BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
zu Tischen umfunktionierten Fässern lehnten und ihr Bier tranken. Ethan schlug den Kragen seiner Jacke hoch.
„Solltest du nicht Magnus Bescheid sagen, dass sie nicht auf uns zu warten brauchen?“
Ethan schüttelte den Kopf. Das hatte er Magnus bereits gesagt, als sie sie mit dem Taxi abgesetzt hatten. Er hatte geahnt, dass es an einem Samstag, an dem ein wichtiges Spiel in der Stadt stattfand, lange dauern würde, einen Wagen als gestohlen zu melden. Lucy schwieg, und obwohl er zu gern gewusst hätte, was mit ihrem Bruder los war, wollte Ethan erst einmal nur ein wenig nett mit ihr plaudern.
Er nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche. Dabei folgte er Lucys Blick zu einem jungen Pärchen hinüber, das an einem Bierfass lehnte und sich hingebungsvoll küsste. Es amüsierte ihn, dass Lucy sich so hinstellte, dass sie die beiden nicht mehr im Blickfeld hatte.
„Warum gehst du morgen nicht mit den anderen zur Jagd?“
„Ich mag keine blutigen Sportarten.“
„Warum nicht?“
Er seufzte. „Als Kind war es mein Job, die Tiere auf unserer Farm zu erschießen oder ihnen die Kehlen durchzuschneiden.“
„Warum?“
„Sie verhungerten.“
Auf ihre erneute Frage hin erklärte er ihr, dass es damals eine Dürre gab und er und sein Vater miserable Farmer waren.
Eine Bewegung lenkte ihn ab, und sie schauten beide wieder zu dem Pärchen hinüber. Der junge Mann hatte das Mädchen eng an sich gezogen. Ihre Küsse waren tief und innig. Sie unterbrachen sie immer wieder, um sich zu unterhalten, doch sie berührten sich ständig dabei.
„Wo war das?“, riss Lucy ihn aus seinen Betrachtungen.
„In West-Australien.“
„Und wie alt warst du?“
„Als wir auf die Farm zogen, war ich sechs. Als wir sie verließen zwölf.“
„Bist du das einzige Kind?“
Er nickte.
„Wann war die Dürre denn zu Ende?“
Ethan zuckte mit den Achseln. „Wir gingen weg, als die Bank uns keinen Kredit mehr gab. Zogen in einen Caravan-Park in Perth.“ Er sah sie scharf an. „Du bist ganz schön neugierig, wie?“
Lucy hatte überhaupt kein schlechtes Gewissen. „Sind deine Eltern noch zusammen?“
„Er hat meine Mutter hinausgeworfen, als ich dreizehn war.“
Lucy riss die Augen auf, und Ethan konnte beinah hören, was sie dachte.
„Er hat sie hinausgeworfen wegen eines jungen Mädchens, das gerade fünf Jahre älter war als ich. Sie war nur interessiert, weil er in der Lotterie gewonnen hatte. Schluss mit dem Leben im Caravan-Park.“ Er hielt seine Flasche hoch und stieß mit ihr an.
„Was ist aus deiner Mum geworden?“
„Sie ging nach Neuseeland zurück. Sie stammt aus Kaikohe.“
„Warum hat sie dich verlassen?“
Als Lucy sich erschrocken auf den Mund schlug, hätte Ethan fast laut gelacht. Sie errötete vor Verlegenheit, aber sie wollte es trotzdem wissen. Frauen interessierte so etwas.
Einen Moment lang sah er sie ernst an. „Eine Farm im Landesinneren zu betreiben ist hart für eine Frau. Nachdem wir von dort weggezogen waren, trank mein Vater, und sie ging arbeiten. Weil wir uns keine Schuluniform leisten konnten, unterrichtete sie mich zu Hause zwischen ihren Jobs als Putzfrau. Dann gab mein Vater eines Tages seinen letzten Dollar für die Lotterie aus, und er gewann. Ich wurde auf eine Privatschule geschickt. Sie kauften ein großes Haus. Mum hörte auf zu arbeiten.“ Er nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche, genoss es, dass Lucy ganz Ohr war.
„Vielleicht war er ein miserabler Farmer, der Alte, aber es stellte sich heraus, dass er ein Händchen für Aktien hatte. Hat sein Geld in knapp einem Jahr verdoppelt.“ Bedächtig stellte er seine Bierflasche ab. „Und zu diesem Zeitpunkt hefteten sich die Mitgiftjägerinnen an seine Fersen.“
So viel im Zusammenhang hatte er noch nie mit Lucy geredet. Sie sah ihn völlig fasziniert an. Er beschloss, ihr einen kleinen Schock zu versetzen. „Junge, hübsche Frauen, die alles für Geld tun würden.“ Er senkte vielsagend die Stimme und
schaute ihr in die Augen. „Du kennst den Typ ja.“
Lucy blinzelte, dann nickte sie langsam, als sei ihr plötzlich etwas klar geworden.
Ist sie so eine Goldgräberin?, fragte Ethan sich. Er hätte schwören können, dass Lucy ohne jeden Hintergedanken war, aber einige ihrer spöttischen Bemerkungen waren ihm schon nahegegangen.
Und doch strahlte sie eine Frische aus wie keine einzige der jungen Frauen, die sein Vater alle paar Jahre gegen eine neue austauschte. Oder die Frauen, die sich in der Welt
Weitere Kostenlose Bücher