Baccara Extra Band 5
vermutlich der am schwierigsten zu bezwingende Berg der Erde. Kein Wunder, dass Jethro nach der Spritztour auf den lächerlichen Gun Hill kein bisschen außer Atem gewesen war. „Wieso bist du nicht wie geplant heute früh abgereist?“
„Ich war noch nicht so weit“, lautete die einsilbige Antwort.
„Ach so. Du hast also plötzlich den unwiderstehlichen Wunsch verspürt, Gun Hill zu besteigen.“
Er hob die Brauen. „Unter anderem schätze ich an dir deine Intelligenz.“
Es lag Celia auf der Zunge zu fragen, was er sonst noch an ihr schätzte. Die Art, wie sie ihn geküsst hatte, als gäbe es kein Morgen? Als stünden sie auf dem Gipfel der Welt, ohne Verantwortung und Bindungen? „Gehen wir. Ich hätte gar nicht erst hier heraufkommen sollen. In meinen Schränken herrscht das totale Chaos, und die Umzugsleute kommen morgen.“
Den beschwerlichen Pfad nach unten fest im Blick, bahnte Celia sich ihren Weg durch Felsblöcke und matschigen Torfboden zur Baumgrenze, wo kniehohe Farne wuchsen. Mit jedem Schritt versuchte sie, die Erinnerung an den atemberaubenden Kuss, der ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt hatte, aus dem Gedächtnis zu löschen. Bei Paul hatte sie nie auch nur annähernd Ähnliches empfunden.
Plötzlich spürte sie Jethros Hand auf ihrer Schulter. „Sieh mal, Celia, ein Adler.“
Sie beschattete die Augen mit der Hand und betrachtete den majestätischen Vogel, dessen weißer Kopf im Sonnenlicht erstrahlte. „Wunderschön. Wie er dahingleitet … das nenne ich Freiheit.“
Jethro sah sie aus seinen dunklen blauen Augen eindringlich an. „Freiheit … ist das der Grund, weshalb du nicht geheiratet hast?“
Heiraten. Ihr Vater. Jethro.
Die Worte fügten sich wie Teile eines Puzzles zusammen. Ohne nachzudenken, sprudelte Celia hervor: „Jethro, bist du verheiratet?“
„Nein.“
„Verlobt? Lebst du mit jemandem zusammen?“
„Nein. Worauf willst du hinaus, Celia?“, fragte er verwirrt.
„Nichts, ist schon gut“, stammelte sie. „Ich war nur neugierig.“ Sie drehte sich um und kletterte in einem Tempo den Berg hinunter, als sei eine Horde Bären hinter ihr her.
War sie denn jetzt völlig durchgedreht? Wie konnte sie auch nur im Traum daran denken, Jethro zu fragen, sie zu heiraten! Einen Mann, der sie nur zu küssen brauchte, um ihr zum ersten Mal in ihrem Leben die wahre Bedeutung des Wortes Lust klarzumachen.
Aber wen sonst sollte sie fragen?
Sie konnte Paul unmöglich bitten, sie zum Schein zu heiraten, das würde seine Gefühle zu sehr verletzen, da er sie aufrichtig liebte. Pedro kam auch nicht infrage, obwohl dieser mit Freuden zusagen würde. Aber würde sie ihn nachher auch wieder loswerden, ohne finanziell ausgepresst zu werden wie eine Zitrone?
Jethro wusste nichts von ihrem Vermögen. Und verletzen würde sie ihn auch nicht, so nah würde er sie gar nicht erst an sich heranlassen.
Aber nein. Es war unmöglich. Nie würde sie die Worte über die Lippen bringen.
Ein Fichtenzweig schnellte Celia ins Gesicht. Ihr Herz raste, aber nicht etwa von den Anstrengungen des Abstiegs. Sie war doch noch nie ein Feigling gewesen. Warum jetzt damit anfangen? Ihrem Vater blieben vielleicht nicht einmal mehr drei Monate zu leben.
Es musste doch möglich sein, drei Monate lang die eigenen Gefühle zurückzustecken. Ja, sogar eine Ehe durchzuziehen, die nur auf dem Papier bestand und lediglich dem einzigen Zweck diente, Ellis seinen Seelenfrieden wiederzugeben.
Tu es, Celia! Tu es jetzt! Du wirst es für den Rest deines Lebens bereuen, wenn du jetzt kneifst.
Sie blieb abrupt stehen. Jethro lief förmlich in sie hinein, und er schloss die Arme reflexartig um ihre Taille. Mit dem Mut der Verzweiflung stieß Celia hervor: „Jethro, willst du mich heiraten?“
„Wie bitte?“
Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, erlebte sie ihn sprachlos. „Es ist nicht so, wie du denkst …“
„Du hast nicht die geringste Ahnung, was ich denke“, erwiderte er gefährlich sanft, „und du möchtest es ganz sicher auch gar nicht wissen.“
„Ich habe dir einen Vorschlag zu machen, einen geschäftlichen Vorschlag.“
„Du bist wie all die anderen.“ Seine Stimme klang schneidend.
„Was meinst du damit?“
„Für eine Weile dachte ich … aber ich hätte es besser wissen müssen. Du hast den Zeitungsartikel gelesen, stimmt’s, Celia? Eines muss ich dir lassen, du versuchst es mal mit einer ganz neuen Taktik.“
„Ich habe nicht die geringste Ahnung, worauf du …“
„Ach,
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