Baccara Exklusiv 56
frischer Duft. William stand so dicht bei ihr, dass sie die Bartstoppeln erkennen konnte, die jetzt, am Ende des Tages, wie ein feiner Schatten auf seinen Wangen lagen.
Wellen von Hitze durchströmten sie, und ihre Brüste wurden schwer.
Sie hätte einen Schritt zurücktreten sollen, um mehr Entfernung zwischen sich und William zu schaffen, aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
William richtete sich auf, drehte sich zu ihr, und ihre Blicke trafen sich.
„Sie haben eine großartige Auswahl an Sahnebonbons … Ich möchte … Was ich möchte, ist …“ Er brach ab. „Oh, zur Hölle …“
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, und dann beugte er sich langsam über sie. Sie erschauerte vor Erwartung. Endlich war der Augenblick gekommen, dass sie seinen Mund auf ihrem spüren würde, und sehnsüchtig und mit klopfendem Herzen öffnete sie die Lippen.
Ja, ja, dachte sie selig.
„Nein“, sagte William.
Sie riss die Augen auf. Er ließ sie ganz plötzlich wieder los und trat von ihr weg. Es war wie ein Schock für sie, und sie schwankte einen Moment.
Nein hatte er gesagt. Er wollte sie gar nicht küssen?
„Bailey, es wäre nicht fair, dich jetzt zu küssen, wenn ich so viele Bazillen mit mir herumtrage. Ich würde mich schrecklich fühlen, wenn ich dich anstecken würde.“ Er nahm ein Glas mit Pfefferminzbonbons aus dem Regal. „Ich kaufe die hier, und dann fahre ich mit meiner scheußlichen Erkältung nach Hause.“ Er hielt inne. „Ich will dich küssen. Ich hoffe, das weißt du. Himmel, das wünsche ich mir sogar sehr.“
„Oh.“ Sie lächelte. „Nun, dieser Wunsch ist gegenseitig.“
Er erwiderte ihr Lächeln, und einen langen Moment sahen sie einander in die Augen. Dann ging Bailey zurück hinter den Tresen, und William stellte sich wieder davor. Aber der Ladentisch erschien ihnen nicht mehr als Barriere. Ebenso gut hätte er unsichtbar sein können. Sie fühlten sich miteinander verbunden und von neuem eingesponnen in ein geheimnisvoll sinnliches Netz.
Nachdem er die Bonbons bezahlt hatte, griff William nach der Tüte. Er schmunzelte plötzlich, und dann breitete sich ein jungenhaftes Grinsen auf seinem Gesicht aus. Bailey sah ihn fragend an.
„Ich bin so verschnupft, dass ich kaum atmen kann“, erklärte er. „Du wärst in höllischen Schwierigkeiten gewesen, wenn ich ohnmächtig in deinem Laden zusammengebrochen wäre.“ Er lachte vergnügt auf.
„Was für eine verrückte Vorstellung!“, sagte Bailey und ließ sich von seiner Fröhlichkeit anstecken. „‚Ich habe ihn mit einem Kuss zu Boden gestreckt‘, würde ich meinen Kunden erklären und unschuldig hinzufügen: ‚Man tut eben, was man kann, wenn Sie verstehen, was ich meine …‘“
Sie mussten beide schallend lachen.
„Nun“, sagte William schließlich. „Bis demnächst.“
Bailey nickte.
„Tschüss.“
Sie nickte erneut. William rührte sich immer noch nicht.
„Bailey, würdest du gern am Samstagabend mit mir essen gehen? Ich schwöre, dass dann keine Bazille mehr in meinem Körper herumschwirren wird. Sieben Uhr?“
„Ja“, antwortete sie leise. „Ich stehe im Telefonbuch, Apartment 410. Und sieben Uhr ist mir recht.“
Wieder sahen sie sich sekundenlang an.
Dann drehte William sich um und trat zur Tür. Die Glocke ertönte, und im nächsten Moment war er gegangen.
Bailey lauschte in die plötzliche Stille. Es war so ruhig, als sei die Zeit stehengeblieben und sie würde durch die Luft schweben, immer höher und höher …
„Komm wieder auf den Teppich, Bailey“, rief sie sich laut zur Ordnung. „Du bist hier in keinem Märchenland, sondern in Phoenix, Arizona.“
Doch es half nichts. Ihr drehte sich der Kopf, sie fühlte sich völlig durcheinander. Fast kam es ihr so vor, als habe William ihr mit seinem Erscheinen den Boden unter den Füssen weggerissen.
Dabei war dieser Boden ein solides und starkes Fundament gewesen. Sie hatte ihre Entscheidungen wohlüberlegt getroffen und den Weg, den sie ging, selbst gewählt. All ihre Energie war auf den weiteren Erfolg und das Wachstum von „Sweet Fantasy“ gerichtet. Es gab keinen Platz in ihrem Leben für eine ernsthafte Beziehung, einen Ehemann und Kinder.
Sie war gut zurechtgekommen … bis William aufgetaucht war. Sie hatte sich ausgefüllt gefühlt und alles gehabt, was nötig war, um zufrieden zu sein … bis sie William getroffen hatte. Die Vorstellung, dass sie nicht nur allein, sondern auch einsam sein könnte, war ihr nie in den Sinn
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