Backstage
Auseinandersetzung mit einem, der eine Sauferei seiner Zimmerkameraden verraten hat, eine handgreifliche Auseinandersetzung.»
«Wofür du einen Orden verdient hättest. Aber - was ist stattdessen passiert?»
«Ich wurde unehrenhaft entlassen.»
An diesem Punkt wurde klar, wie müde Melissa war. Unehrenhaft entlassen wegen der Abreibung eines Kerls, der seine Kumpels angeschwärzt hatte? Entweder hatte er es so gründlich besorgt, dass der Mann halb tot in der Krankenstation gelandet war. Oder Reimann schob diese Geschichte vor, um eine, für die er wirklich bestraft wurde, zu vertuschen. Sie ließ die Geschichte unwidersprochen. Es war ihr egal, in diesem Moment war es ihr völlig gleichgültig. Wenn der Kerl nur verschwände, statt sie zu seinem Beichtstuhl, seiner neuen besten Freundin, zu machen. «Da stand ich nun, und da lag es doch nahe, dass ich erst mal auf einem Gebiet gearbeitet habe, auf dem ich mich auskannte, ich meine, in einem Milieu, in dem ich mich auskannte.»
«Reimann, was willst du mir sagen? Spuck's aus.»
«Ich hab als Türsteher gearbeitet, im Milieu, du weißt schon, das kannte ich von Kind an ...»
Das Telefon unterbrach seine Beichte, in Melissas Ohren klang das Gebimmel unerträglich laut.
«Ja?»
Die Rezeption.
«Hier sind zwei Herren von der Kriminalpolizei, die Sie sprechen möchten.»
«Schicken Sie sie rauf, immer rauf, willkommen im Club.»
«Habe ich Sie richtig verstanden? Sie möchten, dass ich die Herren ...»
«Ich möchte», sagte Melissa.
«... Was heißt schon Milieu, seit zwanzig Jahren bin ich da raus ...»
«Willst du nochmal mit der Kripo plaudern?»
«Wie bitte?»
«Hier hast du eine Telefonnummer. Ruf an und bestell einen Gruß von mir. Die haben geeignete Leute, um die Klinik abzusichern.»
«Gehört das nicht in dein Ressort?»
Melissa gähnte wieder, wie von einem Krampf gepackt, langte zum Nachttisch und wedelte mit einem Prospekt.
«Ich nehme an, dass dort Braun steckt und du den Prospekt nicht zum Abspecken eingesteckt hast.»
«Der lag oben, bei meinen Sachen», protestierte Reimann wütend.
«Ganz recht. Ich werde mich mit Braun in Verbindung setzen und meine weitere Arbeit mit ihm abklären, auf März und Braun lautet mein Vertrag, und dabei bleibt's. Ich bin gespannt, was Tom zu dem Angebot sagt, das du mir vorhin gemacht hast. Und jetzt entschuldige mich, Mister B.»
Reimann setzte zur Widerrede an, besann sich.
«Das hat ein Nachspiel.»
«Schön. Aber nicht jetzt, jetzt ist die Kripo auf dem Weg.» Melissa ging zur Tür, öffnete sie, gähnte, während Reimann hinausging, schloss die Tür hinter ihm. Wieder ein Feind. Sie ging ins Bad, tauschte Bademantel gegen Hose, steckte den Prospekt in die Tasche.
Kliniken. In diesen Tagen sah sie mehr Krankenhäuser von innen als in den letzten Jahren zusammengenommen.
Es klopfte erneut, keine Zeit, sich präsentabel herzurichten.
Die Beamten von der Soko traten ein.
Melissa hatte zum Mord an Panitz, zu Tatort und Tatzeit und den unmittelbaren Umständen nichts Wesentliches den Aussagen, die sie unmittelbar im Haus der Kulturen gemacht hatte, hinzuzufügen. Sie beantwortete die Fragen der Beamten sachlich, blieb bei den Fakten. Noch immer gehörten Polizisten zu der Berufsgattung, bei der sie automatisch auf Distanz ging und sehr vorsichtig wurde. Und heute brauchte sie alle restliche Energie, um sich zu konzentrieren. Die Beamten insistierten, blieben aber korrekt.
Nachdem sie gegangen waren, kroch Melissa zurück ins Bett, legte den Telefonhörer in die Nachttischschublade und fischte das Handy aus der Jackentasche.
Zum Zeitpunkt von Melissas Anruf war es bereits kühl geworden. Später Nachmittag. Paula war zum Ufer hinuntergegangen, hatte dort eine Weile gesessen und ins Wasser gestarrt, drehte sich dann zu der Frau, die ihre Art des Golfspiels unermüdlich fortsetzte, die weißen Schuhe erdverschmiert, und beobachtete das Treiben der Frau.
«Ich habe Paula ins Grüne gebracht. Sie brauchte mal ein Päuschen», erklärte Tamara. «Ich werde mit ihr was essen und sie dann ins Bett stecken.»
«Ich bleibe in dieser Nacht im Hotel. Zum Teufel mit den Reimanns dieser Erde. Morgen kümmere ich mich um Braun. Die Polizei hat mich übrigens befragt.»
Melissa fasste das Gespräch kurz zusammen.
«Also sehen wir uns morgen im Büro, zur Besprechung.»
«Okay. Und nicht, um auf die Matratzen zu gehen», sagte Tamara.
«Lächerliche Idee aus einem Mafiafilm. Geht mal wieder auf die
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