Baccara Exklusiv Band 98
alles weggeben müssen, als ich kein eigenes Kind bekommen konnte. Das hier hat mir alles wieder vergegenwärtigt. Hast du eine Vorstellung davon, wie es ist, wenn einem gesagt wird, dass man kein Kind bekommen kann? Dass man sozusagen fehlerhaft ist, keine ganze Frau? Man nimmt so vieles im Leben als selbstverständlich hin, und dann wird einem eines Tages völlig unerwartet erklärt, dass man nicht sein kann, was man gern sein möchte, nicht tun kann, was man gern tun möchte.“
Sie schluckte trocken. „Kyle und ich haben alles versucht, damit ich schwanger werde, aber es war alles vergeblich. Von Anfang an war klar, dass ich diejenige war, die unfruchtbar war, diejenige, die uns beide enttäuscht hat. Ich hatte mich gezwungen, die ganze Geschichte zu vergessen, zu vergessen, wie sehr ich mir ein Baby gewünscht hatte.“
„Habt ihr keine Adoption in Erwägung gezogen?“, fragte Raffaele leise, während er unablässig ihren Handrücken streichelte.
„Kyle wollte davon nichts wissen. Er sagte, wir bräuchten kein Kind, um eine Familie zu sein. Dass wir uns selbst genug seien. Dass ich ihm genug sei. Aber ich war es nicht, oder? Ich war ihm nicht genug. Wenn er mir die Wahrheit gesagt hätte, hätte er sich nicht in deine Schwester verliebt. Er hätte kein Kind mit ihr gezeugt.“
Lana entzog ihm die Hand und stand auf, um den Teddy, den sie fest an sich gedrückt hatte, in ein Regal mit Spielsachen zu setzen. Das, was sie über Kyle gesagt hatte, zeigte eine andere Seite des gut aussehenden, weltmännischen Geschäftsmannes, den er Maria vorgestellt hatte. Hatte er unabsichtlich die Ereignisse in Gang gesetzt, die zu Lanas Zusammenbruch geführt hatten, sowohl in finanzieller als auch emotionaler Hinsicht?
Er konnte die Wahrhaftigkeit ihrer Worte nicht anzweifeln. Jede Silbe, die ihr über die Lippen gekommen war, entsprach der Wahrheit. Das ganze Ausmaß dessen, was sie heute beim Einrichten des Kinderzimmers durchgemacht hatte, war ihr deutlich anzusehen. Er hatte Verständnis für ihre Gefühle, es wäre unmenschlich, ihren Schmerz einfach zu ignorieren. Aber er musste unbedingt eines wissen.
„Du trittst doch nicht von unserer Vereinbarung zurück, oder?“ Seine Stimme klang kälter, als er das beabsichtigt hatte.
Sie holte tief Luft. „Du würdest mich einen Rückzieher machen lassen?“
„Natürlich nicht.“ Nicht in einer Million Jahren würde er das seiner Schwester gegebene Versprechen brechen.
„Dann nein, ich trete nicht zurück. Aber erwarte nicht zu viel von mir, bitte.“
„Ich habe mich bereits mit einer Agentur für Kindermädchen in Verbindung gesetzt, damit meine Nichte versorgt wird. Wie wir vereinbart haben, ist deine Beteiligung rein gesetzlicher Natur. Ich erwarte nicht, dass du dich emotional einbringst.“
Ein bitteres Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Das wär’s dann. Ich weiß genau, wo ich stehe. Nur noch eines, Raffaele. Was ist mit uns? Wo stehe ich mit dir?“
„Was mich angeht, so gilt das Gleiche.“
Ihr Lächeln gefror. Als sie sich umdrehte und das Zimmer verließ, fragte sich Raffaele unwillkürlich, ob er das Richtige gesagt hatte. Seine Antwort hatte einen bitteren Beigeschmack gehabt, wie eine Lüge. Aber er konnte es sich nicht leisten, sich ablenken zu lassen. Nicht mehr. Während seines gestrigen Besuchs im Krankenhaus war Marias Zustand zusehends schlechter geworden.
Er nahm die Weingläser von der Kommode und ging wieder nach unten. An diesem Abend würde es nichts zu feiern geben.
Raffaele lauschte auf die Schläge der Standuhr am Fuß der Treppe und verwünschte seine Schlaflosigkeit. Der Abend war ganz friedlich verlaufen. Lana hatte ihnen ein einfaches Essen zubereitet, und sie hatten gemeinsam in der Essecke des großen Wohnzimmers gegessen. Sie hatte sich frühzeitig zurückgezogen, und nachdem er eine Weile an seinem Laptop gearbeitet hatte, war auch er auf sein Zimmer gegangen. Er hatte geglaubt, gleich einschlafen zu können, als er nackt zwischen die Laken schlüpfte. Doch seine Sinne waren plötzlich hellwach, als er an die vorangegangene Nacht denken musste.
Ehe er recht wusste, was er tat, war er aufgestanden und hatte eine Pyjamahose angezogen. Barfuß ging er die Treppe hinunter und zum Gästezimmer im Erdgeschoss, das sie als ihr Zimmer gewählt hatte. Zweifellos in der Annahme, dadurch so weit wie möglich von ihm, Raffaele, und dem Kinderzimmer entfernt zu sein.
Es war jedoch nicht weit genug weg, dass er dem Verlangen,
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