Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben
Dokumente dieser Jagdszenen aus Camden. Erstaunlicherweise wurde Amy jedoch nur sehr selten sauer, und wenn doch, war es natürlich sofort ein geiler Schuss , der dank des Internets blitzschnell um die ganze Welt ging und am nächsten Tag mit einer fetten Schlagzeile über die meistfotografierte Skandalfrau gedruckt wurde.
Unter den Paparazzi gab es aber auch solche, die ihren Job trotz des immensen Konkurrenzdrucks vorsichtig in Frage stellten und ihr Mitgefühl für ihr Zielobjekt zum Ausdruck brachten.
»Sie war damals mächtig auf Crack, aber das musste man ja übersehen«, sagte beispielsweise der freie Fotograf Simon Gross, »und ich habe mir gewünscht, dass es ihr besser gehen würde. Ich hoffte, irgendwann mal eine Bilderserie von Amy zu realisieren, wenn sie durch einen Park radelt, jedenfalls irgendwas Gesünderes macht.«
Denn inzwischen war auch durchgesickert, dass sie gegen Bulimie und Anorexie kämpfte. Die Magensäure begann sich bereits durch den Zahnschmelz ihrer Zähne zu ätzen, und selbst unter ihrem stets üppig aufgetragenen Make-up zeichneten sich immer häufiger stark entzündete Hautunreinheiten ab. Aber auch Simon Gross war klar, wie das Geschäft läuft, und so drückte er im nächsten Moment auch schon wieder auf den Auslöser seiner Kamera, in der Hoffnung auf ein weiteres Skandalfoto.
2007 wurde auch verstärkt eine öffentliche Spurensuche betrieben. Die Medien versuchten, in Amys Kindheit und Jugend die Antwort auf die bohrende Frage zu finden, warum sie so beharrlich an ihrer Suchtkarriere bastelte,
anstatt nach »Back to Black« ein drittes Album in Angriff zu nehmen, um sich auf diese Weise ihren Schmerz von der Seele zu schreiben. Landauf, landab wurden Menschen über Amy ausgequetscht; diejenigen, die sie näher kannten, aber auch diejenigen die nur vorgaben, sie zu kennen.
Dass Sylvia Young, die Namensgeberin und Leiterin der bekannten Londoner Theaterschule, mehr Zeit als viele andere Menschen mit Amy verbrachte, ist unbestritten. Bereits mit zwölf Jahren hatte Amy die Aufnahmeprüfung für diese Schule absolviert und bestanden. Sie hatte sogar eines der raren Stipendien ergattert.
Das hatte sie nach einem Urlaub mit ihrer Mutter und ihrem Bruder auf Zypern geschafft, wo sie eigentlich nur aus Spaß an einem Talentwettbewerb teilgenommen hatte, der vom Hotel veranstaltet worden war. Natürlich hatte sie diesen Wettbewerb gewonnen – mit Abstand. Sie war vom Publikum frenetisch bejubelt worden, fast schon wie ein großer Star. Denn da hatte ein junges Mädchen mit der Stimme und dem Auftreten einer Erwachsenen gesungen.
Dieser auf den ersten Blick unbedeutende Auftritt war für Amy jedoch enorm wichtig gewesen. Ihre Großmutter Cynthia hatte schon seit Längerem versucht, ihre Enkelin davon zu überzeugen, dass sie großes Talent besäße. Doch Amy hatte – auch wenn sie dies mit ihrem bisweilen rüden Umgangston zu kaschieren versuchte – kein großes Vertrauen in sich und ihr Können, was sich auch Jahre später nicht ändern sollte. Nach dem Talentwettbewerb auf Zypern war sie jedoch plötzlich selbst so weit von ihrer Begabung überzeugt, dass sie »es vielleicht mal probieren« wollte.
Zwei Jahre später, 1997, durfte Amy endlich auf die »Sylvia Young« wechseln, mit 14 Jahren, so wie es die Statuten der Schule vorsahen. Für sie hieß das, erneut von ihrer besten Freundin Juliette Ashby Abschied nehmen zu müssen. Beide Mädchen waren inzwischen von der »Osidge«-Grundschule, wo sie die letzten Jahre in getrennten Klassen verbracht hatten, gemeinsam auf die »Ashmole Secondary School« gewechselt. Auch dort hatte Amy sich nicht besonders wohl gefühlt. Jetzt aber, mit dem Wechsel auf die »Sylvia Young«, sollte alles besser werden.
»Ihre Einzigartigkeit, sowohl als Komponistin, als auch als Interpretin, hat mich enorm beeindruckt. Ich wusste sofort: Mit ihren Fähigkeiten konnte sie in derselben Liga spielen wie Judy Garland oder Ella Fitzgerald«, sagte Sylvia Young im Jahre 2007 in einem Interview mit der »Daily Mail« über Amys Aufnahmeprüfung.
Amy liebte den Unterricht in den darstellenden Künsten. Darin ging sie auf, doch mit den anderen, »normalen« Schulfächern hatte sie nach wie vor große Schwierigkeiten, vor allem kam ihr aber ihre Konzentrationsschwäche in die Quere. Was sie nicht interessierte, ignorierte sie und schaltete ab. Und auf Ermahnungen reagierte sie, indem sie sich sofort danebenbenahm: Sie rebellierte, trug die
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