Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
erzählen wir uns gegenseitig, was wir am Tag erlebt haben, wenn du nach der Arbeit nach Hause kommst? Das soll alles mit uns nichts zu tun haben?“
Lilly stand beschämt mit rotem Kopf da.
„Glaubst du nicht, dass wir in den letzten Wochen Freunde geworden sind?“
„Ich habe viele Freunde“, entgegnete sie in einem letzten verzweifelten Abwehrversuch.
„Aber nur einen, dem du alles bedeutest.“
Einen Moment lang starrte sie ihm fassungslos ins Gesicht. Sie vergaß sogar zu atmen. „Nur einen …“ Lilly fühlte sich von der Macht, die dieser Mann über sie hatte, erdrückt. Jetzt war das ausgesprochen, was sie gleichzeitig ersehnt und gefürchtet hatte. Wenn sie jetzt nachgab, war sie ihm ausgeliefert. Ihre Verwirrung war komplett.
Plötzlich sah sie ihn, ohne dass sie sich erklären konnte, warum, wie eine übermächtige Bedrohung vor sich stehen. Sie riss sich von ihm los und lief zur Tür. Sie musste raus hier.
„Lilly, warte!“, rief Nick ihr hinterher.
Aber es war zu spät. Sie war draußen. Alle Türen hinter sich offen lassend, rannte sie aus dem Haus, über den Hof auf die Felder und Weiden zu, rannte in heller Panik weg vor ihm und vor sich selbst …
„Lilly, warte!“, rief Nick noch einmal.
Aber sie lief weiter. Sie brauchte Platz, Luft zum Atmen. Tränen verschleierten ihren Blick. Aber auch ohne Tränen in den Augen hätte sie den Stein nicht am Boden liegen sehen, weil sie gar nicht auf ihren Weg achtete. Sie fiel darüber und stürzte. Dann wurde alles schwarz um sie herum.
11. KAPITEL
Nur Sekunden später kniete Nick neben Lilly.
„Lilly, Liebes, was ist? Bist du in Ordnung?“
Ihre Ohnmacht hatte nur einen winzigen Moment gedauert. Als sie Nick sah, brach es aus ihr heraus. Sie schlang ihm die Arme um den Hals und begann hemmungslos zu schluchzen. Nach all dem, was sie ihm an den Kopf geworfen hatte, war er noch immer da. Liebevoll, besorgt, fürsorglich, wie sie ihn nicht anders kannte – und obwohl sie es nicht verdient hatte.
Nick nahm sie behutsam in die Arme, redete beruhigend auf sie ein, versprach ihr, dass alles gut werde. Verzweifelt presste sie sich an ihn.
Gleichzeitig ergriff sie ein heilloser Schrecken. So sehr hatte sie sich ein Kind gewünscht. Und nun riskierte sie durch ihre eigene Dummheit, es zu verlieren. Was, wenn sie durch den Sturz eine Fehlgeburt hatte? Was war, wenn sie Nick verlor? Ohne das Baby gab es für ihn doch keinen Grund, das Leben mit ihr zu teilen.
Ihr ganzer Selbstschutz, den sie sich über Jahre aufgebaut hatte, hatte sie blind für die Wirklichkeit gemacht. Sie liebte ihn. Sie bekam von ihm mehr, als sie sich wünschen konnte. Aber anstatt sich über ein solches Glück zu freuen und es auszukosten, hatte sie sich davon in Panik versetzen lassen. Und jetzt, da sie es endlich vor sich selbst eingestehen konnte, war es vielleicht zu spät.
„Es tut mir so leid“, flüsterte sie, als sie endlich die Sprache wiedergefunden hatte. „Es tut mir so unendlich leid.“ Wieder wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt.
Nick strich ihr übers Haar. „Ich weiß. Es ist schon gut. Alles wird gut“, sagte er mit sanfter Stimme. „Tut dir irgendetwas weh?“, fragte er dann.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich glaube, es sind nur ein paar Kratzer.“
„Zum Arzt müssen wir trotzdem“, mahnte er.
Wieder nickte Lilly. Für einen Moment ließ sie Nick los und griff in die Tasche, um nachzufühlen, ob der Glückspenny noch da war. Erleichtert stellte sie fest, dass sie ihn nicht verloren hatte. Sie hielt ihn während der ganzen langen Fahrt zur Arztpraxis fest in ihrer Hand umschlossen.
Als sie dort angekommen waren, ging Nick, ohne anzuhalten, zum Empfang und schilderte der Sprechstundenhilfe dort den Sachverhalt. Die rief sofort eine Schwester herbei, die Nick und Lilly den Weg in eines der Behandlungszimmer zeigte. Dort half Nick Lilly die Schuhe und die Bluse auszuziehen und hob ihre Beine auf die Liege.
Tatsächlich dauerte es wenige Minuten, bis Dr. Johnson kam. Er begrüßte sie beide herzlich und bat dann Nick, draußen zu warten. Lilly warf ihm einen ängstlichen Blick zu. Es wäre ihr lieber gewesen, er könnte bei ihr bleiben. Seine Gegenwart würde beruhigend auf sie wirken. Aber der Arzt blieb unerbittlich und gestattete lediglich, dass Nick ihr noch einen Kuss auf die Stirn drückte und ihr aufmunternd zuzwinkerte.
Angst gehörte zu den Dingen, die Nick eigentlich von Natur aus fremd waren. Aber das, was er jetzt
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