back to past - zurueck zu dir
er, dass sie ebenso gut dazu imstande war, ihren Weg auch in die entgegengesetzte Richtung zu nehmen.
Gabriel schob die Hände in die Hosentaschen und ging schneller.
Natürlich war Christian ein vollkommen anderer Mensch, nicht nur jetzt, nachdem er sich verändert und sein Leben in den Griff bekommen hatte. Gabriel befürchtete nicht wirklich, dass Christian jemals in der Lage wäre, ihn zu bedrängen, zu verletzen oder auszunutzen. Das hatte der nie getan und das würde er nie tun.
Stattdessen hatte Gabriel ihn verletzt. Ohne es zu wollen, ohne es wirklich zu begreifen.
Er blieb stehen und betrachtete eine Handvoll Mücken, die um eine Straßenlaterne kreisten.
Von Anfang an hatte er nicht weiter gedacht als an den phänomenalen Glücksfall, dass er seinen unausgegorenen Jugendtraum ausleben konnte. Dass es ein Wunder war, Christian wiederzusehen und mehr noch – herauszufinden, dass der seine Neigung teilte. Dass er noch attraktiver wirkte, als Gabriel ihn in Erinnerung behalten hatte. Und als er festgestellt hatte, dass Christian ihn ebenfalls für anziehend hielt, waren die Würfel längst gefallen.
Exakt, was Gabriel gebraucht hatte, um seine Unsicherheit, den Neuanfang, den überstürzten Aufbruch, das hinter ihm liegende Desaster zu überwinden.
Und alles war klar gewesen zwischen ihnen, war es immer noch. Sie verstanden sich, waren frei. Keine Vorschriften, keine Einwände, niemand, der sich einmischte. Es war nur allzu selbstverständlich, dass Gabriel sich bei Christian wohlfühlte, dessen Gesellschaft suchte. Nicht viel anders als in ihrer Jugend und doch so viel einfacher und besser.
Bis Gabriel den Gedanken, den Wunsch nicht mehr aus dem Kopf bekommen hatte, Christian seinen Nachbarn vorzustellen. Besser gesagt, bis die ihn anflehten, sie miteinander bekannt zu machen, da er offensichtlich kaum noch ein anderes Gesprächsthema als Christian und das Jugendzentrum kannte. Verständlich und fatal gleichermaßen. Denn nachdem an diesem Abend die Tür hinter den Gästen ins Schloss gefallen war, lieferte Christian ihm den Beweis dafür, dass er mehr erwartete und vielleicht bereits länger erwartet hatte. Doch darüber wollte Gabriel nicht nachdenken. Es fiel ihm leichter, sich auf den Alkohol herauszureden oder die Spannung anzuführen, die sich den Abend über aufgebaut hatte. Und die ihm ebenfalls in jede Pore eingedrungen war, bis ihm nichts ferner lag, als der Versuchung zu widerstehen. Warum auch, es gab keinen Grund, sich zurückzuhalten.
Fatal jedoch, dass er am folgenden Tag nicht bemerkt hatte, was in Christian vorgegangen war. Aber wie hätte er das auch können? Christian war gut darin, seine Gefühle zu verbergen, über die Jahre hinweg noch besser geworden.
Auch jetzt erlaubte Gabriel sich Zweifel an seiner Intuition, fühlte sich versucht einzuknicken, zu vergessen, was er an unausgesprochenen Worten gehört hatte. Sie konnten, würden so weitermachen wie bisher. Dass es möglich war, dessen war Gabriel sich sicher. Dass Christian, was auch immer er sich vorstellte, sorgsam in seinem Inneren verschlösse und ihre Freundschaft weiter dahinplätschern ließe, darauf ginge Gabriel jede Wette ein.
Die Frage blieb, ob ihm dasselbe gelang. Nachdem er letztendlich nicht mehr leugnen konnte, erkannt zu haben, welche geheimen Wünsche Christians Blicke enthielten. Obwohl der sie abwandte, sobald er merkte, dass Gabriel sie auffing.
Und nachdem er in Christian genau die Sehnsucht nach Zweisamkeit gespürt hatte, die er selbst sich abzugewöhnen suchte.
Langsamen Schrittes ging er weiter. Es gab keine Lösung, nicht für ihn. Und vielleicht hatte nie eine existiert.
*
„Du warst schon länger nicht mehr im Zentrum“, stellte Simon fest, als er Gabriel die Patientenakte über den Tisch reichte.
„Es kam immer was dazwischen“, murmelte Gabriel, ohne von der Blutdruckkurve aufzusehen.
„Hm.“ Simon klang skeptisch. „Du hast angerufen und dich mit einer Erkältung entschuldigt?“
„Ich war erkältet“, erwiderte Gabriel. „Hast du die Mentholbonbons nicht gesehen oder die Taschentücher?“
„Das meine ich.“ Simon nickte. „In der Praxis hast du nicht gefehlt.“
„Die Decke fiel mir auf den Kopf“, wehrte sich Gabriel. „Und was für ein Verhör soll das überhaupt sein?“
„Keines.“ Simon verdrehte den Blick. „Arnold und ich hatten uns nur gefragt, ob zwischen dir und Christian etwas vorgefallen ist.“
Nun sah Gabriel doch auf. „Arnold? Wann hast du den
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