex und seine Frau sind Weihnachten in Portugal bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ein paar Wochen nach Julianas Geburt. Sie haben ein Testament hinterlassen, in dem sie all ihren Besitz einer wohltätigen Einrichtung vermachen und erklären, dass ich das Sorgerecht für ihre Tochter übernehmen soll.“
„Und Sie haben Ihren Bruder seit Ihrer Kindheit nicht mehr gesehen?“, hakte Zoey vorsichtig nach.
„Nein. Wir standen allerdings immer in Verbindung, sodass wir wussten, wo der andere war oder was er tat. Unsere Eltern haben sich kurz nach meinem fünften Geburtstag getrennt, Alex war damals erst zwei. Ich habe bei unserem Vater in New York gelebt, und Alex ist mit unserer Mutter nach Europa zu ihrer Familie gezogen. Mein Vater hat dann wieder geheiratet, als ich zehn war, und ich habe meine Stiefmutter immer als meine richtige Mutter angesehen. Ich kann mich kaum an die Frau erinnern, die mir das Leben geschenkt hat.“
Zoey nickte verständnisvoll. „Ich habe meine Eltern verloren, als ich drei Jahre alt war, und habe gar keine Erinnerung an sie. Zwei Tanten haben mich aufgezogen. Sie waren zwar ganz nett, aber sie hatten keine Ahnung von den Bedürfnissen eines kleinen Mädchens. Als Folge davon war ich dann ein etwas … schwieriges Kind.“
Jonas musste lächeln. „Das überrascht mich nicht. Sie sind auch eine schwierige Erwachsene.“
Zoey fuhr auf, und ihre Augen blitzten.
Er lachte leise. „Es ist wirklich nicht schwierig, Sie wütend zu machen.“
Trotzig hob sie das Kinn. „Sie haben richtig Spaß daran, mich zu provozieren, nicht wahr?“
Da konnte Jonas ihr nicht widersprechen. Doch er wollte jetzt nicht mit Zoey
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