Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
gegeben hatte, dass er nicht glücklich war. Aber es gab keins. Er war liebevoll und nett gewesen, selbst als sie ihn für seine Geschäftsreise nach Wellington, der Hauptstadt Neuseelands, zum Flughafen gefahren hatte. Eine einwöchige Reise, die er seit drei Jahren alle vierzehn Tage unternahm.
Eine Reise, die er immer wieder antrat, um bei seiner Geliebten zu sein!
Einen Moment lang war Lana drauf und dran, ihrem Bedürfnis, laut zu schreien, nachzugeben, ihrem maßlosen Zorn und ihrer Angst, die sie aus dem Gleichgewicht zu bringen drohten, freien Lauf zu lassen. Ihre Situation war unfassbar. Sie waren das perfekte Ehepaar gewesen – einander treu ergeben. Alle hatten das gesagt.
Kleine schwarze Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen. Atme tief durch, befahl sie sich. Gib nicht nach. Lass dich nicht hängen.
Die frische feuchte Luft tat ihr gut, doch nichts half gegen das gähnende schwarze Loch in ihrem Herzen.
„Mrs Whittaker? Wir sollten jetzt gehen. Der Partyservice hat Bescheid gegeben, dass die ersten Trauergäste im Apartment angekommen sind.“ Die sanfte Stimme des Beerdigungsunternehmers riss Lana aus ihren Gedanken.
Sie holte noch einmal tief Luft und schloss kurz die Augen, bevor sie antwortete.
„Ja, ich bin bereit.“ Bereit wofür? Welche Zukunft hatte sie jetzt? Ihr Leben – ihre Träume, ihre große Liebe – war mit ihrem Mann begraben worden.
Die kurze Autofahrt zu ihrer Wohnung im Zentrum von Auckland bekam sie kaum mit. Dort würden die Trauergäste sie erwarten und ihr ihr Mitgefühl aussprechen. Ihretwegen musste sie durchhalten. Sie noch ein wenig länger in dem Glauben lassen, dass Kyle der Mann gewesen war, den sie mit Respekt betrauern und erinnern konnten, nicht der Mann, der er in Wirklichkeit gewesen war.
Er hatte sie alle belogen.
Die Stimmung in der Wohnung war gedrückt. Ihr Mann war ein Finanzgenie gewesen, dessen Meinung in Geschäftskreisen geschätzt wurde.
Nach ein paar Stunden hatte der Partyservice aufgeräumt, und die letzten Gäste waren gegangen. Lana fragte sich, ob sie sie je wiedersehen würde, sobald die Wahrheit in den Zeitungen erschien. Ob ihr Mitgefühl in Mitleid umschlagen würde oder, schlimmer noch, in Verachtung.
Ihr Anwalt hatte eine gerichtliche Verfügung erwirkt, dass keine Details zu Kyles Tod an die Medien weitergegeben werden durften, doch diese Verfügung würde um Mitternacht aufgehoben werden.
Dann würde der Wirbel losgehen.
Unwillkürlich fiel Lana der Fremde am Grab ein. Wer war er? Wenn er kein Reporter war, dann vielleicht einer von Kyles früheren Kunden? Sie war ihm nie zuvor begegnet, das stand fest. Denn obwohl sie sein Gesicht nur kurz gesehen hatte, würde sie seine sanft gewölbte Stirn nie vergessen, die leicht gebogene Nase zwischen dunklen Augen und das kräftige, energische Kinn. Ein solches Gesicht vergaß eine Frau nicht. Alles an ihm, selbst der Schnitt und die Länge seines Mantels, verriet ohne Zweifel europäische Eleganz.
Angewidert schüttelte Lana den Kopf. Da war ihr Mann gerade einmal zwei Tage tot, und schon interessierte sie sich für einen anderen. Auch wenn Kyle untreu war, gab ihr das nicht das Recht, Ausschau nach einem anderen zu halten. Nicht nach ihrer Auffassung von Moral.
Langsam ging sie durch das geräumige Wohnzimmer und ließ dabei die Hand über die große weiße Ledercouch gleiten. Dort hatten sie und Kyle oft aneinandergekuschelt beobachtet, wie die Sonne hinter den Waitakere Ranges im Westen Aucklands verschwand, ehe sie in ihr Schlafzimmer gegangen waren, um sich zu lieben. Manchmal hatten sie es nicht einmal bis dorthin geschafft.
Sie ballte die Hand zur Faust, als der Schmerz über sein Doppelleben ihre eiserne Selbstbeherrschung durchdrang, hinter der sie sich den ganzen Tag verschanzt hatte. Wie kamen Frauen mit der Entdeckung zurecht, dass ihre Männer eine Geliebte hatten? Wie gingen sie mit der Last der Lügen um, die sie unwissentlich gelebt hatten, und wie schafften sie es, darüber hinwegzukommen?
Sie war wütend, fühlte sich betrogen. Wie hatte er einfach sterben und so viele Fragen unbeantwortet lassen können? Sie wollte nicht einmal daran denken, was sie am Vorabend auf seinem Laptop entdeckt hatte, nachdem die Polizei ihr seine Sachen aus dem Unfallwagen gebracht hatte. Wie durch ein Wunder hatte er den Frontalzusammenstoß überstanden. Doch sie fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, nichts von der Datei zu wissen.
Nicht zu erfahren, dass er das
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