back to past - zurueck zu dir
gesehen?“
Simon zuckte mit den Schultern. „Elli hatte ihn vergangene Woche zum Kaffee eingeladen. Ich hab dir doch erzählt, dass wir uns ein Haustier überlegen. Sie wollte Input über die Katzenhaltung. Und ich erkläre dir hiermit, dass eine Katze definitiv nicht infrage kommt.“
Gabriels Aufmerksamkeit war in der Mitte des Weges hängen geblieben. „Du unterhältst dich mit Arnold und Elli über Christian und mich?“
„Also bitte.“ Simon schnalzte mit der Zunge. „Als ob Chris und du nicht auch über uns redet.“
„Das tun wir nicht“, schoss es aus Gabriel heraus.
„Sicher, weil ihr gar nicht mehr miteinander redet“, entgegnete Simon nun auch ein wenig lauter. „Und da soll man sich nicht fragen, woran das liegt? Ich meine – ein Blinder sieht, dass zwischen euch etwas stattfindet.“
„Nichts findet statt“, zischte Gabriel, als er den strafenden Blick einer wartenden Patientin auffing. „Wir sind Freunde.“
„Natürlich.“ Simon betrachtete ihn mild. „Und warum regst du dich dann auf?“
Gabriel atmete tief durch. „Ich rege mich nicht auf. Und ich habe zu arbeiten.“
Simon lehnte sich über den Tisch und packte Gabriels Kasack. „Denk wenigstens darüber nach“, sagte er rasch. „Ich kenne Chris kaum, aber ich kenne dich. Und du hast dich verändert, seitdem du ihm aus dem Weg gehst.“
Gabriel riss sich los, warf dem anderen einen ärgerlichen Blick zu.
Stärker noch als das Gefühl, verraten worden zu sein, belastete ihn der unleugbare Eindruck, dass Simon auf seine eigene, verschrobene Art recht haben könnte. Seit Tagen war er gereizt, fuhr bei den unwichtigsten Angelegenheiten aus der Haut, verhielt sich unfreundlich und schreckte sogar Patienten ab, die darauf angewiesen waren, ihm ihr Vertrauen zu schenken. Wenn er darüber nachdächte, gelangte er sicher zu einer Schlussfolgerung, doch Gedanken mied er so gut es ging. Stürzte sich stattdessen in Ablenkungen, in unsinnige Aktivitäten, die ihn Stadt und Umgebung erkunden ließen, doch die er bereits vor deren Beendigung wieder vergaß, die ihn nur erschöpfter und ratloser zurückließen.
Zuerst hatte er die Erkältung vorgeschoben, eine laue Ausrede, doch gelang es ihm, sich wenigstens selbst zu versichern, dass er Christian vor Ansteckung bewahren wollte. Eine Ausrede, die lange, bevor Simon sie bemerkt hatte, an Überzeugungskraft verloren hatte. Doch da war er bereits an einem Punkt angekommen, an dem ihm der Gang zum Zentrum, oder sogar der Griff zum Telefon, schwieriger erschien, als den Versuch noch einen weiteren Tag aufzuschieben. Und einen Weiteren und dann noch einen Weiteren.
Schlimmer fühlte sich an, dass er genau wusste, warum Christian sich nicht meldete. Mehr noch, warum der sich von Anfang an nicht bei ihm gemeldet hatte. Ein Teil von ihm registrierte dessen Bemühen, ihn nicht zu bedrängen. Ein anderer Teil schnappte ein, spürte Kränkung in dem Wissen, dass vom ersten Tag an nur er es gewesen war, der den Kontakt aufrecht erhalten hatte. Doch auch wenn er sich einzureden suchte, dass Christian es verdient habe, die kalte Schulter gezeigt zu bekommen, mehr noch, dass es den nicht wirklich interessierte, so sprachen Herz und Verstand in seltenem Einklang von einer vollkommen anderen Wahrheit.
Bevor er den nächsten Patienten abholte, verschwand Gabriel im Bad. Er starrte in den Spiegel, strich sein Haar zurück und zerrte unbewusst daran, bis seine Kopfhaut schmerzte. Schließlich ließ er los, stützte sich auf das Waschbecken, atmete mit einem Fluch aus.
Davonlaufen war nicht mehr möglich, die Wahrheit, nun in jede seiner Körperzellen eingesickert, schrie ihm ins Ohr. Und egal, was nun geschah, dass er Christian weiter aus dem Weg ging, hatte der nicht verdient.
Ehe er noch länger darüber nachdenken konnte, wählte er Christians Nummer. Nur zweimal läutete es, dann hörte er Christians Stimme, registrierte das nervöse Schlucken als Anzeichen dafür, dass der seine Nummer erkannt hatte.
Er räusperte sich, dennoch klang seine Stimme heiser. „Ich bin’s“, rutschte es ihm heraus und rasch sprach er weiter: „Ich wollte nicht, dass du denkst, ich ginge dir aus dem Weg. Es war nur so – ich hatte viel zu tun – die Arbeit und all das.“
„Das würde ich nicht denken“, antwortete ihm Christians Stimme einen Augenblick später. „Du hast keine Verpflichtung mich anzurufen. Schon gar nicht, wenn du viel zu tun hast.“
Gabriel nickte, obwohl es seinem Gesprächspartner
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