Baccara Exklusiv Band 04
konnte das Gefühl von Verrat, das Karen empfand, fast körperlich spüren.
Niemals in seinem Leben war er sich so hilflos vorgekommen. Er wusste einfach nicht, was er als Nächstes tun sollte. Und so tat er das, was ihm in solch einer Situation ganz natürlich erschien. Er streckte die Arme nach Karen aus und drückte sie tröstend an sich.
Sie widersetzte sich ihm nicht, nahm seinen Trost aber auch nicht an. Steif stand sie in seinen Armen und so leblos wie einer der abgebrochenen Äste, die überall im Hof herumlagen. Selbst als er auf ihre Nähe, ihren Duft und ihren warmen Körper mit Erregung reagierte, schien sie sich von ihm zurückzuziehen, und das nicht nur seelisch, sondern auch physisch.
Er verstand. Er verlor nicht nur die Ranch, er verlor auch die einzige Frau in seinem Leben, die ihm jemals etwas bedeutet hatte. Es war, als sei ihre Beziehung untrennbar mit dem Erfolg der Ranch gekoppelt. Wenn er die Red Canyon verlor, verlor er auch Karen.
Dabei hätten sie sich gegenseitig Trost und Unterstützung sein sollen, gerade jetzt, wo ihre sorgfältig ausgearbeiteten Pläne gescheitert waren. Ihre gemeinsamen Pläne, die ebenso ihre wie seine Zukunft betrafen.
Die Ranch aufgeben zu müssen, war nicht nur für Karen ein schmerzlicher Verlust. Er hatte begonnen, ihren verrückten Traum zu teilen, hatte wie sie Hoffnung und Energie daraus geschöpft. Es zerriss ihm fast das Herz, wenn er an die Bulldozer dachte, die das Haus niederwalzen würden, das er so sorgsam hergerichtet hatte und dessen Garten sie gemeinsam bepflanzt hatten. Aber Karen war offensichtlich nicht bereit, ihre Trauer mit ihm zu teilen. Es kam ihm schon so vor, als sei er dazu verurteilt, den Schurken in diesem Drama zu spielen.
Das ist nicht fair! schrie er innerlich auf, und seine Verzweiflung schlug in Zorn um. Auch wenn Karen es nicht absichtlich tat, so verübte sie doch eine Art emotionaler Erpressung auf ihn aus. Sie benutzte ihre starke Macht über ihn, um ihn zu zwingen, gegen jede Vernunft zu handeln. Begriff sie denn nicht, dass ihm keine andere Wahl blieb, als die Ranch zu verkaufen?
Er streichelte ihr Haar, und sein Zorn auf sie verebbte langsam. Vielleicht konnte sie sich ihm in diesem Moment nicht nahe fühlen, wenn sie so hartnäckig gegen sein Vorgehen war. Mit der Zeit würde sie ihn hoffentlich verstehen, und sie würden wieder zueinander finden. Er wünschte sich eine gemeinsame Zukunft mit ihr, und es war das erste Mal, dass er sich diesen Wunsch eingestand.
Werd nicht sentimental, Shaner, rief er sich zur Ordnung. Er war schließlich Geschäftsmann, und er hatte eine geschäftliche Entscheidung getroffen.
Sanft schob er Karen von sich. "Ich muss den Verkauf vorantreiben, wenn wir die Kündigung vermeiden wollen. Ich kann zwar den Tag, an dem SunnyLand hier mit Bulldozern erscheint, noch etwas hinauszögern, aber nicht mehr allzu lange. Wir sollten lieber den Transport der Vögel in ihr neues Zuhause arrangieren."
Halb erwartete er, Karen würde ihn wütend anfauchen, so wie beim letzten Mal, als sie über den Verkauf der Ranch gesprochen hatten.
Sie aber straffte die Schultern und blickte ihm fest in die Augen, fast als wollte sie ihm beweisen, dass sie genauso sachlich und geschäftsmäßig sein konnte wie er. "Okay. Sie gehen auf die Deever-Farm, richtig?" fragte sie. Es handelte sich dabei um eine Straußenfarm hundert Meilen weiter nördlich. Der Besitzer hatte sich bereit erklärt, ihre Vögel zu übernehmen, falls SunnyLand die Ranch kaufte.
"Richtig."
"Was ist mit den Eiern und den Küken?"
"Die sind bei der Abmachung nicht mit eingeschlossen", erklärte er. "Darum werden wir uns selbst kümmern müssen. Gibt es eine Möglichkeit, die Eier gefahrlos zu transportieren?"
"Ich weiß es nicht. Ich werde mich erkundigen."
Karen drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort ins Büro. Der einzige Hinweis auf ihre Gefühle war, dass sie die Tür hinter sich zuknallte.
11. Kapitel
Als Karen am nächsten Morgen aufwachte, schmerzte ihr Kopf von ungeweinten Tränen, und ihr Herz fühlte sich schwer wie ein Stein in ihrer Brust an. Aber sie war entschlossen, die Tränen auch weiterhin zurückzuhalten. Weinen war etwas für Versager, und sie hatte ihr Leben bisher immer gemeistert. Energisch warf sie die Bettdecke zurück und stand auf. Sie würde sich jetzt einen schönen, starken Kaffee brauen.
Im Flur blieb sie dann plötzlich stehen, als der Duft von gebratenem Speck aus der Küche zu ihr
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