BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
umbrachte. Auf keinen Fall wollte sie hier im Sumpf die Nacht verbringen, ohne wenigstens eine Taschenlampe zu haben.
„Machen Sie eine Pause.“
„Das hilft nichts.“
„Doch, warten Sie. Ich habe ein Taschentuch. Holen Sie es aus meiner Gesäßtasche, reißen Sie es in zwei Hälften und verbinden Sie damit Ihre Hände.“
Aber sie wollte nicht aus dem Rhythmus kommen, nun da sie endlich einen Rhythmus gefunden hatte. Er hatte ihr doch tatsächlich das Rudern beigebracht. Jedenfalls wusste sie jetzt so viel darüber, dass sie so bald nie wieder einen Fuß in ein solches Boot setzen würde.
„Na, kommen Sie, Jasmine. Ich will nicht, dass Sie hier alles vollbluten.“
„Ach, Sie haben wohl Angst, das könnte die Alligatoren anziehen?“ Oh, nein, jetzt war sie aus dem Rhythmus gekommen! Eines der Ruder riss an ihrem Arm, und sie stieß unwillkürlich einen Fluch aus. Tränen liefen ihr über die Wangen und verstärkten natürlich sofort den Juckreiz.
„Wenigstens wird meine Großmutter sich keine Sorgen machen, wenn in der Zeitung steht ‚Hollywoodstar im Sumpf vermisst – möglicherweise tot‘.“
3. KAPITEL
Es begann zu dämmern, als Lyon die Augen öffnete. Darauf bedacht, sich nicht zu bewegen, holte er vorsichtig Luft. Er hatte immer noch Schmerzen, überall, und wo er keine Schmerzen hatte, tat es weh. Ein feiner Unterschied, aber bedeutsam.
Ein fünf Meter langes Boot war wahrhaftig kein geeigneter Ort, um die Nacht zu verbringen, schon gar nicht, wenn es sich um ein offenes Ruderboot handelte. Und besonders dann nicht, wenn man solche Rücken- und Knieprobleme hatte wie er.
Außerdem war es erst Februar. Die Temperatur war über Nacht gesunken, sicherlich auf unter zwanzig Grad.
Sie hatten angehalten, weil Jasmine die Hände so sehr geschmerzt hatten. Ihm war klar geworden, dass sie sein Camp nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit erreichen würden. Also hatte er beschlossen, dass sie lieber blieben, wo sie waren, um nicht das Risiko einzugehen, im Dunkeln einer falschen Abzweigung zu folgen. Besser war, sie schlafen zu lassen. Und dann war er selbst eingeschlafen. Das war nicht gerade schlau gewesen. Aber seine Möglichkeiten waren zurzeit eben sehr begrenzt.
„Oh, zum Teufel“, brummte er und blickte verschlafen auf die Frau, die immer noch regungslos zusammengerollt im Heck lag. Er hatte ihr die Ärmel herabgestreift und sein Bestes getan, wenigstens ihre nackten Beine so weit wie möglich mit ihrer Tasche zu bedecken.
„Aufwachen“, rief er.
Sie stöhnte nur und versuchte, die Knie bis unters Kinn hochzuziehen. Ihre mittlerweile total verschmutzten weißen Shorts waren eigentlich nicht knapp bemessen. Aber wenn man so lange Beine hatte, setzten selbst Radlershorts sehr viel Haut den Elementen aus. Und den Blicken anderer. Momentan seinem.
„Jasmine. Kehren Sie zurück zu den Lebenden. Wir müssen uns irgendwie warm machen.“
„Drehen Sie die Heizung an.“
„Ja, genau. Tun Sie das. Sie sitzen näher am Thermostat.“
Sie öffnete ein Auge – das andere war zugeschwollen – und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Ich schätze, wir sind ungefähr eine Meile östlich von Graceland.“
„Ah, ja?“ Sie kratzte sich an der Wange, dann am Knöchel. Und lächelte. Eine Frau, die erwachte, der kalt war, die einen Juckreiz und ein zugeschwollenes Auge hatte und die dennoch lächelte, war gefährlich sympathisch.
Sie gähnte und setzte sich auf. „Graceland? Ich dachte, das ist in Tennessee?“ Ihre Stimme klang noch etwas verschlafen und noch rauer als sonst, richtig sexy. Unter anderen Umständen, an einem anderen Ort hätte ihn das auf gewisse Gedanken gebracht.
„War nur ein schlechter Witz. Was meinen Sie, können Sie ein paar Übungen machen, um sich aufzuwärmen? Wir müssen Ihren Kreislauf in Gang bringen.“
„Zu spät. Ist schon eingefroren.“
Er gähnte jetzt ebenfalls. Und dann, bevor er es selbst richtig merkte, grinste er. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal gelächelt hatte, besonders vor dem Frühstück. Aber sie schien diese Wirkung auf ihn zu haben.
Dabei war er hierhergekommen, um allein zu sein. Und wenn er sich überhaupt Gesellschaft gewünscht hätte, dann die eines Chiropraktikers oder eines Physiotherapeuten. Stattdessen war er hier mit einer gewissen Jasmine Clancy, die an einer Allergie litt, Blasen an den Händen hatte und klasse Beine. Er wusste nicht recht, zu was für einer Kategorie von Frauen sie
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