back to past - zurueck zu dir
wohin ihn seine Einbildung führen konnte.
Er war sich so sicher gewesen, dass Matt perfekt war, für ihn perfekt, dass er jedes Anzeichen geleugnet hatte, was auf einen Irrtum seinerseits hinwies.
Und nun, alarmiert, vorsichtig, wie er geworden war, klingelten bei einem harmlos dahingesagten Satz Christians all seine Alarmglocken. Vermutlich hatte der sich nicht das Geringste dabei gedacht. Immerhin war Christian es gewesen, der als Erster vorgeschlagen hatte, dass sie ihre Freundschaft unverbindlich hielten. Ohne Komplikationen, Freunde mit Vorzügen. Die sich gelegentlich sahen, ohne Verpflichtung, und nur, wenn ihnen der Sinn danach stand.
War das nicht gang und gäbe? Lag das nicht in der Natur? War nicht er die Ausnahme der Regel, mit seinem irrationalen Wunsch nach Bindung, der doch nur der Angst vor ungewollter Einsamkeit entsprang? Lange genug hatte er sich das eingeredet, um es nun selbst zu glauben.
Es war mehr als notwendig, dass er das Alleinsein erprobte, dass er sich selbst bewies, auch ohne Partner zurechtzukommen. Er konnte und wollte es sich nicht erlauben, nun aufzugeben und sich auf die Vision einzulassen, die er in Christian spürte. Von der er sich eingestand, dass er sie bereits seit geraumer Zeit empfand. Dass er sie in jedem Blick sah, den Christian ihm zuwarf, wenn er glaubte, dass Gabriel ihn nicht bemerkte. Seine Augen sprachen zu ihm, sprachen von mehr als Freundschaft, mehr noch als Anziehung. Sie erinnerten ihn an die Zeit vor all den Jahren, in der Christians Blicke leer gewesen waren, keine Hoffnung enthielten. Als in ihnen nichts als Bitterkeit und manchmal Trotz aufflammte, bevor er seine Maske wiederfand. Schon damals hatte Gabriel unbewusst vermutet, dass Christian sie zu seinem Schutz aufsetzte, dass die künstliche Fassade verbergen sollte, was er in sich verschloss.
Auch aus diesem Grund hatte es Gabriel nicht wirklich gewundert, als Christian den Kontakt mit ihm abbrach, die Nerven zeigte, die er zuvor verborgen hatte.
Auch wenn ihm all das nicht bewusst gewesen war, nicht zu dieser Zeit, in der Aufregung und Bewunderung sich die Waage gehalten hatten. Doch die Ahnung war in ihm bereits vorhanden gewesen. Nicht nur die Ahnung einer tiefsitzenden, verborgenen Verzweiflung, die Christian mit jedem Atemzug ausstrahlte und die Gabriel so fremd war, wie sie anziehend auf ihn wirkte, sondern auch die Ahnung von einem Geheimnis, das er selbst in sich trug. Davon, dass all das Gerede, in dem Gabriel seine Gedanken über Mädchen thematisierte, im Grunde ganz andere Wünsche verbarg. Dass er sich vorstellte, wie Christian seinen Arm um ihn schlang und er sein Gesicht in dem Leder der Jacke vergrub, wie Christian den Kopf in seinen Schoß legte und Gabriel erlaubte, die Finger durch sein Haar streifen zu lassen. Gedanken, die Gabriel hastig zurückdrängte, noch bevor sie sich festsetzen konnten. Und die dennoch blieben.
Die ihn dazu bewogen, als er die nächste Klassenstufe erreicht hatte, seine Pausen in der Nähe höherer Jahrgänge zu verbringen. Mit den Jungs, die wussten, was sie wollten und wenig Hehl aus ihren Neigungen machten. Er beobachtete sie zunächst aus der Ferne und ließ sich schließlich, trotz ihrer gelegentlich rüden Bemerkungen nicht mehr abschütteln. Seine Gefühle, seine unausgesprochenen Wünsche ergaben Sinn, wenn er eine mehr oder weniger verstohlene Berührung bemerkte, wenn ein Junge den anderen umarmte oder ihn auf eine Art küsste, die mehr als Freundschaft verhieß.
Recht bald erkannte er, warum er dachte, was er dachte, fühlte, was er fühlte. Und erkannte, auch außerhalb der geouteten Gruppe, die, denen es ähnlich ging. Die großspurig und hochtrabend auftraten, bevor sie mit ihm in den Waschräumen verschwanden und stöhnend in seinem Mund kamen.
Der Erste, der offen auf ihn zuging, dem schenkte er sein Herz. Voll und ganz und ohne Rückhalt. Bis der ihn fallen ließ mit der Bemerkung, dass keiner von ihnen reif für eine Bindung sei.
Gabriel glaubte ihm nicht. Glaubte während jeder seiner Beziehungen an die große Liebe und wurde jedes Mal wieder enttäuscht. Erst als er Matt verließ, keimte der Verdacht in ihm, dass er mit Absicht Typen suchte, die unberechenbar waren und haltlos. Die keine Grenzen erkannten, geschweige denn einhielten. Und in denen eine Trauer schlummerte, die in alles umschlagen konnte, ob er sich dies nun vorzustellen bereit war oder nicht.
In Matt hatte er erfahren, wozu Verzweiflung führte, in Christian sah
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