Backstage
aus, steckte die Slipper rechts und links in den Hosenbund. Weiter. Dort war die Tür zu Teicherts Büro. Dann das Zimmer der Sekretärin, Paula warf nur einen flüchtigen Blick in den frisch gestrichenen Raum.
Panitz' Büro befand sich daneben, es war vermutlich sein Refugium gewesen, denn es stand nur ein Ungetüm von altmodischem Schreibtisch darin.
Schubladen und Schubfächer waren nicht abgeschlossen, waren ausgeräumt, leer. Paula kniete sich davor, betastete Seiten und Unterseiten der Fächer. Nichts.
Sie stand auf, überlegte einen Moment, untersuchte die Breite der mittleren Schublade und die innere Wand der Seitenfächer. Dann zog Paula die mittlere Schublade heraus. Rechts und links der Scharniere war freier Stauraum, wie im Gläserschrank der Tante, dort die Schublade in der Mitte und im Versteck kleine Flachmänner; als Kind hatte sie die Tante heimlich beobachtet. Hier, in Panitz' Schreibtisch, waren Tabletten versteckt. Tabletten, Zäpfchen, Tropfen. Verschreibungspflichtige Medikamente, wie Paula auf den ersten Blick feststellte. Sie steckte wahllos zwei Packungen und eine Flasche ein, beließ das Übrige, wo es war, und schob die Lade zurück. Ein Blick auf die Uhr. Raus hier.
Rasch zur Hintertür, die Taschenlampe ausschalten, die Socken abgewischt, die Schuhe an, die Tür von außen verschließen.
Sie huschte zum Vorgarten, niemand war auf der Straße zu sehen. Sie überquerte den Zaun, geschützt durch immergrünes Gebüsch, und schon war sie auf dem Rückweg zum Auto.
Panitz war ein Medikamenten-Junkie. Oder ein Tabletten-Dealer. Oder beides.
«Klappt diese Tour bei anderen Frauen?»
Melissa warf die Badtür zu und suchte den Garderobenschrank, in den der Butler ihre Jacke gehängt hatte. Einbauschränke im Flur, im ersten Schuhe, nein, ein Herrenschuhladen.
«Warte, Melissa.»
Abgekühlt, wie die flache Ausbuchtung der Hose zeigte, wohin Melissa unwillkürlich sah, stand Braun vor ihr.
«Ich kann doch nirgends hingehen, werde überall erkannt. Das war doch nicht geplant, mich haben die Mädels vorhin aufgeheizt.»
Melissa wusste nicht, was sie mehr aufregte, seine widerliche Eitelkeit oder das Kreiseln um sich selbst, worin sie als Person nicht existierte, nur als Objekt.
«Eine ausländische Nutte ist doch für dich genau das Richtige, möglichst illegal im Land, die kennt dich nicht, kann nichts ausposaunen.»
Braun zupfte sich am Kinn, sah auf den Boden.
«Du bist ein Baby, Tom.»
«Diplomatie ist nicht deine starke Seite.»
«Geilt dich Dominanz auf? Hatte Panitz die Position desjenigen, der Klartext mit dir redet?»
Braun ging nur auf das ein, was Melissa über Panitz sagte, das er auf seine Art interpretierte: «Panitz war doch nicht schwul, hast du eine Ahnung. Wir waren Freunde.»
«Wofür hast du den Freund all die Jahre bezahlt? Erzähl mir nicht, dass es der Ausgleich für die Songrechte und das entgangene Gemageld war, so viel hast du in den frühen Jahren nicht kassiert. Wichsen vor Fremden. Du lässt kein Klischee aus, was? Sex, Drugs and Crime? Der Rock 'n' Roll ist in deinem Leben längst auf der Strecke geblieben.»
Während sie die letzten Worte sprach, wusste sie schon, dass es falsch war, fürchterlich daneben; sie hätte ihm im Badezimmer besser zwischen die Beine getreten anstatt ihre Wut jetzt so herauszulassen.
Aber - er stand noch immer vor ihr. Die Finger waren in Bewegung, unhörbarer Trommelwirbel auf dem Oberschenkel. «Wollen wir was trinken?», fragte Braun lächelnd, als habe er sie gerade erst kennen gelernt.
Melissa, die ihre Jacke endlich fand, drehte sich zu ihm. Der Kerl war verrückt.
Seine Mundwinkel zuckten. Melissa brach in Gelächter aus, in das er einstimmte.
Im Auto zog Paula die Strümpfe aus und packte sie in eine Tüte, die Schuhe würde sie später vorsichtshalber auch entsorgen. Sie holte die Umhängetasche aus dem Kofferraum, zog den Schmuck an. Sie fühlte sich großartig, hatte keinerlei Schuldgefühle. Aber sie würde vorläufig die Herkunft der Medikamente verschweigen.
Sie war nicht mehr weit entfernt von ihrem Büro, als eines der Handys, wieder umgestellt, klingelte.
«Ist da Paula Oshinski? Ja? Ich bin's, die Frau vom Hotel. Sie haben mich doch gebeten, auf Frau Braun aufzupassen. Kommen Sie schnell. Sie steht auf dem Hotelbalkon und will runterspringen.»
«Ich bin schon unterwegs. Es wird aber noch etwa zehn Minuten dauern. Reden Sie mit ihr, ganz ruhig, ich bleibe am Telefon, höre mit.»
Paula trat das
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