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Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Titel: Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Schuller
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Teenagers konnte von ihrem Leid ablenken.
    Ihr Vater Mitch war schließlich der erste und wichtigste Mann in ihrem Leben gewesen. Ein gefühlvoller Vater, der seine kleine Prinzessin vergötterte. Amy spürte damals bereits, was Daphne Barak später beobachten und notieren sollte: die ungleich verteilte Herzenswärme ihrer Eltern.
    »Als ich klein war und ins Zimmer kam und mein Daddy war da, wurde ich immer von ihm geküsst und geknuddelt«, sagte Amy. »Meiner Mutter gegenüber verhielt er sich jedoch genauso, als sie noch zusammen waren. Und weil er eben so war, war sie es eben weniger.«
    Zeit ihres Lebens legte Amy großen Wert auf die Tatsache, dass sie von ihrem Vater mehr Liebe und Aufmerksamkeit bekam, als von ihrer Mutter, die offenbar alle »normalen« emotionalen Reaktionen und Verhaltensweisen, mit denen Amy etwas hätte anfangen können, vermissen ließ. Janis Winehouse konnte man nur sehr schwer ansehen, was sie gerade fühlte oder was sie gerade dachte. Und wenn sie auch eigentlich eine ausgeprägt weibliche Figur besaß – vor allem einen großen, schönen Busen, auf den sie ihrer Körpersprache nach zu urteilen ziemlich stolz zu sein schien –, war sie nicht der Typ Frau, der auf körperliche Nähe, auf Knuddeln und Streicheln, gesteigerten
Wert legte. Selbst wenn in ihr ein emotionales Gewitter getobt haben sollte, schien sie nach außen hin beinahe gleichgültig – sie war kein einnehmender Mensch wie Mitch.
     
    Als die Familie endgültig zerrissen war, erinnerte Amy sich später einmal, habe sie nächtelang wach in ihrem Bett gelegen und in die Kissen geweint. Doch dann, eines Nachts, habe sie aus dem benachbarten Zimmer ihres Bruders Musik gehört, »Round Midnight«, einen Jazz-Klassiker von Thelonious Monk aus dem Jahre 1944, interpretiert von Ray Charles. Dieser Song habe ihre Traurigkeit und Verzweiflung zunächst enorm verstärkt. Amy begriff, wie sehr die Musik ihre Gefühlswelt beeinflusste und bestimme, vor allem aber ins Wanken bringen konnte – wenn es die richtige Musik war, düstere, traurige Musik. Dann merkte sie, dass sie an irgendeinem Punkt plötzlich auch wieder klarer sehen und das Erlebte in eigene Worte fassen konnte.
    So zog sie aus der ihr so verhassten Trennung der Eltern den Schluss, dass »Liebe ein Spiel ist, das man nur verlieren kann«. Diese Einsicht sollte Jahre später auf ihrem Erfolgsalbum »Back to Black« als Song veröffentlicht werden, für den sie mit höchsten Ehren überschüttet werden würde: »Love Is A Losing Game«. Diese traurige Einsicht bestimmte aber auch ihr eigenes Liebesleben. Sie wurde regelrecht süchtig danach, diese Gewissheit immer wieder bestätigt zu bekommen.
    Die zweite Erkenntnis, die sie aus der zerbrochenen Ehe ihrer Eltern zog, würde ihren Umgang mit der Wahrheit für alle Zeiten prägen. Man konnte Amy später, als ihre
Eskapaden schon mehr Aufsehen erregten als ihre Musik, zwar alles Mögliche vorwerfen, nicht jedoch, dass sie nicht immer ehrlich gewesen wäre – brutal ehrlich, über alle Schmerzgrenzen hinweg.
    »Die Songs, die Amy schreibt, entspringen dem wahren Leben. Das tut manchmal eben sehr weh«, sagte ihr Vater und verwies auf den Song »What is it about Men?« auf ihrem Debütalbum »Frank«, in dem die Zeile »All the shit, my mother went through« vorkommt. Das sei vollkommen richtig, gab Mitch zu, er habe Janis im wahrsten Sinne des Wortes in die Scheiße geritten . »Aber ich war nur ein einziges Mal nicht ehrlich zu ihr!« Doch das war er (wahrscheinlich) eben über einen längeren, vielleicht sogar sehr langen Zeitraum.
    Trotz all seiner Liebe fühlte Amy sich dennoch von ihrem Vater verraten. Mitch, der sich letztendlich für eine andere Frau entschieden hatte, wurde seinerseits von seinem schlechten Gewissen geplagt. Amy würde jedoch bis zu ihrem Tod keinen Versuch unternehmen, ihn davon zu befreien – ihm Absolution zu erteilen.
    Ihr Bruder Alex schien hingegen bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit zu genießen; eine Situation, die sich bis heute nicht geändert hat. Von ihm existieren nur sehr wenige Fotos, und Interviews schon gar nicht. Er lebt beinahe undercover , hielt und hält sich aus dem ganzen Drama um seine Schwester heraus und führt sein eigenes Leben.
    Er arbeitet als Journalist, bei der »Times«, und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ihn die britische Presse in Ruhe lässt – er ist schließlich ein Kollege, und was seine Familie betrifft, ist er diskret und

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