Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
so, als bräuchte sie dringend Trost – wie eine Frau, die ein Mann wie er vor den Härten des Lebens beschützte. Wie eine Frau, die ein Mann wie er die ganze Nacht lang liebte, ihren schlanken Körper genoss, dabei ihr herrliches Haar durchwühlte und sie nach allen Regeln der Kunst verwöhnte.
Dann verwandelte sie sich vor seinen Augen zurück in die unterkühlte Witwe, die am Grab gestanden hatte. Er musste sich geirrt haben. Der kurze Blick auf eine völlig andere Frau konnte nur ein Irrtum gewesen sein. Die Rückverwandlung erinnerte ihn augenblicklich an den Grund seines Besuchs.
„Mrs Whittaker, Raffaele Rossellini. Darf ich eintreten?“
Sie schien überrascht, ihn zu sehen, ganz so, als kenne sie ihn von irgendwoher. Aber das war unmöglich. Auf dem Friedhof hatte er sich im Hintergrund gehalten, und ihre Wege hatten sich vorher nicht gekreuzt. Doch irgendetwas an ihr faszinierte ihn, an der Art und Weise, wie sie schnell eine kühle Miene aufgesetzt hatte. Als verstecke sie sich hinter einer dicken, wenn auch durchsichtigen Mauer.
Natürlich tut sie das, schalt er sich insgeheim. Das hier war die wahre Lana Whittaker. Die Eiskönigin in Person. Die Frau, die so hartnäckig an der Farce einer Ehe festgehalten hatte, statt den Mann gehen zu lassen, der sie nicht mehr liebte.
Sie bat ihn in die Wohnung und führte ihn in ein geräumiges, teuer eingerichtetes Wohnzimmer. Kein Wunder, dass Kyle Geld von ihm gebraucht hatte. Lana Whittaker liebte offensichtlich den Luxus.
Während er hinter ihr herging, stieg ihm ein Hauch ihres Parfüms in die Nase – zu seiner Überraschung war es kein aufdringlicher Duft, sondern ein zarter, leicht süßlicher. Er wollte so gar nicht zu dieser Frau passen.
Tut sie das absichtlich?, fragte er sich. Um die Männer zu locken und in Versuchung zu führen, nur um dann kalt jeden Annäherungsversuch zurückzuweisen, während sie die ganze Zeit diese unglaubliche Beherrschung beibehielt? Er schwor sich, dafür zu sorgen, dass es mit dieser Coolness vorbei war, bevor er nachher wieder ging.
Ohne ihn zu bitten, sich zu setzen, begegnete sie mit gestrafften Schultern seinem Blick.
„Also, Mr Rossellini. Sie wollten mich sprechen. Sie haben noch neun Minuten.“
Raffaele wurde ärgerlich. Sie wagte es, ihn herauszufordern, ohne überhaupt zu wissen, wer er war? Er verkniff sich eine passende Bemerkung und verließ sich ganz auf seine Willensstärke, durch die er das Unternehmen seiner Familie – sie exportierten Olivenöl – an die Weltspitze geführt und dort erfolgreich etabliert hatte.
„Es tut mir leid, dass Sie Ihren Mann verloren haben.“
„Danke, aber Sie sind sicher nicht hergekommen, um Ihr Beileid auszusprechen.“ Sie stand kerzengerade da, die Arme locker angewinkelt, obwohl sie bei ihrem aggressiven Ton auch vor der Brust hätten verschränkt sein können. „Was wollen Sie?“
Raffaele verstand langsam, warum Kyle seine sehr feminine, temperamentvolle Schwester attraktiv gefunden hatte. Was, um alles in der Welt, hatte den Mann geritten, bei dieser frostigen Frau ohne jede weibliche Ausstrahlung zu bleiben? Und doch verbarg sich unter dem Eispanzer irgendetwas – ein Feuer, das in den dunklen Tiefen ihrer Augen flackerte und das ihm einen heißen Schauer über den Rücken laufen ließ.
„Ihr Mann hat mich nie erwähnt, nehme ich an?“
„Hätte er das tun sollen?“
Ihr unverschämter Unterton ärgerte ihn. „Wir waren Freunde, aber auch Geschäftspartner.“
„Kyle hatte nie einen Geschäftspartner.“
„Ich stehe hier vor Ihnen. Es ist wahr.“ Raffaele vergrub die Hände tief in den Hosentaschen und fixierte Lana scharf, versuchte, eine Unsicherheit zu entdecken, eine Schwäche, um diese entnervende Ruhe, die sie ausstrahlte, zu erschüttern. „Ihr Mann schuldete mir Geld, Mrs Whittaker. Eine ziemlich große Summe.“ Als er sagte, um wie viel es sich handelte, wurde sie noch bleicher. Die verschmierte Wimperntusche unter ihren Augen wirkte wie blaue Flecken auf ihrer zarten Haut.
„Das ist unmöglich!“, widersprach sie heftig und ballte nervös die Hände zu Fäusten. Aha, dachte er mit einer gewissen Genugtuung. Geld war also der Hebel. Verständlich bei ihrem gepflegten Aussehen – perfekt manikürte Nägel, ebenmäßiger, leicht gebräunter Teint, ihre modisch gestylten goldblonden Haare. Sie hatte wohl wirklich einen Hang zum Luxus. Es war Zeit zum Angriff.
„Durch Kyles Tod sieht es für unsere geschäftlichen
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