Backstage
klickte sich in die Archive der Berliner Tageszeitungen ein, wählte dpa und andere Pressefotodienste und suchte nach Fotos, die im Haus der Kulturen gemacht worden waren.
Vielleicht belegte eines der Fotos, wo die Beteiligten wann waren, Lilli, Reimann, Braun, vielleicht würde sie fündig und eines der Fotos erzählte etwas bisher Unbekanntes.
Paula war einmal durch den Raum gehuscht, hinüber in Melissas Büro, hatte ihr nur kurz zugenickt. Bleich das Gesicht, wirkte sie kleiner und noch zierlicher als sonst. Minuten später verschwand Paula wieder in ihrem Büro; Szenen eines Stummfilms.
Tamara wusste um die Zusammenhänge, konnte deshalb die Personen, um die es ging, identifizieren. Fotos von der Ankunft Brauns am Haus der Kulturen, der sich Zeit nahm für die wartenden Fans, neben sich Melissa, die einen großen Schirm über ihn hielt, es regnete stark. Das musste Reimann sein, der in der Eingangstür wartete. Braun, begrüßt von einem Offiziellen, wie Tamara annahm. Fotografen, die Braun umringten. Kameras, die auf ihn gerichtet waren.
Lilli Braun, blond und dramatisch gekleidet, in Schwarz, neben sich einen Mann, der Koffer trug, Panitz.
Tamara musterte ihn. Augen verborgen hinter der Sonnenbrille, trotz des grauen Wetters. Er trug Lederkleidung, wie Braun. Der Zwilling.
Der Saal, in dem die Pressekonferenz stattfand.
Dann Ausschnitte der Garderobe, die Apparate hineingehalten, sobald die Tür aufging. Ein Fuß war zu sehen, Panitz' Fuß. Melissa, die Braun stützte, Reimann auf der anderen Seite, der Sänger mit einer Decke über dem Kopf.
Die Leiche, die abtransportiert wurde. Und, im Hintergrund - Moment.
«Paula», rief Tamara, klopfte an die Tür, betrat das Büro. Paula lag auf der Ottomane, den unverletzten Arm über den Augen.
«Paula?»
Sie schrak zusammen, setzte sich abrupt hoch.
«Tut mir Leid, dass ich dich erschreckt habe. Du musst dir etwas ansehen.»
Paula angelte nach den Schuhen, trabte hinter Tamara her zum Computertisch.
«Erkennst du hier jemanden?»
Paula sah zuerst die Wanne, in der Panitz' Leiche abtransportiert wurde, fuhr zurück.
«Was soll das?»
Tamara verwünschte ihre Unachtsamkeit, Paula so unversehens wieder mit Tod zu konfrontieren, entschuldigte sich nochmals.
Aber Paula ging nicht darauf ein, starrte auf das Foto. Im Hintergrund, an der Wand, eine Frau. Teichert, Frau Teichert.
Tamara und Paula sahen sich an.
«Einen Cent für deine Gedanken», sagte Tamara.
«Sie hat erzählt, dass sie früher gearbeitet hat. Alte Kontakte haben ihr möglicherweise den Zugang zu dieser Pressekonferenz verschafft. Das war kein Zufall. Zuerst der vorgesehene Ort dafür, das Olympiastadion. Dann die Verlegung, spontan, kurzfristig beschlossen.»
«Jemand hat sie informiert.»
«Ein alter Bekannter aus dem Kulturbetrieb? Oder denkst du an Teichert, ihren Mann?»
«Oder Panitz. Beschreib mal, welchen Eindruck sie auf dich gemacht hat», forderte Tamara Paula auf.
«Komm, setz dich auf die Couch, leg deinen Arm ab.»
Paula ging mit Tamara hinüber zur Couch, suchte die Erinnerungsbilder von dem Abend in Grünau.
«Sie hat erstaunlich viel erzählt, wenn man bedenkt, dass sie uns zum ersten Mal gesehen hat.»
«War sie gedopt?»
«Was?»
«Hatte sie getrunken?»
«Sie trank Wein.»
«Und? Du zögerst.»
«Sie spülte den Wein runter, genoss ihn nicht, Schluck für Schluck.»
«Sie hat ihn runtergekippt, so, wie man es macht, wenn man einen trockenen Mund hat.»
«Kann sein», sagte Paula langsam.
«Tabletten können einen trockenen Mund verursachen.»
«Eine mögliche Schlussfolgerung.»
«Eine These, mehr nicht. Aber ich hab sie in der Zeit, in der ich bei den Skatspielern stand, unruhig durch die Zimmer laufen sehen.»
«Das kann mehrere Ursachen haben. Aber eines war auffällig. Anfangs war sie wie aufgekratzt, später, nachdem sie den Kartoffelsalat aus der Küche brachte, wirkte sie entspannter, was ich an dem Abend dem Wein zugeschrieben habe. Nehmen wir an, sie ist ein Tablettenjunkie.»
«Woher hast du die Tabletten, Paula?»
«Hab ich doch gesagt. Aus Panitz' Schreibtisch.»
Paula wandte den Blick ab, machte sich am Verband zu schaffen.
«Wo stand denn der Schreibtisch?», hakte Tamara nach.
«Im Büro von Teichert und Panitz.»
«Du hast die Medikamente vermutlich nicht zur Bürozeit abgeholt?»
«Das Thema fällt auch unter die Kategorie: Frag nicht, dann wirst du nicht belogen.»
«Paula, das ist nicht akzeptabel. Du
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