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Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Titel: Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Schuller
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Klinikaufenthalt zumindest einmal zu versuchen. So brachten Godwyn und Shymansky Amy, nachdem sie sich über das Wochenende im Kreise ihrer Familie einigermaßen stabilisiert hatte, am folgenden Montagmorgen in eine Londoner Entzugsklinik. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob es sich damals bereits um die berühmte »Priory« in Roehampton im Westen Großlondons, handelte (eine psychiatrische Fachklinik, die vor allem in der drogen- und burn-out-anfälligen Künstler-, Musik- und Model-Szene einen hervorragenden Ruf genoss) oder doch um eine andere entsprechende Einrichtung.
    Amy hatte sich nur höchst widerwillig von »ihren beiden Nicks« aus der Innenstadt herauschauffieren lassen, und es gibt gleich zwei Versionen darüber, wie es zu ihrem ersten und vorerst letzten Patientengespräch gekommen war – und wie es verlaufen war.
    Amy erzählte der »Sun« im Jahre 2006, dass sie selbst ihren Vater gefragt hätte, ob sie zum Entzug (»Rehab«)
in eine Klinik müsste, und ihr Vater hätte »No « gesagt. Allerdings hätte er ihr vorgeschlagen, trotzdem eine Therapie zu versuchen. Sie hätte sich daraufhin tatsächlich einen Therapeuten gesucht und auch sofort einen Termin bekommen.
    »Er fragte mich, warum ich hier sei. Ich erklärte ihm, dass ich trinken würde, weil ich verliebt sei, aber die Beziehung vergeigt hätte. Ich wusste aber, dass wenn ich mir nicht selbst helfen konnte, dann konnte das auch kein anderer, und so ging ich wieder.«
    Die zweite Version erinnert an den Songtext zu »Rehab«: Godwyn und Shymansky setzten Amy in der Klinik ab, trugen ihre Koffer ins Patientenzimmer, verabschiedeten sich von ihrem Schützling und fuhren beruhigt zurück nach London. Die darauffolgende Szene am Empfangstresen dürfte sich in etwa so abgespielt haben:
    »Was wir jetzt als Erstes tun, ist, diese Formulare auszufüllen. «
    »Verplempern Sie bitte nicht Ihre Zeit.«
    »Was glauben Sie, warum Sie hier sind?«
    »Keine Ahnung. Ich glaube jedenfalls nicht, dass ich alkoholabhängig bin, aber wissen Sie, ich bin depressiv. Ich glaube, mein Trinken ist nur ein Symptom meiner Depressionen. «
    Amy war nicht bereit für ein Geständnis. So tat sie das, was sie inzwischen hervorragend beherrschte: Sie »machte dicht«. Darüber hinaus hatte sie wohl auch kein großes Bedürfnis danach, sich die Lebenswege von ihr völlig fremden Menschen anzuhören. Sie brauchte etwas anderes, und sie wusste auch, was: Ihren bohrenden Schmerz würde sie sich ähnlich radikal von der
Seele schreiben wie gut zweieinhalb Jahre zuvor, als sie »Frank« zum Leben erweckt hatte. Und sich selbst auch. Sie würde sich selbst therapieren. Doch im Gegensatz zu ihrem ersten Album sollte die Grundintention ihres zweiten Albums in eine komplett andere Richtung gehen.
    »Als ich ›Frank‹ aufnahm, war ich eher defensiv eingestellt«, erklärte sie bei der Veröffentlichung von »Back to Black« im Oktober 2006 in New York vor der Weltpresse, »eine ziemlich unsichere Person, die die Männer in den Songs ungefähr so behandelte: ›Fuck you. Wer denkst du eigentlich, wer du bist?!‹ Aber das neue Album ist viel mehr. Jetzt sage ich: ›Ich will um dich kämpfen‹ oder ›Ich würde alles für dich tun‹ oder ›Es ist so eine Schande, dass wir es nicht gebacken kriegen.‹ Ich denke daher, dieses Album, auf das ich sehr stolz bin, wird alles bisher Dagewesene überstrahlen: meine blöden Aktionen und den Stuss, den ich manchmal von mir gebe.«
     
    Im Sommer 2005 ließ Amy sich jedenfalls von dem freundlichen Klinikmitarbeiter ein Taxi rufen und sich nach Hause in ihre inzwischen aufgeräumte und gesäuberte Wohnung fahren. Dort wollte sie nun arbeiten und ihre neuen Songs aufschreiben »wie der Teufel« – genau so, wie sie es ihrem Management Monate zuvor versprochen hatte. Sie war jung, sie war stark, und sie fühlte sich trotz der Krise irgendwie wohl – denn das Schwarze Loch verlieh ihr Zauberkräfte.
    Mit ihrer plötzlich einsetzenden Arbeitswut verfolgte sie noch ein weiteres, entscheidendes Ziel: Sie würde sich beim Schreiben und Komponieren stets an ihre große, einzige Liebe erinnern müssen und so mit Blake – zumindest
imaginär – fest verbunden sein. Darüber hinaus hatte sie zu diesem Zeitpunkt wohl auch schon eine fantastische Idee entwickelt, wie sie ihn wieder für sich zurückgewinnen könnte. Es würde zwar nicht leicht werden, aber Amy war sich sicher, dass es klappen könnte, so oder so.

Kapitel VI
▶ To Know Him

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