Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
bringen“, sagte er. „Mein Bruder war verlobt. Er und seine Verlobte, Courtney Benton, waren auf dem Weg zurück in die Stadt, nachdem sie das Wochenende bei einem Mandanten meines Bruders auf dem Land verbracht hatten. Es war schlechtes Wetter, ein schweres Gewitter mit heftigem Regen. Mein Bruder verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Der Wagen rutschte von der Straße und knallte gegen eine Mauer. Courtney war sofort tot. Mein Bruder lag zwei Wochen lang im Koma. Als er aufwachte und erfuhr, was geschehen war, erlosch fast sein Lebenswille.“
„Oh, wie furchtbar … das ist ja herzzerreißend“, meinte Rebecca leise. Sie hatte schon so manch schlimme Geschichte während ihrer Karriere gehört, aber dies war eine der traurigsten. Der arme Mann. Sie ahnte, wie sehr er unter der Trauer und den Schuldgefühlen litt.
„Erschwerend kommt hinzu, dass mein Bruder unter einem teilweisen Gedächtnisschwund leidet. Er kann sich noch daran erinnern, wie sie das Haus der Leute verließen, die sie eingeladen hatten. Aber nicht, was unmittelbar vor dem Unfall geschah. Er weiß nicht einmal mehr, ob er und Courtney an die Seite fahren wollten, um den Regen abzuwarten. Die Ärzte sagen, dass er sich vielleicht niemals erinnern wird.“
„Das kann sein“, stimmte Rebecca ihm zu. „Ich habe schon von ähnlichen Fällen gehört. Es ist eine Reaktion auf extreme Ängste oder Stress. Auf diese Art schützt sich die Psyche vor Erinnerungen, die zu schmerzhaft sind, um sie noch einmal zu durchleben.“
„Ja, das verstehe ich alles.“ Matthew Berringer nickte. „Doch häufig denke ich, dass Grant mit seinem Leben fortfahren könnte, wenn er sich nur an all das erinnern könnte, was geschehen ist, egal, wie schmerzhaft es auch sein mag. Dann könnte er seine Trauer aufarbeiten und sein Leben neu gestalten.“
„Ja, es könnte ihm tatsächlich helfen. Aber es ist eine Art Teufelskreis. Er wird stärker werden, wenn er sich erinnert. Doch er wird sich nur erinnern können, wenn er stärker geworden ist.“
Matthew nickte frustriert, und Rebecca erkannte, dass er ebenfalls einen Verlust erlitten hatte. Den Verlust eines Bruders, der einmal vital und stark gewesen war, eines Bruders und eines Freundes, denn es war eindeutig, dass die beiden sich sehr nahe standen.
Rebecca wusste nicht so recht, was sie sagen sollte, und hielt es daher für das Beste, den Mund zu halten. Manchmal half es den Menschen, wenn sie reden konnten, selbst wenn sie keine Antworten bekamen. Sie spürte, dass Matthew mit jemandem sprechen musste, von dem er dachte, dass er nicht nur das Dilemma seines Bruders, sondern auch sein eigenes verstand. „Sie sehen also, dass er in ein seelisches Tief geraten ist und sich weigert, wieder ins Land der Lebenden zu kommen. Nach allem, was er durchgemacht hat, ist das wohl eine verständliche Reaktion.“
„Völlig verständlich.“ Rebecca nickte.
Jetzt, da sie die tragischen Umstände kannte, verstand sie, warum Matthew nach einer Therapeutin suchte, die zum Teil Wunderheilerin und zum Teil Heilige war. Die Frage war jedoch – war sie die Richtige für den Job?
„Ich weiß, dass der Wille, wieder gesund zu werden, von ihm ausgehen muss“, fügte er hinzu, „aber ich hatte gehofft, dass ich jemanden finden könnte, der sich mit solchen Dingen auskennt und willig ist, ihm an diesen dunklen Ort zu folgen, um ihn zu überzeugen, zu uns zurückzukehren.“ Seine Stimme, die bisher ruhig gewesen war, zitterte ein wenig, und Rebecca fühlte mit ihm.
Er ist ein ungewöhnlich guter Mann, dachte sie. Ein netter Mann, der niemals aufgeben würde, wenn er jemanden liebte. Rebecca bewunderte das. Doch trotz seines guten Aussehens und seiner bewundernswerten Eigenschaften fühlte sie sich nicht im Geringsten zu ihm hingezogen.
Es ist schon merkwürdig, überlegte Rebecca. Entweder es knistert sofort oder gar nicht. In diesem Fall war da nichts. Auch von seiner Seite aus nicht. Das konnte sie inzwischen erkennen. Obwohl er sie auf professioneller Ebene respektierte und freundlich zu ihr war. Das ist auch besser so, dachte sie. Falls er doch ihr Arbeitgeber werden sollte.
„Ich möchte, dass Sie meinen Bruder kennenlernen. Würden Sie jetzt mit mir kommen und mit ihm reden?“
„Ja, natürlich.“ Rebecca war überrascht. Dann erfreut. Normalerweise wurde sie nicht gefragt, sich den Patienten anzusehen, wenn das Bewerbungsgespräch völlig schief lief. Vielleicht bestand doch noch Hoffnung.
Außerdem war
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