BACCARA EXKLUSIV Band 49
hatte. Andererseits würde nicht das Leben anderer Menschen von ihr abhängen.
Sie würde auch nicht in Gefahr geraten, was Tony vermutlich in Begeisterungsausbrüche versetzen würde. Deshalb hatte sie es bisher noch nicht erwähnt. Sie wollte keine Hoffnungen in ihm wecken, solange sie sich noch nicht endgültig entschieden hatte.
Noch ein Monat. Dann war ihre Ausbildung zu Ende, ihre Wahl getroffen, und sie konnte sich auf Tony konzentrieren. Es musste doch möglich sein, bis dahin durchzuhalten.
„Hier bin ich aufgewachsen“, erklärte Delia fröhlich, als Tony in die Einfahrt des riesigen weißen Hauses einbog, das einmal ihr Heim gewesen war. Sie wusste, dass es beeindruckend wirkte und jedem zeigte, dass sie aus einer reichen Familie stammte. Nun beobachtete sie, wie Tony darauf reagieren würde, aber er zuckte mit keiner Wimper.
„Was für ein wundervoller Nachmittag“, versuchte sie es wieder, während sie ausstiegen. Es war einer diesen warmen, trockenen Junitage, die wie geschaffen waren, um draußen zu sein. „Ich bin so froh, dass das Wetter mitspielt.“
„Hm“, stimmte Tony ihr abwesend zu.
Delia fragte sich irritiert, was sie noch tun sollte, um ihn aufzumuntern. Er war schon vorher schweigsam gewesen, aber das heute war der Gipfel. Seit er sie vor einer Viertelstunde abgeholt hatte, hatte sie höchstens drei Worte aus ihm herauslocken können.
Doch Delia wollte trotzdem den Nachmittag genießen. Also bemühte sie sich um ein Lächeln, nahm Tonys Hand und führte ihn in den Garten, wo die Party in vollem Gange war.
Delias Onkel bemerkte sie sofort und eilte ihnen entgegen. Tab schien sich wirklich zu freuen, sie beide zu sehen. Er mochte Tony, ganz gleich welche Meinungsverschiedenheiten sie in der Vergangenheit gehabt hatten.
Der Rest der Shenniker-Familie trat nun zusammen und hieß Tony willkommen. Bald saßen er und Delia an einem Tisch, der vollgestellt war mit Rippchen, Bohnen und Kartoffelsalat. Sie freute sich über die Wärme, die ihre Verwandten Tony entgegenbrachten, war aber nicht überrascht. Vor Jahren hatten diese Menschen sie selbst genauso herzlich aufgenommen.
Wieder beobachtete sie Tony verstohlen, aber er zeigte keine andere Reaktion als höfliches Nicken und murmelte gelegentlich „Nett, Sie kennenzulernen“, oder „Danke“. Ihre Familie würde ihn vermutlich für eine echte Niete halten.
Sie hätte sein Verhalten gern Nervosität zugeschrieben, doch sie wusste, dass etwas anderes ihm zu schaffen machte. Wenn er sich ihr bloß öffnen würde!
Statt noch mehr nutzlose Versuche zu starten, Tony aus seiner Reserve zu locken, konzentrierte sich Delia lieber auf ihren Onkel. Unwillkürlich musste sie lächeln. Es war erstaunlich, wie er sich verändert hatte. Nachdem er endlich die Tatsache akzeptiert hatte, dass Delia zur Polizei wollte, war er nun ganz begeistert davon. Stolz erzählte er jedem der dreißig oder mehr Gäste, dass seine „kleine Dee“, in seine Fußstapfen treten würde.
„Möchtest du noch ein Stück Apfelkuchen?“, fragte Delia Tony. Unpersönliche Konversation war besser als gar nichts.
Er überraschte sie mit einem Grinsen, obwohl auch das gezwungen wirkte, und streichelte ihre Hand, die auf seinem Unterarm lag. „Delia, wenn ich noch mehr esse, platze ich.“
„Ich schätze, das bedeutet, nein.“ Sie schob ihren eigenen Teller weg, obwohl sie ihr Essen kaum angerührt hatte.
Sie hatten den Tisch für sich, da die meisten anderen gerade Volleyball spielten. Sogar Delias Großmutter machte mit, indem sie sich mit einer Hand auf ihren Stock stützte und mit der anderen wild nach allem schlug, das in ihre Nähe kam.
„Was hältst du von Onkel Tabs Meinungsänderung?“
„Du musst ihn einer Gehirnwäsche unterzogen haben“, antwortete Tony offen. „Vor ein paar Wochen wäre er noch jedes Mal fast in Tränen ausgebrochen, wenn jemand deinen Berufswunsch erwähnte. Und nun gibt er damit an, dass die Shenniker-Familie eine Polizeidynastie gründen wird.“
Diese lange Rede von Tony fand Delia ermutigend. „Es ist wirklich ein Wunder, aber es war keine Gehirnwäsche“, erklärte sie. „Er hat einfach entschieden, das Beste aus der Situation zu machen, und er behauptet, du wärst derjenige, der ihm dazu geraten hat.“
„So was Ähnliches habe ich wohl gesagt“, murmelte Tony.
Etwas in Delia zog sich zusammen. „Ich wünschte, du würdest deinem eigenen Rat folgen“, erwiderte sie ohne nachzudenken.
„Ich versuche es“,
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