BACCARA EXKLUSIV Band 40
sein Problem. Jedenfalls wollte er es auf keinen Fall zu seinem machen. Er wollte nicht bemerken, dass die Frau, die mutig genug gewesen war, um sich ihren Weg durch einen Schneesturm zu bahnen und ihn mit einem gezielten Kinnhaken matt zu setzen, nach dem Verschwinden des Jungen nun ganz geknickt dasaß.
Er rieb sich sein Kinn, das noch immer vom Hieb ihrer kleinen Faust schmerzte. Und er haderte noch immer mit sich, dass er sich, und die beiden, in diese Lage gebracht hatte.
Er verteufelte seinen Freund J. D. Hazzard mit seiner Schnapsidee. Und dann die Post, weil die seinen Brief, mit dem er alles hatte abblasen wollen, offenbar nicht rechtzeitig zugestellt hatte. Doch schließlich hatte er ganz allein Schuld. Auch wenn J. D. ihm die Sache eingeredet und der Whiskey, dem sie in jener Schicksalsnacht zugesprochen hatten, ein Übriges getan hatte, so war er es ganz alleine, der einer Schwäche nachgegeben hatte. Und nun musste er sich mit dem Resultat befassen.
Die beiden konnten natürlich nicht bleiben. Aber gehen konnten sie auch nicht. Jedenfalls nicht heute Nacht. Nicht bei diesem Schneesturm. Doch gleich morgen früh würde er es ihr sagen. Es tat ihm zwar leid, dass sie die weite Reise gemacht hatte, aber er konnte ja nichts dafür, dass sie seinen Brief nicht bekommen hatte. Wie auch immer, er würde sie die dreißig Meilen nach Bordertown fahren und in den ersten Bus zurück nach L. A. setzen.
Eine unbehagliche Stille hatte sich im Blockhaus ausgebreitet. Eigentlich hatte er Barbara Kincaid ignorieren wollen, doch da stand sie plötzlich auf, um dem Jungen nachzugehen.
„Er wird sich schon beruhigen“, sagte er, als sich ihre Blicke kreuzten. Ihre Augen waren so strahlend grün wie der Wald im Frühling, und doch lag ein Ausdruck in ihnen wie hundert kalte Winter.
„Er kann dort draußen erfrieren.“ Ihre Stimme klang besorgt und müde, genau wie es ihr Blick war. Sie war zu jung für einen so abgeklärten Augenausdruck. Und sie war zu erschöpft, um ihre Verletzlichkeit erfolgreich mit einem losen Mundwerk zu verbergen.
„Er wird lange zurück sein, ehe es dazu kommen könnte.“
„Er könnte sich verirren.“
„Auch dazu ist er viel zu clever. Er wird sich schon fangen“, wiederholte er mit einer Freundlichkeit, die ihn selbst erstaunte. „Bei der Kälte draußen wird es nicht lange dauern, bis er sich wieder einkriegt.“
Müde lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Auch die größte Kälte wird nicht reichen, um Marks ganze angestaute Wut abzukühlen.“
„Warum, zum Teufel, haben Sie ihn dann hierher gebracht?“ Die Frage war ihm entschlüpft, ehe er sich hätte bremsen können. Dabei wollte er doch gar nicht wissen, warum sie hergekommen waren. Er wollte nichts über Barbara Kincaid wissen – bis sie den Kopf hob und er erneut in diese grünen Augen blickte.
„Vielleicht aus den gleichen Gründen, weswegen Sie die Anzeige geschaltet haben.“
Ihre Menschenkenntnis war alarmierend. Er hatte vermutet, dass sie aus Verzweiflung hergekommen war. Jetzt gab sie ihm zu verstehen, dass sie wusste, dass er selbst aus Verzweiflung annonciert hatte. Es behagte ihm gar nicht, dass jemand ihn so leicht durchschaute. Und noch weniger behagte ihm, dass er ihre Motive verstand.
Sie lief vor irgendetwas davon, da war er sich sicher. Er wollte aber lieber nicht wissen, wovor. Das würde ihm helfen, Distanz zu wahren. Und Distanz war das einzig Vernünftige, was zwischen ihnen existieren konnte.
Als sie sich am Sofa festhielt, weil sie plötzlich schwankte, merkte er, dass er vor lauter Panik, sie nicht an sich heranzulassen, das Nächstliegende vergessen hatte.
„Setzen Sie sich hin“, befahl er barsch. „Sie brauchen dringend etwas zu essen.“ Und er brauchte mehr Abstand. Und Zeit, um zu überlegen, was er mit ihr machen sollte.
Missmutig runzelte er die Stirn. Eben noch hatte er genau gewusst, was er machen würde. Nämlich, sie nach L. A. zurückschicken. Aber das war, ehe er ihr tief in die Augen gesehen und einen Blick in ihre Seele erhascht hatte, die nur allzu sehr seiner eigenen ähnelte.
Abel beobachtete Barbara Kincaid von der Küche aus, während er einen kräftigen Eintopf aufwärmte. Statt über alles Mögliche zu jammern – angefangen von der Kälte bis hin zu seiner mürrischen Laune –, sagte sie kein Wort. Noch immer frierend, kuschelte sie sich zusammen und zog seine Decken fester um sich.
Erneute verwünschte er J. D. Hazzard. Seit seiner Hochzeit mit Maggie
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