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Backstage

Backstage

Titel: Backstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schwarzwälder
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Lilli gehorchte. Ohne Zwischenfälle gelangten sie zum Fahrstuhl und in Lillis Suite.
    Paula zog Lilli das verdreckte Kleid aus und streifte ihr den Morgenmantel über.
    Dann kam der Arzt. Paula informierte ihn über den Unfall, Lillis Trinkerei, den Schock über Brauns Ehebruch, wie Lilli ihn verstand. Sie bestellte telefonisch Kaffee und eine Hühnerbrühe und verzog sich während der Arztvisite ins Badezimmer.
    Der Test fiel sofort ins Auge. Ein Schwangerschaftstest. Die Farbe des Stäbchens bestätigte eine Schwangerschaft.
    Das Areal lag an der Spree, Nähe Warschauer Straße, zog sich hin bis zum Osthafen, nach Treptow, zu DDR-Zeiten einer der größten Industriestandorte, nach der Wende abgewickelt.
    In dem erschlossenen Viertel war das, was man Mischnutzung nannte, vorgesehen: Büros, Gewerbe, Wohnungen, ein Sporthafen, kleinere Stadthäuser, ein gewaltiges Vorhaben, in dem Teichert ein kleines Areal bebaut hatte und zum Verkauf anbot. Vom Penthouse hatte man einen prächtigen Blick auf die Spree, hinüber nach Kreuzberg.
    «Sie können die Gestaltung der Räume im Einzelnen noch mitbestimmen.»
    Braun ließ sich führen, blieb unbeteiligt, stellte keine Fragen. Teichert hatte ihm kondoliert, und Braun schien mehr an einem Gespräch über Panitz interessiert als an der Wohnung. Die Stunden im Tiergarten hatten dem Sänger zugesetzt, er wirkte angestrengt, nahezu demoralisiert, so viele Zuschauer waren Zeugen seines tänzerischen Unvermögens geworden.
    War es nötig, ein Video mit Braun derart zu konzipieren? Die jüngeren Sänger, Stars allesamt nach einer Single-Veröffentlichung, kombinierten Tanzschritte und Gesang, als wäre es etwas Neues und nicht schon von den alten Soulgesangsgruppen vor Jahrzehnten meisterlich vorgeführt.
    War den Machern nichts Passenderes für Braun eingefallen als diese Anbiederung an die Generation nach ihm? Sollte er diszipliniert, sollten ihm seine Grenzen aufgezeigt werden, wäre das eine teure Maßnahme, und irgendein Mensch von der Presse war sicherlich unliebsamer Zeuge geworden. Schuf sich die Plattenfirma einen Kündigungsgrund mehr, falls Braun noch tiefer in die Mordgeschichte verwickelt wurde? Oder hatte Braun den Mund zu voll genommen, sich überschätzt auf dem Gebiet tänzerischer Fähigkeiten?
    Melissa schielte auf ihre Armbanduhr, kurz nach vier war es und der Termin im Büro unaufschiebbar. Um sieben wollte sich das Filmteam wieder in der Altonaer Straße einfinden. Melissa hatte mit Braun besprochen, ihn zu einer Siesta in seine Wohnung zu fahren und um halb sieben wieder abzuholen; dann bliebe ihr genügend Zeit, um in ihr Büro zu hasten.
    Teichert bemerkte Melissas Unruhe, den Blick auf die Uhr. «Würden Sie mich mitnehmen?», fragte Teichert. «Ich habe mein Taxi zurückgeschickt.»
    Braun lud ihn ein, ihm auf dem Rücksitz Gesellschaft zu leisten, und bat Melissa, Musik aufzulegen. Sie verstand nicht ein Wort des lebhaften Gesprächs, das sich zwischen den Männern entspann.
    Am Gendarmenmarkt angekommen, fuhr Melissa die Limousine in die Tiefgarage und parkte dort. Braun entließ sie, bat Teichert, ihn auf einen Kaffee nach oben zu begleiten. Der Butler stand schon in der geöffneten Fahrstuhltür.
    Unruhig machte sich Melissa auf den Weg zum Büro, verfiel in leichten Trab, rannte. Es war siebzehn Uhr fünfzehn.

SECHS
    Die Tropfen gingen zur Neige.
    Blödes Vieh. Er hatte nicht vorgehabt, den Hund aufzuschlitzen, aber dieses aufgeregte Gejaule wollte nicht aufhören. Dann war die Falsche gekommen. Er hatte sich so schnell und unauffällig wie möglich zurückgezogen und das Auto erst im Morgengrauen weggefahren, sicherheitshalber, falls man die Autonummer notiert hatte.
    Sie war also da, wie angekündigt. Er oder sie.
    Und dann?
    Er musste wieder einkaufen, ein paar Lebensmittel, Getränke. Nicht hier, nicht in der Nachbarschaft. Keine Muster bilden, die als Hinweis auf sein Versteck dienen konnten.
    Die Tabletten gingen zur Neige. Und dieser Kerl war seit zwölf Tagen nicht mehr erreichbar.
    Die Telefoniererei nach den Nummern aus der herausgerissenen Seite aus dem Telefonbuch hatte nichts gebracht.
    Er sah nichts von der Stadt. Hockte in dieser Wohnung, sachlich möbliert: Schlafzimmer, Bad, Wohnzimmer mit Kochnische und dem Vorrat an Fertig- und Tiefkühlgerichten. Seine wenigen Sachen, so viel, wie in einen Koffer passten, lockerten die sterile Ordnung auf, brachten Leben in das militärisch aufgeräumte Apartment.
    Gegenüber eine Baulücke,

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