Baccara Extra Band 5 (German Edition)
nächsten Morgen wählte sie ein apfelgrünes Kleid, das Haar ließ sie offen auf die Schultern fallen. Dann trug sie reichlich Make-up auf, um die Spuren der Ermüdung und des Kummers zu retuschieren. Anschließend machte sie sich auf die Suche nach ihrem Vater. Sie fand ihn im Frühstückszimmer, in eine Zeitung vertieft.
„Ah, da bist du ja, Celia“, begrüßte er seine Tochter erfreut. „Jethro hat es geschafft, uns beide zu übertrumpfen: Er ist schon laufen gegangen. Wie geht es dir, Liebes?“
Die ungewohnte Anrede ließ ihr Herz vor Freude hüpfen. „Gut, danke.“
Er musterte sie eindringlich. „Schöne Flitterwochen gehabt?“
„Wunderschön“, brachte sie in gespielter Fröhlichkeit hervor. „Du siehst besser aus, Dad … deine Wangen zeigen Farbe, und du wirkst erholt.“
Ellis faltete die Zeitung zusammen. „Der Arzt hat mir ein neues Medikament verschrieben.“
„Dr. Kenniston? Was für ein Medikament denn?“
„Oh, irgendetwas mit einem unaussprechlichen Namen“, erwiderte Ellis ausweichend. „Die Spezialisten haben es empfohlen. Und, was hast du heute Schönes vor?“
Doch so leicht ließ Celia sich nicht vom Thema abbringen. „Ist mit einem langfristigen Erfolg zu rechnen?“, hakte sie behutsam nach.
Er schnaubte verächtlich. „Red keinen Unsinn, Celia. Ich hätte dir nicht davon erzählt, wenn ich gewusst hätte, dass du dir falsche Hoffnungen machst. Ach, da fällt mir ein, ich möchte gern, dass du für mich auf den Speicher gehst. Da gibt es eine Truhe mit alten Fotos von deiner Mutter und mir. Irgendwo hier habe ich den Schlüssel.“
„Eine ganze Truhe voll?“ Ihr Gesicht leuchtete auf.
„Sieh die Fotos doch mal in Ruhe durch. Such die aus, die dich interessieren, und bring sie mit hinunter. Ich werde dann versuchen, dir etwas dazu zu erzählen.“
„Oh Dad, das ist eine tolle Idee.“ Sie nahm ihm den kleinen Schlüssel aus der Hand.
„Aber frühstücke bitte erst in Ruhe.“
Während sie frische Grapefruits und Toast verspeiste, entwarf sie ein stark geschöntes Bild über ihre Hochzeitsreise. Glücklicherweise konnte Jethro ihre Märchen nicht hören. Dann stand sie auf und gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. „Ich gehe jetzt nach oben. Es dauert nicht lange.“
„Lass dir ruhig Zeit.“
Schon als Kind hatte sie es geliebt, hier oben herumzustöbern. Der Speicher war ein Ort gleichsam losgelöst aus Raum und Zeit, wo man seiner Fantasie freien Lauf lassen konnte.
Celia brauchte nur ein paar Minuten, um die Truhe zu finden. Als sie den Deckel anhob, fiel ihr Blick auf einen ausgeblichenen Schal aus einstmals karmesinroter Seide. Mit zitternden Fingern hob sie ihn ans Gesicht. Er duftete immer noch schwach nach einem kostbaren Parfüm. Dem Parfüm ihrer Mutter. Der Duft beschwor die Erinnerung an die tröstlichen Umarmungen ihrer Mutter herauf, und Celia stiegen Tränen in die Augen. Behutsam legte sie den Schal beiseite. Sie nahm die alten Jahrbücher ihrer Eltern zur Hand, blätterte, bis sie deren Fotos fand. Und schließlich griff sie nach den Bündeln vergilbter Briefe und Fotos.
Dabei stieß sie auf eine Zeichnung, die sie einmal für ihre Mutter angefertigt hatte, als sie vier Jahre alt gewesen war. Auf der Rückseite hatte ihre Mutter notiert:
Celia ist mir eine große Freude, sie steckt voller Lachen und Leben. Ich liebe sie sehr.
Jetzt konnte Celia die Tränen nicht länger zurückhalten. Hilflos brach sie in lautes Schluchzen aus. Das plötzliche Knarren einer Holzdiele ließ sie erschrocken zusammenfahren. Hinter ihr erklang Jethros Stimme: „Celia … was ist denn los? Nicht weinen.“
Sie blickte zu ihm auf. Seine besorgte Miene konnte nicht gespielt sein. Als er neben ihr in die Hocke ging, fiel sie ihm in die Arme und presste ihr tränennasses Gesicht in den Stoff seines Hemdes. „Meine Mutter hat mich wirklich geliebt, Jethro, das hat sie hier auf das Bild geschrieben. Ich wünschte, sie wäre nicht so früh gestorben.“
Jethro setzte sich auf den Fußboden und zog Celia zu sich auf den Schoß. Als ihre Schluchzer allmählich abebbten, drückte er ihr ein Taschentuch in die Hand.
Sie lächelte verlegen. „Ich sehe bestimmt furchtbar aus.“
Statt einer Antwort senkte er die Lippen auf ihren Mund und küsste sie. Sie wehrte sich nicht, hatte alles um sich herum vergessen. Im Augenblick zählte nur noch Jethro: seine starken Arme, die sie umschlungen hielten, sein schon so vertrauter Duft, sein kundiger Mund. Sehnsüchtig
Weitere Kostenlose Bücher