BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
die sie gesehen hatte, waren besser ausgestattet. Sie sprach den Gedanken laut aus. Er grunzte nur.
„Wenn Sie verschwinden wollen, tun Sie sich keinen Zwang an. Rudern Sie einfach den gleichen Weg zurück und lassen Sie das Boot dort. Es wird wohl kaum jemand kommen und es stehlen.“
„Ach ja, einfach davonrudern und Sie hier liegenlassen als Futter für die Hyänen und Bussarde.“
„Sie haben die Alligatoren vergessen.“
„Und die Stechmücken.“ Gereizt schlug sie mit der Hand in die Luft, wo gerade ein ganzer Schwarm auf sie zuflog, und wusste nicht, was sie mehr hasste, ihr nervtötendes Summen oder die juckenden Schwellungen, die ihre Stiche verursachten.
Schließlich sprang sie ans Ufer. Diesmal landete sie sogar sicher auf ihren Füßen.
„Falls Sie auf Applaus warten, vergessen Sie’s“, bequemte er sich nach etwa einer halben Minute zu sagen. „Wie wär’s, wenn Sie mir helfen würden, auch auf die Füße zu kommen?“
„Warum bleiben Sie nicht einfach eine Weile liegen? Sie brauchen doch bestimmt ein bisschen Erholung.“
„Was ich brauche, ist eine Möglichkeit, mich zu erleichtern. Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt bin.“
Sie errötete. Dabei hatte sie mit fünfzehn Jahren schon mehr vom Leben gesehen gehabt, als viele Frauen in ihrem ganzen Leben. Sie war eine Frau mit Erfahrung. Und dennoch errötete sie jetzt. Doch zum Glück war ihr Gesicht so schmutzig und entstellt durch die Allergie, dass man es bestimmt nicht sah. In L. A. hätte man sich über sie totgelacht.
Den Kerl zum Stehen zu bringen, stellte sich als fast ebenso schlimme Prozedur heraus, wie ihn tags zuvor ins Boot zu schaffen.
„Können Sie eigentlich schwimmen?“ Sie stand an einen Baum gelehnt und inspizierte ihre Handflächen nach Anzeichen einer Infektion.
Lyon bewegte sich vorsichtig auf die mit niedrigem Gebüsch bewachsene Stelle zu, hinter der der Graben lag, den er erst gestern ausgehoben hatte. „Ja. Warum?“ Er mochte es nicht, Fragen gestellt zu bekommen. Auch nicht von einer Frau mit fantastischer Figur und ellenlangen Beinen.
„Weiß nicht. Hab’ nur so gefragt.“
„Das lassen Sie mal besser. Wie gesagt, wenn Sie verschwinden wollen, kein Problem.“
„Ist dort die Toilette?“ Sie deutete auf das Gebüsch. „Ich müsste mich auch mal frisch machen. Wenn Sie fertig sind.“
Sie wollte sich frisch machen. Aber ja doch. „Ich werde ein frisches Handtuch für Sie herauslegen.“
Sie wurde rot. Er merkte es und musste lächeln. Der Schweiß lief in Strömen an ihm herab, und mit jedem Atemzug schien sich ein Messer in seinen Rücken zu bohren, aber er lächelte.
„Warum laufen Sie nicht einfach zehn Meter in irgendeine Richtung, dann sind Sie garantiert unbeobachtet. In dem kleinen Metallkoffer ist Papier, Handtuch, Seife. Allerdings werden Sie mit dem Flusswasser vorlieb nehmen müssen. Ich fürchte, die kommunale Wasserversorgung reicht noch nicht bis hierher.“
Sie war schon auf dem Weg. Ihre Hände hielt sie dabei vor dem Körper, als ob sie immer noch höllisch wehtäten. Was wohl auch der Fall war. „Und waschen Sie Ihre Hände gut mit Seife. Ich mache Ihnen dann einen Verband, okay?“, rief er ihr nach.
Offenbar nahm sie ihn beim Wort, denn er hörte kurz darauf ein Stöhnen. Nun ja, Wasser und Seife auf rohem Fleisch, das war ganz schön hart.
Aber so war nun mal das Leben.
Und dann fiel ihm ein, dass sie beide seit gestern nichts mehr gegessen hatten außer einem halben Schokoriegel.
Das Frühstück bestand aus Würstchen aus der Dose, kaltem Chili aus der Dose und ungekühltem Bier.
„Tut mir leid“, erklärte Lyon, „aber ich habe keine Cola oder Brause. Das Zeug rühre ich nicht an. Zu viele Chemikalien.“
Jasmine zog die Nase kraus, betastete ihre juckende Wange und rieb sie vorsichtig mit ihrer verbundenen Hand. „Schon gut. Ich wollte schon immer mal Bier zum Frühstück versuchen.“
„Das Flusswasser ist wahrscheinlich trinkbar, aber ich gehe lieber auf Nummer sicher.“
Sie nickte. „Sie haben mir noch gar nicht erzählt, was Sie ganz allein nach hier draußen verschlagen hat“, sagte sie nach einer Weile.
„Hab’ ich nicht? Hm. Was macht eigentlich Ihre Allergie? Juckt es immer noch?“
„Nicht, solange Sie mich nicht daran erinnern.“
„Möchten Sie zum Nachtisch einen Kaffee?“
„Aus warmem Bier gemacht?“
„Kostbares Bier kann ich dafür nicht verschwenden. Ich habe nur ein Dutzend Sechserpacks
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