Baccara Extra Band 5
letzte Nacht so verlaufen wäre, wie sie es sich gewünscht hätte, hätte sie mit Nick lediglich ein bisschen geflirtet, sich anschließend mit ihm verabredet und am Ende doch eine Ausrede erfunden, um ihm abzusagen. Jetzt konnte er sich nicht einmal vor ihrer Haustür blicken lassen, nach allem, was Onkel Thad über ihn dachte.
Egal. Nick und sie hatten einfach eine heiße Nacht miteinander erlebt. Nein, ihr Onkel musste sich überhaupt keine Gedanken mehr darüber machen. Ihr Verhältnis war leidenschaftlich, kurz, aber mittlerweile Vergangenheit. Aus und vorbei.
DREI TAGE SPÄTER
Nick bemerkte das Firmenschild mit der Aufschrift Casa de Ramón und bugsierte seinen geliehenen Sportwagen vorsichtig in die Parklücke davor.
Während er rückwärts in die Parklücke fuhr, betrachtete er das viktorianische Haus aufmerksam durch die Heckscheibe. Das also war er, sein einziger vager Anhaltspunkt, der ihn hoffentlich zur Nichte eines pensionierten Restaurators führen würde. Die Frau hatte ihn wirklich um den Verstand gebracht.
Wie hatte der überstürzte One-Night-Stand mit Jules überhaupt passieren können? Und warum hatte er sie bloß gehen lassen, ohne zuvor ihre Adresse oder zumindest die Telefonnummer erfragt zu haben? Sie hatte ihm zwar von ihrer Tätigkeit als Lehrerin erzählt, da er aber ihren Nachnamen nicht wusste, könnte er in einer Stadt wie Savannah, die unzählige Schulen hatte, genauso gut die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen suchen. Verdammt.
Seufzend öffnete er die Wagentür und lief die kurze Strecke zum Salon hinüber. Dort angekommen, trat er ohne zu zögern ein. Sofort umfing ihn jenes elegante Jugendstilambiente, das diesem Friseurladen seine ganz besondere Note verlieh. Er hatte jedoch jetzt kein Auge dafür, sondern ging direkt zur Rezeption.
„Ist Ramón da?“
„Haben Sie einen Termin bei ihm?“ Die hübsche Blondine sah fragend zu ihm hoch.
„Nein. Ich habe ihn am Samstagabend getroffen. Er hat mich gebeten, einfach mal vorbeizuschauen. Fragen Sie ihn bitte, ob er mich kurz mal zwischendurch drannehmen kann. Ich brauche dringend einen Haarschnitt.“
Knapp zwei Minuten später hörte er auch schon Ramóns laute Stimme. „Dr. Nick, schön, dass Sie gekommen sind! Für Sie habe ich immer Zeit.“
„Freut mich.“ Sie schüttelten sich die Hand, und Nick merkte sofort, wie der Meister seine Frisur begutachtete. „Ich brauche bloß einen Nachschnitt.“
Das war eine glatte Lüge, weil er sich immer die Haare schneiden ließ, bevor er ein neues Projekt anfing.
„Ah, verstehe. Kommen Sie einfach mit nach hinten.“
Sobald er auf dem Frisierstuhl Platz genommen und einen Umhang angelegt bekommen hatte, kam Nick sofort auf den Punkt. „Wissen Sie eigentlich, wo ich Jules finden kann?“
Ramón sah ihm in die Augen. Sein wissendes Lächeln verriet, dass er genau verstanden hatte, was hier lief. „Sie interessieren sich also für sie, richtig?“
„Ja.“
„Haben Sie wenigstens gefragt, wie sie mit Nachnamen heißt?“
„Natürlich.“
„Dann haben Sie nicht gründlich genug gesucht.“ Ramón machte eine kurze Pause und schob Nicks Stuhl an eines der überdimensionalen Waschbecken. „Meines Wissens steht Jules im Telefonbuch.“
„Ich hätte sie sicher auch schon längst gefunden, wenn ich ihren Nachnamen wüsste.“
„Aber Sie haben doch gerade gesagt …“
„Gefragt habe ich sie schon, sie hat ihn mir nur nicht verraten.“
Überrascht zog Ramón eine gepflegte Braue hoch und drehte mit Nachdruck den Wasserhahn auf.
Nick wusste sofort, dass er hier keine weitere Hilfe erwarten könnte. Er versuchte es ein letztes Mal. „Ich möchte Jules nur ein paar Blumen schicken. Wie wär’s, wenn ich den Strauß bei Ihnen anliefern lasse, und Sie sagen ihr anschließend Bescheid? Wäre das möglich?“
Ramón lachte und richtete den Wasserstrahl auf Nicks Kopf. „Abgemacht.“
Juliennes Tag auf Indian Knoll Island war lang und anstrengend gewesen.
Er hatte damit geendet, dass sie mit ihren Studenten Bodenfliesen ausgemessen und die Wandbemalungen zeitlich zugeordnet hatte. Es gab noch so viel in der alten Kirche zu erledigen …
Sie konnte sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten. Vielleicht könnte sie heute Abend endlich wieder richtig durchschlafen. Aber das bezweifelte sie insgeheim. In den Nächten träumte sie ständig von Nick Fairfax und ihren prickelnden Erlebnissen in der Liebesschaukel.
Sie war einfach hoffnungslos
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