Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

Titel: BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland / Timothy Stahl / Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
Schafes gefunden hatte. Er alarmierte sofort den Palast. Wir mussten ihn festhalten.«
    »Festhalten?«
    »Die Öffentlichkeit darf nichts davon erfahren«, ergriff wieder Minos selbst das Wort. »Das Reich steht auf tönernen Füßen. Die geringste Unruhe kann das Fass zum Überlaufen bringen. Wenn durchsickert, dass –«
    »Ich verstehe.« Dakaris richtete seine Aufmerksamkeit auf die Männer, die vorsichtig in den Bauch der Erde hinabstiegen. Falls sie Angst hatten, war es ihnen nicht anzumerken. Natürlich hatte Minos nur die Besten und Verschwiegensten seiner Leibwache ausgewählt, um sich mit ihnen vor Ort zu begeben und herauszufinden, was hinter der Entdeckung des Hirten steckte.
    Der Augure schloss nicht aus, dass der arme Mann seinen Fund mit dem Leben bezahlen musste. Wenn Minos wirklich so großen Wert darauf legte, seine Untertanen in trügerischer Unwissenheit zu halten...
    »Heute Nacht«, murmelte Dakaris, »erwachte ich durch einen schwachen Erdstoß. Ob er diesen Riss im Boden verschuldet hat? Ein Spalt, der bis ins Labyrinth des Daidalos hinab reicht...?«
    Die bloße Erwähnung des Baumeisters, der den Irrgang für Minos entworfen und gebaut hatte, brachte den König zum Erbleichen. Seine Lippen flatterten. Ein dünnes Rinnsal aus Speichel lief in sein Barthaar.
    Dakaris hatte Gortyn noch nie so ehrlich entsetzt gesehen. Mit einer versteckten Geste gab er dem Auguren zu verstehen, dass er sofort sein Mundwerk zügeln sollte. Der flüchtige Daidalos, der Minos' Gemahlin Pasiphae erst zur Untreue angestiftet hatte, und der kretische König waren wie Feuer und Wasser. Unversöhnlicher Hass trieb den einen, den anderen zu verfolgen. Jüngsten Meldungen zufolge sollte er sich bei Agrigent, im Palast von König Kokalos, verbergen. Aber Kokalos leugnete dies. Vielleicht würde wegen Daidalos sogar ein neuer Krieg entflammen, in dem Tausende ihr Leben verlieren mussten...
    Dakaris presste die Lippen zusammen. Er wollte zu einer Entschuldigung ansetzen, doch Minos entspannte sich wieder. Seine Haltung gab jedem im Umkreis zu verstehen, dass er dem Auguren seine Äußerung nicht ankreiden würde, wenn dieser sich künftig in der Wahl seiner Worte etwas zurücknahm.
    Dakaris gab sich der Erleichterung nur ein paar tiefe Atemzüge lang hin. Dann konzentrierte er sich wieder auf die Bergung des Ungeheuers, das mit der vereinten Kraft eines halben Dutzends Männer aus dem Loch gehievt wurde, als die Dunkelheit bereits hereingebrochen war.
    Feuer, rings um den Spalt entzündet, erhellten den leblosen, abscheulichen Koloss, dessen Körper förmlich aus dem klaffenden Riss hervorquoll, ehe er noch ein gutes Stück weit über Geröll und Sand geschleift wurde und endlich still und schrecklich liegenblieb.
     
     
    »Was wurde aus dem Schädel des Minotaurus?«, fragte Dakaris, während er zu verdrängen versuchte, dass die Augen
dieses
Schädels offenstanden, weit offen, und ihn anstarrten. Selbst im Tode. »Wurde er verbrannt?«
    »Er wurde vergraben«, sagte Minos. »Und jetzt fang endlich an! Beantworte mir die einzige Frage, die zählt: Ist er es –
kann
er es überhaupt sein – oder nicht?«
    Der Augure wusste, was von ihm erwartet wurde. Er sollte dem König die Erklärung liefern, wie ein vom Torso getrennter Kopf wieder dorthin zurückkehren konnte, und zwar so, dass es aussah, als wäre er nie davon getrennt gewesen.
    »Vergraben«, wiederholte Dakaris. »Seid Ihr sicher?«
    »Genug! Fang an!«
    »Schon gut.« Der Augure senkte das Messer, das er sich in der Stadt an Gortyns Kleidern abgewischt hatte und an dem sich noch Blutspuren jenes anderen Stiers befanden, an dem Dakaris die Eingeweideschau vollzogen hatte.
    Routiniert wollte er die Klingenspitze in die glatte, unbehaarte Brust des Monstrums treiben.
    Wollte.
    Aber die Klinge, die ihn zahllose Male bei der Ausübung seiner Disziplin unterstützt hatte, brach beim ersten geringen Krafteinsatz mit einem hässlich singenden, in der Luft gespenstisch lange nachklingenden Ton entzwei!
    Umgebende Stimmen schwollen zu einem Chor, in den sich auch Dikaris' Stöhnen mengte. Fassungslos starrte er auf den nutzlos gewordenen Schaft, den er noch in der Faust hielt.
    »Ein neues Messer!«, übertönte Minos' Stimme alle anderen. »Hier, nimm meinen königlichen Dolch! Nimm ihn und mach weiter!«
    Dakaris griff fast mechanisch nach dem edelsteinbesetzten Kleinod.
    »Er wurde auf der berühmtesten Waffenschmiede meines Reiches hergestellt!«, fuhr Minos fort.

Weitere Kostenlose Bücher