Baccara Exklusiv 56
deinem Kopf sicher helfen und dich aufmuntern, einen Happen zu essen.“
„Danke, aber ich habe keinen Hunger.“
„Das ist keine Entschuldigung, Liebes. Iss. Ich öffne derweil den Laden und kümmere mich um alles. Nimm du dir deinen Kaffee und einen Doughnut, und dann entspannst du dich im Hinterzimmer. So kannst du den Tag noch einmal neu beginnen.“
Bailey entschied, dass es leichter war, etwas zu essen, als zu widersprechen. Ihre Mutter mochte zehr zerbrechlich wirken, doch sie konnte überraschend hartnäckig sein.
„In Ordnung, Mom.“ Sie lächelte. „Ich tue, was du sagst.“ An der Tür zum Hinterzimmer blieb sie noch einmal stehen. „Ruf mich, wenn du mich brauchst.“
Deborah scheuchte sie hinein.
Bailey hatte das Hinterzimmer so eingerichtet, dass es möglichst viel Lagerraum bot, aber noch genügend Platz für einen kleinen Kühlschrank, eine Mikrowelle, einen Tisch und Stühle gelassen.
Damit jeder Zentimeter der Regale an den Wänden für Gläser, Dosen und Beutel genutzt werden konnte, hingen die unzähligen Körbe an Bambusketten unter der Decke.
Müde sank Bailey auf einen der Stühle am Tisch und trank einen Schluck von dem heißen Kaffee. Im nächsten Moment fuhr sie hoch, da die Glocke an der Vordertür ertönte. Doch schnell entspannte sie sich wieder, weil sie wusste, dass ihre Mutter sich ja um den Kunden kümmern würde.
Deborah war bei „Sweet Fantasy“ förmlich aufgeblüht. Nach dem Tod von Baileys Vater war sie mehr und mehr in sich zusammengefallen und schien in kürzester Zeit um Jahre gealtert zu sein.
Und jetzt? Bailey lächelte liebevoll. Nun glühte ihre Mutter, war voller Energie und Antriebskraft und widmete sich begeistert der Weiterentwicklung von „Sweet Fantasy“. Sie fühlte sich wieder ausgefüllt und gebraucht, und das Glück, das sie ausstrahlte, war echt.
Bailey biss ein Stück von ihrem Doughnut ab und starrte vor sich hin.
Irgendwie ist es seltsam, dachte sie, dass ein Geschäft, das doch kein Mensch ist, einem so viel geben kann. Millie, eine verwitwete Freundin ihrer Mutter, die zwei Collegestudentinnen, die hier Teilzeitjobs hatten, und sie selbst … sie alle hatten bei „Sweet Fantasy“ genau das gefunden, was sie gesucht hatten.
Sie jedenfalls war ausgesprochen glücklich. Nicht wahr? Die Jahre der harten Arbeit und ausgiebigen Nachforschungen zahlten sich mehr und mehr aus, und ihr Leben ließ keine Wünsche offen. Oder?
Sie hatte plötzlich einen trockenen Hals, trank rasch noch einen Schluck Kaffee und biss noch ein Stück von ihrem Doughnut ab.
Wenn sie so rundum zufrieden war, hätte sie gern gewusst, warum ihr so viele unbeantwortete Fragen durch den Kopf gingen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor ihr Leben dermaßen in Zweifel gestellt zu haben. Dabei hatte sie erst gestern gedacht, sie habe diese merkwürdigen Stimmungsanwandlungen wieder unter Kontrolle gebracht. Aber sie fühlte sich immer noch völlig durcheinander und wie aus der Bahn geworfen.
Sie kniff die Augen zusammen und schob die Lippen vor.
Dieses Hin und Her, und Auf und Ab ihrer Gefühle ging jetzt so, seit sie William Lansing kennengelernt hatte.
Sag die Verabredung am Samstag ab, flüsterte eine innere Stimme ihr zu. Weigere dich, den Mann noch mal zu treffen.
Aber du wünschst dir doch, dass William in diesem Moment zur Tür hereinkäme, und du willst doch am Samstagabend mit ihm zusammen sein. Diese zweite Stimme war bedeutend stärker als die erste.
Denk daran, dass „Sweet Fantasy“ all deine geistige und körperliche Kraft braucht, erwiderte die erste Stimme.
Aber ist dir „Sweet Fantasy“ wirklich genug?, forderte die stärkere Stimme sie heraus.
Bailey trank ihre Tasse leer. Dann ging sie nach vorn in den Laden, entschlossen, ihre Verwirrung zu ignorieren.
Der Tag schien endlos zu sein. Baileys Kopfschmerzen ließen zwar nach, aber ihre Stimmung besserte sich nicht. Ihr Lächeln wirkte gezwungen und sah wie aufgemalt aus.
Deborah verließ das Geschäft eine Stunde vor Schluss, weil sie einen Zahnarzttermin hatte, während Bailey die letzten Kunden bediente und die Regale auffüllte. Dabei sah sie immer wieder auf die Uhr und beschwor sie, schneller zu ticken. Sie wollte diesen Arbeitstag, der ihr so gar keinen Spaß gemacht hatte, endlich hinter sich bringen.
William ging den Bürgersteig entlang zu „Sweet Fantasy“. Mit seinen langen Beinen kam er zwar schnell voran, dennoch warf er böse Blicke auf die freien Parkplätze, an
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