Baccara Exklusiv Band 04
herumlaufen."
"N…nein", meinte Chelsey gedehnt. "Aber es könnte eine Laura und eine Chelsey geben."
Laura bekam eine Gänsehaut. "Oh nein! Keine Chance! Ich kann mich unmöglich für dich ausgeben!"
"Natürlich kannst du das. Wenn ich dir ein paar meiner tief ausgeschnittenen Kleider gebe …"
"Die ganze Sache ist schon ohne mich kompliziert genug."
"Es wäre doch nur für kurze Zeit. Ein oder zwei Tage – höchstens. Du warst als Kind immer so korrekt, nie wolltest du den Leuten mal einen Streich spielen, dass sie uns verwechseln. Ich finde, du schuldest mir da etwas …"
Ich schulde dir noch viel mehr, sagte sich Laura und dachte an all die Hundeund Katzenbabys, die Chelsey wegen Lauras Asthmas nicht hatte haben dürfen, an all die Softballspiele, Talentwettbewerbe und Schwimmfeste, die ihre quicklebendige Schwester versäumt hatte, weil sie bei ihr im Krankenhaus gewesen war. Sie dachte an ihren zwölften Geburtstag unter dem Sauerstoffzelt …
Aber zwei erwachsene Frauen, die ihre Identität tauschten? Das war doch vollkommen verrückt!
"Als deine ältere Schwester …"
"Um zwei Minuten. Zwei lausige Minuten!"
"… sollte ich diesem Unsinn sofort Einhalt gebieten."
"Bitte, Laura", flehte Chelsey und machte große, herzerweichende Augen. Dieser treuselige Seehundblick hatte Laura schon oft genug gegen ihre Vernunft handeln lassen.
"Aber als deine dich liebende Schwester … Einverstanden!" Laura seufzte ergeben. "Du kannst ja schon mal anfangen, mich Chelsey zu nennen."
Chelsey strahlte über das ganze Gesicht und fiel ihr überschwänglich um den Hals. "Du bist ein Schatz! Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann. Nun komm! Ich kann es kaum erwarten, dich mit Luke bekannt zu machen. Er war heute Abend auch hier, aber nach meiner Rede ging er weg, um seinen Onkel zu suchen. Dabei war der einzige Grund für meinen Auftritt vorhin der, dass ich Adam Barnhart damit beeindrucken wollte. Aber der alte Miesepeter ist überhaupt nicht aufgetaucht."
Entschieden schob Chelsey sie zur Tür. Doch plötzlich hielt sie inne und musterte sie von oben bis unten.
"So geht das nicht! Wir müssen irgendetwas mit dir machen. Sieh dir bloß mal an, was du trägst!"
Laura strich über den Kragen ihres Leinenjacketts. "Das ist zufällig ein Designerkostüm, Chelsey! Aus der exklusivsten Boutique in Bennington Falls."
"Bennington Falls! Der Nabel der Modewelt!" Chelsey verdrehte die Augen. "Wir haben jetzt keine Zeit mehr, dir etwas anderes zu besorgen, aber zieh wenigstens dieses grässliche Jackett aus!"
Unbarmherzig streifte sie es ihr von den Schultern. Als sie das teure Designermodell dann zusammengeknüllt in ihre Tasche stopfte, stieß Laura einen kleinen Protestschrei aus. Doch Chelsey öffnete ihr nonchalant ein paar Knöpfe an der Bluse. "Na bitte! Nicht perfekt, aber für heute reicht das."
"Chelsey!" Entsetzt blickte Laura auf ihr entblößtes Dekolletee und wollte den Schaden beheben, doch Chelsey klopfte ihr auf die Finger.
"Mach dir keine Sorgen, du siehst wunderbar aus." Sie nahm sie noch einmal kurz in den Arm und strahlte sie an. "Oh, Laura, ich danke dir! Du wirst es nicht bereuen, mir bei dieser Sache zu helfen."
"Ich bereue es jetzt schon", murmelte Laura und hatte gerade noch Zeit, sich ihre Tasche zu schnappen, bevor Chelsey sie aus dem Waschraum bugsierte.
Die Lobby war beinahe ebenso verlassen wie bei Lauras Ankunft. Einige wenige Gäste schlenderten noch vor der offenen Tür des Festsaales herum, unter ihnen ein blonder junger Mann mit dunklem Jackett und verknitterter Krawatte, der etwas verloren um sich spähte.
"Das ist mein Luke", flüsterte Chelsey ihr ins Ohr und zeigte auf den blonden Mann.
"Oh." Mehr brachte Laura nicht heraus. Er erschien ihr so … jung.
Als sie dann durch die Lobby zu ihm gingen, murmelte Chelsey auf einmal: "Oh je! Es scheint, dass der gute alte Adam doch noch aufgetaucht ist."
Laura reckte den Hals. Wen meinte Chelsey? Ein kleiner grauhaariger Mann, der aussah wie eine Bulldogge, stand links von Luke, entfernte sich dann jedoch mit einer drallen Rothaarigen Richtung Fahrstuhl. Der einzige Mann, der sonst noch in Frage kam, stand mit dem Rücken zu ihr. Sie sah die breiten Schultern und ein weißes Dinnerjackett, das ihr irgendwie bekannt vorkam – und plötzlich schlug ihr das Herz bis zum Hals.
"Chelsey …", begann sie und versuchte, stehen zu bleiben.
Doch Chelsey trieb sie weiter und rief laut und fröhlich: "Hallo, Leute! Seht mal, wer
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