Backstage
fuhr sanft an.
«Was darf es denn sein? Essen gehen? Clubbesuch?»
Braun winkte ab.
«Wir könnten an dem Song weiterarbeiten, vorher etwas essen, uns Sandwiches kommen lassen.»
Melissa meinte, ihr Magengrummeln per Lautsprecher zu hören.
«Nur, wenn es etwas Warmes gibt, ich will heute nichts Belegtes mehr sehen. Und später ein Taxi für mich, falls es Drinks gibt.» Sie würde erst mal essen, hoffentlich gut essen. Und ihn dann, sozusagen zum Nachtisch, mit dem Unfall von damals konfrontieren. Erst essen. Melissa sah nur noch warmes, duftendes, würziges Essen vor sich.
«Ducken», sagte Melissa, kurz bevor sie den Gendarmenmarkt erreichten.
Fans, immer wieder, in kleinen und größeren Ansammlungen, aber vor dem Hotel. Noch war Brauns Schlupfwinkel geheim.
Der Butler war ein anderer. Nach einer halben Stunde, in der Braun sich duschte und umzog und Melissa rauchte, wurde das Essen aus der Hotelküche herübergebracht, es roch köstlich. Melissa aß hastig. Zum Teufel mit Tischmanieren, kleinen mundgerechten Bissen, begleitet von Konversation. Den Teller im Blick, die Gabel in steter Bereitschaft, den Mund wieder zu füllen, bevor er ganz leer war, im Augenwinkel die Warmhalte-platten mit dem Nachschub. Ah, welch ein herrliches Gefühl, in dieser Gewissheit einen Teller zu leeren.
Braun beobachtete sie amüsiert.
«Möchtest du einen Nachtisch?»
Melissa sah ihn an, sein Lächeln, grinste, fiel in sein Lachen ein. «Ich war halb verhungert.»
«Das war nicht zu übersehen. Entschuldige mich kurz.» Er entließ den Butler für den Abend und verschwand im Bad. Melissa zog sich auf die Terrasse zurück, rauchte, trotz der Kühle des Abends, in Ruhe, beobachtete die Besucher, die das Schauspielhaus verließen, einige gingen über den beleuchteten Platz zu dem Hotel mit der geöffneten Bar.
Ein Cognac zum Abschluss für sie? Melissa ging an die Bar, schenkte sich einen Doppelten ein.
Wo blieb Braun?
Dann hörte sie es.
Leises Stöhnen.
Sie ging zur Badtür.
«Tom?»
Das Stöhnen ging weiter.
«Tom? Alles in Ordnung? Ich komme rein.»
Die Tür war nicht abgeschlossen. Braun stand da, mit steifem Schwanz, und masturbierte, die Augen auf Melissa gerichtet.
Das Haus lag im Dunkeln.
Paula hatte ihr Auto auf dem großen Parkplatz vor dem Friedenauer Rathaus abgestellt. Noch einmal den Kontrollanruf ins Büro. Sie spekulierte damit, dass es dort keine Sicherheitsanlagen gab, zumindest solange renoviert wurde, bei ihrem Besuch hatte nichts auf Alarmanlagen hingedeutet. Der Safe in Teicherts Büro, in die Wand eingelassen, wies darauf hin, dass dort wichtige Unterlagen geschützt wurden.
Sie ließ alles außer den Dietrichen und der Spottaschenlampe im Auto, legte den Silberschmuck ab und verstaute ihn in der Umhängetasche im Kofferraum.
Ein Abend in der Woche, ein kühler Abend. Eine Gegend, in der sich keine Kneipen oder Restaurants befanden, für die man aus anderen Kiezen hierher fuhr. Vereinzelt ein Fußgänger in der Seitenstraße, in die sie einbog.
Paula lief ruhig, schaltete aufkommende Zweifel aus - im Auto den Entschluss endgültig gefasst, kam es jetzt darauf an, sich auf den Moment zu konzentrieren, auf das Gehen und auf die unmittelbare Umgebung.
Sie überquerte den Sintenisplatz, ein kleiner Hund bellte das steinerne Reh an, dem eine Frau Grasbüschel vor den zur Erde geneigten Kopf legte.
Paula wechselte die Straßenseite, verlangsamte die Schritte, lief am Haus mit dem Büro vorbei.
Das Haus lag im Dunkeln.
Das Nachbarhaus rechter Hand ebenso. Linker Hand schien Licht durch die Lamellen der heruntergelassenen Jalousie. Noch ein paar Schritte, dann überquerte sie die Sackgasse und ging auf der anderen Seite zurück.
Das Gartentor war abgeschlossen, der Zaun niedrig genug, um ihn mühelos zu überwinden. Leise schlich Paula rechts am Haus vorbei, zur Rückseite. Kein Licht. Aber eine Tür zum Garten mit normalem Sicherheitsschloss, das kein Problem für sie darstellte. Paula zog feine Lederhandschuhe aus der Hosentasche, arbeitete rasch und blieb aufmerksam für Geräusche, sah sich noch einmal um, als die Tür aufging.
Für Momente verharrte sie. Dann betrat sie das Haus, zog die Tür hinter sich zu. Nicht länger als fünf Minuten, versprach sie sich, sah auf die Uhr und leuchtete sich durch den Flur. Hier wurde noch renoviert, Abdeckfolie auf dem Teppichboden, darauf Brocken der alten Deckenfarbe, die heruntergekommen waren; Schuhabdrücke wären unvermeidlich. Sie zog sie
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